Pazifismus bis zur letzten Konsequenz: Der Standpunkt von Ole Nymoen

In der Talkshow „Markus Lanz“ vom 23. Juli 2025 vertritt Ole Nymoen einen radikal pazifistischen und individualistischen Standpunkt. Seine Position lässt sich in folgenden Kernpunkten zusammenfassen:

1. Das eigene Leben hat oberste Priorität:
Sein zentraler und wiederholt zitierter Leitsatz ist „Ich bin lieber besetzt als tot“. Er argumentiert, dass ein schlechteres Leben unter Besatzung immer noch besser sei als gar kein Leben. Er ist nicht bereit, sein Leben für die abstrakte Idee eines Staates oder nationaler Souveränität zu opfern.

2. Ablehnung von Nationaler Identität und Staatlicher Verpflichtung:
Nymoen lehnt die Vorstellung einer nationalen Identität ab, die ihn zum Kampf verpflichten würde. Er fühlt keine besondere Verbundenheit mit den Menschen in Deutschland, die über die zu Menschen in anderen Teilen der Welt hinausgeht. Für ihn ist der Staat eine zufällige Gegebenheit, in die er hineingeboren wurde, und keine Entität, die einen Anspruch auf sein Leben hat.

3. Kritik an staatlicher Zwangsgewalt und „Kriegstüchtigkeit“:
Ein Hauptkritikpunkt ist die Macht des Staates, seine Bürger zum Kriegsdienst zu zwingen. Er sieht einen fundamentalen Widerspruch zwischen der Sicherheit des Staates (die das Opfern von Bürgern erfordert) und der Sicherheit des einzelnen Bürgers. Er kritisiert die Normalisierung des Militärischen in der Gesellschaft (z.B. Bilder von Kindern mit Waffen) und den politischen Diskurs um „Kriegstüchtigkeit“, der seine individuelle Entscheidung missachtet.

4. Konsequentes Handeln im Ernstfall:
Auf die direkte Frage, was er im Falle einer Einberufung tun würde, antwortet er klar:

  • Flucht: Wenn möglich, würde er versuchen, das Land zu verlassen.
  • Verstecken: Wenn Flucht nicht mehr möglich wäre, würde er sich verstecken.
    Diese Haltung gilt für ihn nicht nur bei einem Angriff auf Deutschland, sondern auch im Bündnisfall, z.B. bei einem Angriff auf das Baltikum.

5. Perspektive auf die Ukraine:
Auch im extremen Szenario eines Angriffs wie auf die Ukraine würde seine Entscheidung dieselbe bleiben: Flucht oder Verstecken. Er argumentiert, dass auch in der Ukraine Hunderttausende diesen Weg gewählt hätten und der Staat mittlerweile auf Zwangsmobilisierung setzen müsse, weil die freiwillige Bereitschaft nicht ausreiche.

Zusammengefasst ist Ole Nymoens Position eine prinzipielle Verweigerung, am Krieg teilzunehmen. Er stellt das Recht auf das eigene Leben über jede staatliche, nationale oder bündnispolitische Verpflichtung und ist bereit, die Konsequenzen einer Besatzung in Kauf zu nehmen, um dem Tod im Krieg zu entgehen.

Basierend auf aktuellen Umfragen und gesellschaftlichen Debatten ist es sehr unwahrscheinlich, dass Ole Nymoens radikale Position in ihrer Gänze mehrheitsfähig in der deutschen Jugend ist.

Allerdings repräsentiert seine Haltung Teilaspekte und Ängste, die in dieser Generation weit verbreitet sind. Man muss seine Meinung in verschiedene Schichten zerlegen:

1. Die radikale Position: „Lieber besetzt als tot“

  • Nicht mehrheitsfähig: Diese extreme Haltung, die eine Besatzung dem bewaffneten Widerstand vorzieht, findet wahrscheinlich keine Mehrheit. Seit der „Zeitenwende“ nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ist das Bewusstsein für äußere Bedrohungen und die Notwendigkeit von Verteidigungsfähigkeit auch bei jüngeren Menschen gestiegen. Die Unterstützung für die NATO und die Bündnisverpflichtung ist in Deutschland generell hoch, auch bei der Jugend. Nymoens Ablehnung, selbst Bündnispartner zu verteidigen, steht dem diametral entgegen.

2. Die persönliche Weigerung zu kämpfen

  • Eher mehrheitsfähig: Die Aussage, im Ernstfall selbst nicht zur Waffe greifen zu wollen, hat eine deutlich höhere Zustimmung. In Umfragen geben regelmäßig große Teile der Bevölkerung (oft über 50%) an, dass sie nicht persönlich kämpfen würden. Bei der Jugend ist diese Quote tendenziell noch höher. Dies ist jedoch oft eine abstrakte, emotionale Antwort und nicht zwingend eine politische Forderung nach Kapitulation. Es drückt eher eine tiefe Friedenssehnsucht und eine Abneigung gegen Gewalt aus als eine durchdachte strategische Entscheidung.

3. Die Skepsis gegenüber „Kriegstüchtigkeit“ und Wehrpflicht

  • Sehr verbreitet: Nymoens Unbehagen gegenüber Begriffen wie „Kriegstüchtigkeit“ und einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht teilen sehr viele junge Menschen.
    • Generationenkonflikt: Bei der Wehrpflicht zeigt sich ein klarer Graben: Ältere Generationen, die nicht mehr betroffen wären, befürworten sie deutlich stärker als die jungen Menschen, die eingezogen werden würden.
    • Kritik an Normalisierung: Die Sorge, dass militärische Logik und Sprache den zivilen Diskurs dominieren, ist ein zentraler Punkt, der bei vielen jungen, in Frieden aufgewachsenen Menschen auf Resonanz stößt.

Fazit:

Ole Nymoen formuliert eine extreme individualistische und pazifistische Position, die in ihrer Konsequenz (aktive Inkaufnahme einer Besatzung) nicht mehrheitsfähig ist.

Aber: Er ist die Stimme für ein tief verwurzeltes Gefühl der Entfremdung vom Militärischen und eine große Angst vor dem Krieg und seinen persönlichen Konsequenzen (Wehrpflicht), das in der deutschen Jugend sehr wohl mehrheitsfähig ist.

Er artikuliert den Konflikt einer Generation, die in der Sicherheit der EU aufgewachsen ist und nun mit einer Realität konfrontiert wird, in der Frieden und Freiheit möglicherweise verteidigt werden müssen – eine Vorstellung, die für viele zutiefst beunruhigend und abstrakt bleibt. Seine Meinung ist somit zwar eine Außenseiterposition, aber sie wurzelt in einem weit verbreiteten Gefühl.


Übrigens

Die sowjetische Besatzung der DDR zeigt, dass eine russische Besatzung Deutschlands heute wahrscheinlich mit politischer Unterdrückung, wirtschaftlicher Schwächung, gesellschaftlicher Spaltung und kultureller Indoktrination einhergehen würde. Die Erfahrungen aus der Ukraine, die in der Talkshow geschildert werden, deuten darauf hin, dass eine moderne Besatzung noch brutaler und zerstörerischer sein könnte, mit Folter, Gewalt und einem „Todeskult“, wie Eigendorf und Gurkov beschreiben. Ole Nymoen’s Haltung, sich lieber zu verstecken oder zu ergeben, spiegelt eine verständliche, aber problematische Perspektive, da die DDR zeigt, dass Besatzung oft ein Leben in Angst und Unfreiheit bedeutet. Sönke Neitzel betont, dass Verteidigungsbereitschaft notwendig ist, um eine solche Katastrophe zu verhindern, was die historische Lehre der DDR unterstreicht.


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