Von einem umstrittenen Nischenakteur zur milliardenschweren Wall-Street-Sensation: Palantir Technologies gehört nun zu den zehn wertvollsten Technologieunternehmen der USA – und sorgt für Diskussionen.
Mit einem Börsenwert von rund 281 Milliarden US-Dollar hat Palantir Technologies die Cloud-Giganten Salesforce, IBM und Cisco hinter sich gelassen. Der jüngste Kurssprung von 8 % an nur einem Handelstag katapultierte das Unternehmen in eine Liga, die bislang von Branchengrößen wie Apple, Microsoft und Nvidia dominiert wird. Doch während Palantir mit seiner Bewertung glänzt, bleiben fundamentale Fragen offen: Ist der Hype gerechtfertigt – oder handelt es sich um eine klassische Blase?
Spektakuläre Rally bei fragwürdiger Substanz
Palantir, 2003 unter anderem von Peter Thiel und dem heutigen CEO Alex Karp gegründet, hat in den vergangenen zwölf Monaten eine erstaunliche Performance hingelegt. Allein im Jahr 2025 ist der Aktienkurs um 58 % gestiegen. Das macht das Unternehmen zu einem der stärksten Titel im S&P 500 – und das in einem Umfeld, in dem viele Tech-Werte durch geopolitische Unsicherheiten und Konjunktursorgen unter Druck stehen.
Die Entwicklung wirkt spektakulär, doch sie entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Palantir ist trotz der riesigen Bewertung ein vergleichsweise kleiner Akteur, was Umsatz und Gewinne betrifft. Im direkten Vergleich mit Salesforce, das über zehnmal mehr Umsatz generiert, wirkt Palantirs Positionierung auf den ersten Blick überzogen.
Extrembewertung: Fundamentaldaten außer Kraft?
Diese Diskrepanz zeigt sich deutlich in den Bewertungskennzahlen. Palantir wird aktuell zum 520-fachen des Gewinns bewertet – ein Vielfaches dessen, was selbst für ambitionierte Tech-Werte üblich ist. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der übrigen neun Top-Tech-Unternehmen liegt bei einem KGV von rund 58. Beim Kurs-Umsatz-Verhältnis sieht es nicht besser aus: 90 bei Palantir, im Vergleich zu einem Branchendurchschnitt von 10,2.
Selbst Analysten, die das Unternehmen grundsätzlich als innovativ einstufen, warnen vor Euphorie. Brent Thill von Jefferies sprach jüngst von einer „irrationalen Bewertung“ und riet explizit vom Kauf der Aktie ab. Der Markt scheint diese Warnungen jedoch bislang zu ignorieren.
Militärverträge als Wachstumstreiber – und Reizthema
Was Palantir besonders macht, ist nicht nur die Spezialisierung auf Datenanalyse und Künstliche Intelligenz, sondern auch das massive Engagement im staatlichen Verteidigungssektor. Das Geschäft mit Behörden, insbesondere dem US-Militär, wuchs im letzten Quartal um satte 45 % auf 373 Millionen US-Dollar. Ein lukrativer Deal über 178 Millionen US-Dollar zur Entwicklung KI-basierter Systeme für das US-Heer verdeutlicht die strategische Ausrichtung.
CEO Alex Karp nutzte den aktuellen Quartalsbericht für eine Grundsatzrede. In einem begleitenden Aktionärsbrief verteidigte er die militärische Ausrichtung des Unternehmens mit Pathos und Kritik an „modegetriebenem Pazifismus“ im Silicon Valley. In Interviews betonte er sinngemäß: Wer Palantirs Kurs nicht mittragen will, solle eben draußen bleiben.
Ein nachhaltiger Aufstieg – oder ein gefährlicher Hype?
Was bleibt, ist ein zwiespältiger Eindruck. Einerseits ist Palantir ein technologisch beeindruckendes Unternehmen mit echtem Einfluss in sicherheitsrelevanten Bereichen. Andererseits lassen die Bewertung und das geringe Umsatzvolumen Zweifel an der Nachhaltigkeit des Höhenflugs aufkommen. Die internationale Expansion zeigt bereits erste Bremsspuren – die Erwartungen sind hoch, das Risiko von Enttäuschungen ebenso.
Fazit: Palantir steht sinnbildlich für die neue Tech-Weltordnung, in der militärische Nutzung von KI, Datenhoheit und geopolitische Interessen eine ebenso große Rolle spielen wie technologische Innovation. Ob dieser Mix langfristig überzeugt – oder sich als Fiebertraum der Börse entpuppt – wird sich in den kommenden Quartalen zeigen.