Langfristig investiert schlägt kurzfristig spekuliert

Die Börsenweisheit „Time in the market beats timing the market“ lässt sich auf Deutsch etwa so übersetzen: „Die Zeit im Markt ist wichtiger als der richtige Zeitpunkt für den Einstieg.“ Dahinter verbirgt sich eine fundamentale Erkenntnis aus der Kapitalmarktforschung und der praktischen Anlegerpsychologie.

Bedeutung und Hintergrund

Die Aussage stellt zwei verschiedene Anlagestrategien gegenüber:

  1. „Timing the market“ bedeutet, dass Anleger versuchen, den optimalen Kauf- und Verkaufszeitpunkt zu finden – also zu kaufen, wenn der Markt „unten“ ist, und zu verkaufen, wenn er „oben“ ist. Dieses Verhalten setzt voraus, dass man den Marktverlauf präzise vorhersagen kann.
  2. „Time in the market“ hingegen steht für eine langfristige Investmentstrategie. Anleger investieren dauerhaft, unabhängig von kurzfristigen Schwankungen oder Prognosen über Marktbewegungen. Sie setzen auf den langfristigen Aufwärtstrend von Aktienmärkten.

Die Weisheit behauptet nun, dass es langfristig erfolgreicher ist, dauerhaft investiert zu sein, anstatt zu versuchen, den perfekten Zeitpunkt für Ein- und Ausstieg zu erwischen.

Warum ist das so?

1. Markttiming ist extrem schwierig – und meist erfolglos

Zahlreiche wissenschaftliche Studien und historische Analysen zeigen, dass selbst erfahrene Anleger und Fondsmanager es selten schaffen, systematisch und über längere Zeiträume hinweg den Markt zu „timen“. Die Märkte verhalten sich oft irrational, viele Bewegungen geschehen überraschend oder in kurzen, heftigen Schüben. Wer „draußen“ ist, verpasst unter Umständen genau diese Phasen mit den größten Gewinnen.

2. Die besten Tage entscheiden über den Anlageerfolg

Eine oft zitierte Untersuchung zeigt: Wer in einem Zeitraum von z. B. 20 Jahren auch nur die 10 besten Handelstage verpasst, erzielt drastisch geringere Renditen – teils halbiert sich der Gewinn oder wird sogar negativ. Diese besten Tage sind aber nicht vorhersehbar und treten häufig in Phasen auf, in denen viele Anleger gerade aus dem Markt aussteigen (z. B. nach einem Crash).

3. Langfristiger Zinseszinseffekt

Durch dauerhaftes Investieren profitiert man vom Zinseszinseffekt, also der exponentiellen Wirkung, wenn Gewinne immer wieder reinvestiert werden. Wer versucht, zwischenzeitlich aus dem Markt auszusteigen, unterbricht diesen Effekt und mindert so potenzielle Renditen.

Kritische Würdigung

Die Aussage enthält eine wichtige Mahnung zur Disziplin und zur Geduld beim Investieren, insbesondere für Privatanleger. Sie ist aber nicht frei von Vereinfachungen:

  • Sie ignoriert, dass es in Einzelfällen oder in bestimmten Marktphasen sehr wohl sinnvoll sein kann, Risiken aktiv zu steuern oder Teilverkäufe vorzunehmen.
  • Sie unterstellt, dass ein Anleger überhaupt die psychologische Stärke besitzt, auch in schweren Krisenzeiten investiert zu bleiben. Viele tun das nicht – selbst wenn sie es sich vornehmen.
  • Sie setzt voraus, dass der Markt langfristig immer steigt. Das gilt zwar historisch für große Indizes wie den S&P 500 oder den MSCI World, aber nicht zwangsläufig für Einzelaktien oder bestimmte Regionen.

Fazit

„Time in the market beats timing the market“ ist eine kluge, empirisch gestützte Orientierung für langfristige Anleger. Sie fordert zur Gelassenheit und zur strategischen Weitsicht auf. Zugleich erinnert sie daran, dass kurzfristige Spekulationen häufig nicht nur scheitern, sondern sogar Rendite kosten. Dennoch sollte man diese Regel nicht als Dogma verstehen, sondern als Leitlinie im Rahmen einer fundierten und individuell angepassten Anlagestrategie.


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Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zu allgemeinen Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Bitte konsultieren Sie vor jeder Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater