Tagesanalyse Schweizer Finanzmarkt – Donnerstag, 10. April 2025
1. Marktüberblick
Der Schweizer Aktienmarkt hat am heutigen Donnerstag eine kräftige Erholung hingelegt. Der SMI schloss 3,28 % höher bei 11’244,59 Punkten, nachdem er im frühen Handel sogar ein Tageshoch von 11’807,79 Punkten erreicht hatte. Der SPI legte um 3,24 % auf 15’077,53 Punkte zu, der SLI stieg um 3,55 % auf 1’814,91 Punkte.

Angetrieben wurde die Aufwärtsbewegung durch die Entscheidung der US-Regierung, geplante Strafzölle um 90 Tage zu verschieben. Dies löste eine internationale Kaufwelle aus – vor allem in von Zöllen besonders betroffenen zyklischen Werten. Allerdings bröckelten die Gewinne im Verlauf des Nachmittags wieder, insbesondere nach schwacher US-Eröffnung.
2. Unternehmenswerte: Gewinner und Verlierer im Fokus
Im Zentrum der Erholung standen jene Titel, die zuletzt unter starkem Abgabedruck standen:
- Swiss Re avancierte mit +6,50 % (auf 139,20 CHF) an die Spitze der Bluechips. Die Aktie profitiert zudem von einem attraktiven KGV (2025e: 11,39) und starker Dividendenrendite.
- Partners Group legte um 5,95 % auf 1’022,00 CHF zu, nach einer Korrektur von rund 20 % in der Vorwoche.
- Weitere starke Kursgewinne verzeichneten ABB (+5,21 % auf 41,18 CHF), Richemont (+5,19 %), Sika (+4,81 %) und Kühne+Nagel (+ca. 5 %).
- Auch die Finanzwerte zeigten Stärke: UBS stieg um 4,4 %, Julius Bär um 4,8 % und Swiss Life um 4,3 % auf 740,60 CHF, gestützt durch eine Kaufempfehlung mit Kurszielanhebung auf 800 CHF (vorher: 630 CHF).
- Roche (+3,2 %) und Novartis (+2,1 %) holten nur einen Teil ihrer gestrigen Verluste auf, die durch Trumps Zoll-Drohung gegen Pharmaimporte ausgelöst worden waren.
- Nestlé gewann 1,3 %, bleibt aber wie Lindt & Sprüngli PS einer der wenigen Titel mit zweistelligem Jahresplus. Letztere verloren heute 1,2 % im Sog schwacher Zahlen von Barry Callebaut (-21,5 %).
Im breiteren Markt stachen Comet (+8,3 %) und DocMorris (+4,7 %) mit überzeugenden Quartalszahlen hervor.

3. Makro- & Währungsumfeld
Der EUR/CHF gab um 1,32 % auf 0,9263 nach, während der USD/CHF sogar um 3,58 % auf 0,8265 fiel. Die Schwäche des Dollars wurde durch enttäuschende US-Inflationsdaten verstärkt. Die SNB agiert zurückhaltend bei Interventionen, um nicht als Währungsmanipulator eingestuft zu werden, was weitere Strafzölle nach sich ziehen könnte.
4. Zinsen & Rohstoffe
Die Rendite 10-jähriger Bundesobligationen stieg um 13,82 % auf 0,4530 % – ein starker Rebound, möglicherweise getrieben durch Abflüsse aus als sicher geltenden Anleihen in risikobehaftete Anlageklassen.
Die Rohstoffpreise zeigten sich volatil:
- Gold stieg um 2,71 % auf 3’166,59 CHF, was auf anhaltende Inflations- und Krisenängste hindeutet.
- Öl (Brent) verlor 4,21 % auf 62,97 USD, getrieben von Konjunktursorgen und möglicher Nachfrageschwäche.
- Bitcoin legte um 2,15 % auf 78’856,40 USD zu und bleibt ein Alternativ-Investment bei Unsicherheiten.
5. Internationale Vergleichsindizes
- Der EURO STOXX 50 stieg um 4,40 % auf 4’825,62 Punkte
- Der DAX legte sogar um 4,67 % auf 20’589,35 Punkte zu
- Der Nikkei explodierte um 9,13 % auf 34’609,00 Punkte, ebenfalls gestützt durch die US-Zollpause
- Dagegen gaben die US-Indizes (nur informativ) stark nach: Dow Jones -3,67 %, Nasdaq 100 -4,42 %
6. Technische und langfristige Einschätzung des SMI
Trotz des Tagesgewinns liegt der SMI auf Wochensicht noch mit 2,02 % im Minus. Im Jahresverlauf steht ein Verlust von 3,26 % zu Buche. Das Jahreshoch liegt bei 13’199,05 Punkten, das Jahrestief bei 10’699,66 Punkten. Der heutige Schlusskurs von 11’244,59 Punkten zeigt somit einen leichten Erholungsversuch, allerdings bei weiter belastetem Sentiment.
Fazit: Der Schweizer Markt zeigte sich heute robust und erholte sich deutlich, angetrieben von geopolitischer Entspannung im Zollkonflikt. Zyklische Werte und Finanztitel dominierten die Gewinnerlisten, während defensive Titel und schwergewichtige Pharmaaktien vergleichsweise moderat performten. Die Unsicherheit bleibt jedoch hoch, insbesondere durch die erratische US-Handelspolitik. Die Erholung bleibt daher fragil.
Schweiz und USA noch ohne Handelsverhandlungen – Zollfrage bleibt komplex
Der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat bestätigt, dass zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten bisher keine Verhandlungen über Handelszölle stattgefunden haben. Die USA hatten zuvor angekündigt, höhere Importzölle für die Schweiz zu erheben als für die Europäische Union, was die Schweizer Exportwirtschaft belasten könnte. Zwar hat US-Präsident Donald Trump vorübergehend die Zölle für die meisten Länder gesenkt, was der Schweiz eine gewisse Entlastung bringt. Dennoch bezeichnete Parmelin die Lage als weiterhin schwierig, da die bestehenden Handelsbarrieren eine komplexe Herausforderung bleiben. Die Schweiz muss daher weiterhin auf eine klare Lösung hinarbeiten, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren.
Schweiz erwägt Gegenzölle auf US-Importe – aber mit Bedacht
Die Schweiz zieht derzeit keine Gegenzölle gegen die USA in Betracht, könnte jedoch im Konfliktfall bestimmte Schlüsselimporte mit zusätzlichen Abgaben belegen. Dazu gehören hochwertige Güter wie Gold zu nicht-monetären Zwecken, Arzneimittel, Gemälde und Schmuck. Diese Produkte spielen eine bedeutende Rolle im bilateralen Handel: Allein im vergangenen Jahr importierte die Schweiz US-Waren im Wert von 26,3 Milliarden Franken, wobei elektronisches Gold mit 10,7 Milliarden Franken den größten Posten ausmachte.
Ökonomen wie Johannes Binswanger und Reto Föllmi warnen jedoch vor übereilten Maßnahmen. Als kleines Land müsse die Schweiz bei der Einführung von Gegenzöllen abwägen, um nicht selbst wirtschaftlichen Schaden zu nehmen. Zudem sind die USA im Dienstleistungssektor stark – ein Bereich, der weniger anfällig für handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen ist. Sollte sich der Handelskonflikt verschärfen, müsste die Schweiz daher strategisch vorgehen, um ihre Interessen zu wahren, ohne sich selbst zu schwächen.
Schweizer Migrationspolitik: Betonung der Rechtskonformität gegenüber EU-Vorgaben
Die Schweiz hat erneut die Bedeutung der Einhaltung europäischen Rechts in der Migrationspolitik hervorgehoben. Ein Sprecher des Schweizer Bundesamts für Migration betonte, dass das Land notfalls reagieren werde, falls Zurückweisungen an der Grenze gegen geltendes Recht verstoßen sollten. Dabei verwies er auf zentrale Rechtsrahmen wie das bilaterale Rückübernahmeabkommen mit der EU, die Dublin-Verordnung sowie die Genfer Flüchtlingskonvention.
Diese Stellungnahme erfolgt vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags der deutschen Regierungsparteien (Union und SPD), in dem eine restriktivere Migrationspolitik – einschließlich möglicher Zurückweisungen an den Binnengrenzen – vorgesehen ist. Zwischen September und März registrierte die deutsche Bundespolizei rund 4.500 unerlaubte Einreisen an der deutsch-schweizerischen Grenze. Die Schweiz signalisiert damit, dass sie zwar kooperativ bleibt, aber eine rechtskonforme Umsetzung von Maßnahmen erwartet, um humanitäre und völkerrechtliche Verpflichtungen zu wahren.
Fehlgeschlagene Börsentransaktionen: Schweizer Börse annulliert „Mistrades“ nach extremen Kursausschlägen
An der Schweizer Börse SIX kam es zu fehlerhaften Transaktionen (sogenannte Mistrades), bei denen Aktien deutlich außerhalb ihrer eigentlichen Marktbewertung gehandelt wurden. Betroffen waren unter anderem die Titel von Swissquote, EFG, Arbonia, Kardex, Dottikon sowie einige Derivate – teilweise mit Kursabweichungen von über 60 % unter dem tatsächlichen Wert. Diese extremen Fehltrades lösten bei Investoren und Marktteilnehmern Besorgnis aus.
Als Ursache wird die derzeit turbulente Marktlage vermutet, die durch globale politische Unsicherheiten verstärkt wird. Die Börse SIX reagierte umgehend und annullierte auffällige Orders. Sie verwies auf ihr Market-Control-Team, das den Handel überwacht, um faire Bedingungen zu gewährleisten. Gleichzeitig rückten die Risiken des algorithmischen Handels in den Fokus – technische Fehler oder falsche Eingaben können binnen Sekunden erhebliche finanzielle Schäden verursachen. Die Vorfälle zeigen, wie anfällig elektronische Handelssysteme in volatilen Phasen sein können.
Umbrüche im Schweizer Asset Management: Fachkräfte auf der Suche nach neuen Chancen
Die Schweizer Vermögensverwaltungsbranche befindet sich im Wandel: Immer mehr Fachkräfte erwägen einen Jobwechsel, getrieben von Margendruck, kulturellen Spannungen und strukturellen Veränderungen. Besonders die UBS steht nach ihrer Fusion mit Credit Suisse vor großen Herausforderungen – neue Führungsteams und operative Anpassungen schüren Unsicherheiten unter den Mitarbeitern.
Hinzu kommen externe Risiken wie geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Verwerfungen, etwa die drohenden US-Zölle, die mittelfristig die Rentabilität der Branche belasten könnten. Während einige etablierte Häuser wie Julius Bär ihre Strukturen modernisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben, zeigt sich: Wer sich nicht rechtzeitig anpasst, riskiert den Anschluss zu verlieren. Die Branche muss sich agiler aufstellen, um talentierte Mitarbeiter zu halten und den wachsenden Marktherausforderungen zu begegnen.
Rückgang bei Neuzulassungen: Schweiz setzt im März 2025 weniger Fahrzeuge in Verkehr
Im März 2025 wurden in der Schweiz insgesamt 31’934 Strassenmotorfahrzeuge neu zugelassen – ein Rückgang von 9% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Besonders deutlich zeigt sich der Abwärtstrend bei den Personenwagen, der grössten Fahrzeuggruppe, mit einem Minus von 8%.
Die Entwicklung fällt je nach Antriebsart unterschiedlich aus:
- Benziner (-28%) und Diesel (-22%) verzeichnen starke Rückgänge.
- Normal-Hybride (+14%) legen zu, während Plug-in-Hybride (+2%) nur leicht wachsen.
- Elektroautos (-6%) gehen erstmals seit Jahren zurück.
Die Zahlen deuten auf eine veränderte Nachfrage hin, möglicherweise beeinflusst durch wirtschaftliche Unsicherheiten, politische Rahmenbedingungen oder Marktsättigung. Während Hybridfahrzeuge weiter an Beliebtheit gewinnen, scheint die Elektromobilität vorübergehend an Schwung zu verlieren. Die Entwicklung könnte für die Automobilbranche und die Klimaziele der Schweiz bedeutsam sein.
