Die Kobaltpreise haben in den letzten Monaten eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen – ausgelöst durch politische Entscheidungen im Herzen Afrikas. Die Demokratische Republik Kongo (DRK), mit rund 70 % Weltmarktanteil dominierender Kobaltproduzent, hat ihr bereits im Februar 2025 verhängtes Exportverbot für Kobalt erneut verlängert – vorerst bis September. Die Auswirkungen dieser Entscheidung reichen weit über die Landesgrenzen hinaus: Die internationalen Rohstoffmärkte reagieren nervös, die Preise steigen, strategische Lagerkäufe in China verschärfen die Dynamik, und auch die Aktienkurse relevanter Konzerne verändern sich spürbar.
Rohstoff als geopolitisches Faustpfand
Offiziell begründet Kinshasa die Maßnahme mit einem strategischen Ziel: Die Preisstabilisierung durch künstliche Verknappung. Hintergrund ist ein zuletzt massiver Preisverfall infolge überhöhter Lagerbestände und nachlassender Nachfrage aus der E-Mobilitätsbranche. Doch Kritiker sehen in der Verlängerung des Exportstopps auch ein Druckmittel gegenüber internationalen Abnehmern und ein Versuch, die Kontrolle über eine zentralisierte Verwertungskette zurückzugewinnen. Die DRK plant seit Jahren, mehr Kobalt im Land selbst zu veredeln, statt den Rohstoff unverarbeitet zu exportieren. Das Exportverbot betrifft folglich vor allem niedrigverarbeitetes Material wie Kobalterz und -hydroxid.
Explosion der Preise in China
Besonders drastisch fielen die Reaktionen in China aus. Dortige Marktakteure meldeten einen Anstieg der Preise für raffiniertes Kobalt von rund 10 auf bis zu 15 USD pro Pfund – ein Plus von 50 %. Die Preise für bestimmte Kobalterze, etwa Kobalt-Tetroxid (Co₃O₄), kletterten sogar um 100 %. Die Börse in Wuxi, ein Handelsplatz für Edelstahl und batterierelevante Metalle, verzeichnete seit Februar Preiszuwächse von über 55 %. Der Grund liegt nicht nur im Angebotsrückgang: Chinas strategische Reserven sind nach Jahren boomender Batterieproduktion erschöpft, der Druck zur Auffüllung entsprechend groß. Die chinesische Regierung reagierte mit gezielten Lageraufkäufen – was den Preisanstieg zusätzlich befeuerte.
Profiteure und Risiken am Aktienmarkt
Die Turbulenzen lassen sich auch an den Börsen ablesen. Unternehmen wie China Molybdenum (CMOC), einer der größten Kobaltproduzenten weltweit, verzeichneten teils zweistellige Kursgewinne. Auch Glencore, ein wesentlicher westlicher Player im kongolesischen Minengeschäft, meldete kurzfristige Lieferschwierigkeiten – ein Hinweis auf die reale Wirkung des Exportstopps. Analysten rechnen mit weiteren Gewinnsteigerungen, sofern das Verbot anhält. Gleichzeitig steigen jedoch auch die Risiken: Investoren könnten mittelfristig verunsichert reagieren, insbesondere wenn es zu Nachfrageverschiebungen in Richtung alternativer Batterietechnologien kommt.
Langfristige Perspektiven – ein zweischneidiges Schwert
Der jetzige Preisanstieg mag kurzfristig als Erfolg für die kongolesische Regierung erscheinen – langfristig ist die Bilanz unklar. Denn hohe Preise könnten den technologischen Wandel hin zu kobaltfreien Batterien beschleunigen. Erste Großhersteller, darunter Tesla und BYD, setzen verstärkt auf Lithium-Eisenphosphat (LFP), das ohne Kobalt auskommt. Auch regulatorische Unsicherheiten, wie das jüngste Exportverbot, lassen Hersteller nach Alternativen suchen – nicht nur stofflich, sondern auch geopolitisch.
Für die DRK bedeutet das einen potenziellen Rückgang zukünftiger Exporteinnahmen. Der Versuch, durch staatliche Kontrolle über den Rohstofffluss mehr wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, ist nachvollziehbar – doch der Grat zwischen strategischer Rohstoffpolitik und Marktabschottung ist schmal. Sollte der Kobaltboom kippen, könnte aus der temporären Preisstabilisierung ein langfristiger Bedeutungsverlust erwachsen.
Fazit
Das Exportverbot im Kongo wirkt wie ein Brennglas auf die Fragilität globaler Rohstoffketten. Es offenbart, wie sehr geopolitische Entscheidungen regionale Märkte wie jenen in China unter Druck setzen – und wie schnell sich das Gleichgewicht zwischen Angebot, Preis und Technologie verschieben kann. Kobalt bleibt ein Schlüsselelement der Energiewende, doch seine Rolle als „blaues Gold“ ist nicht mehr unangefochten. Der aktuelle Preissprung ist Mahnung und Chance zugleich: zur Diversifikation, zur technologischen Innovation – und zu einer gerechteren Teilhabe der Förderländer an den Wertschöpfungsketten.