Porsche im Krisenmodus: Milliardenschwerer Verlust lässt Aktie überraschend steigen

In einer für viele Marktbeobachter paradoxen Entwicklung hat die Aktie der Porsche AG am Montag einen bemerkenswerten Kurssprung von bis zu 4,4 Prozent hingelegt. Brisant ist dieser Anstieg vor dem Hintergrund der am vergangenen Freitag veröffentlichten Quartalszahlen, die für den Stuttgarter Sportwagenbauer einen operativen Verlust von fast einer Milliarde Euro ausweisen. Die Krise bei Porsche scheint tief zu sitzen, doch für die Anleger liegt die Wahrheit offenbar jenseits der roten Zahlen.

Die eingepreiste Enttäuschung

Analysten führen die unerwartete Kursrallye auf eine simple, aber entscheidende Tatsache zurück: Die schlechten Nachrichten waren nicht neu. Bereits im September hatte das Management eine Gewinnwarnung herausgegeben und damit die Erwartungen des Marktes gedämpft. „Mit dieser Warnung sei das aktuelle Zahlenwerk konsistent“, erklärt etwa Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC. Für die Investoren war der nun ausgewiesene Verlust somit keine Überraschung mehr, sondern die Bestätigung bereits bekannter Probleme.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die strategische Kehrtwende des Konzerns. Angesichts einer nachlassenden Dynamik im E-Auto-Markt hat Porsche seine ambitionierten Elektro-Pläne vorerst zurückgestellt und den Fokus wieder stärker auf traditionelle Verbrenner- und Hybridmodelle gelegt. Diese Neuausrichtung verursachte allein im dritten Quartal Restrukturierungskosten von 1,8 Milliarden Euro – eine schwere Belastung für die Bilanz, die vom Markt jedoch als notwendiger Schritt zur Sicherung der zukünftigen Profitabilität interpretiert zu werden scheint.

Starke Marke und solider Cashflow als Anker

Trotz der operativen Verluste demonstriert Porsche auf einer fundamentaleren Ebene weiterhin Stärke. Analysten von JP Morgan heben insbesondere den Netto-Cashflow hervor, der mit 946 Millionen Euro die Erwartungen (114 Millionen Euro) pulverisierte. Dies signalisiert, dass das Unternehmen weiterhin in der Lage ist, erhebliche liquide Mittel zu erwirtschaften. Auch Tim Rossocha von der Deutschen Bank sieht darin die „inhärente Stärke der Marke und ihr Potenzial für zukünftige Verbesserungen“ und rät mit einem Kursziel von 50 Euro zum Kauf.

Die Mehrheit der Analysten bleibt skeptisch

Doch nicht alle teilen diesen Optimismus. Die Mehrheit der Experten bleibt vorsichtig. Laut dem Finanzdienstleister Refinitiv empfehlen von 23 Analysten nur fünf die Aktie zum Kauf, während elf zum Halten und sieben sogar zum Verkauf raten. Die Sorgen sind vielschichtig: Pal Skirta vom Bankhaus Metzler begründet seine Verkaufsempfehlung mit dem Abbau von Lagerbeständen in den USA und China, der den Cashflow künstlich gestärkt habe.

Zusätzliche Unsicherheit bringt der bevorstehende Führungswechsel. Zum 1. Januar übernimmt Michael Leiters den Vorstandsvorsitz. Marktkenner erwarten, dass unter seiner Ägide die Strategie weiter geschärft wird. Analyst Stephen Reitman von Bernstein Research hält es für möglich, dass Leiters zum Start weitere schmerzhafte Einschnitte für notwendig erachten könnte. Dies könnte die Aktie erneut unter Druck setzen und in Richtung ihres Jahrestiefs von September fallen lassen.

Die Porsche-Aktie befindet sich damit in einem Spannungsfeld. Einerseits zeugen eine starke Marke und ein solider Cashflow von robuster Substanz. Andererseits lasten operative Verluste, strategische Unsicherheiten und ein vorsichtig gestimmter Analystenchor auf den Zukunftsaussichten. Der jüngste Kursanstieg ist somit weniger ein Zeichen der Entwarnung als vielmehr eine Wette darauf, dass die Talsohle bereits durchschritten ist. Ob diese Wette aufgeht, werden die kommenden Quartale unter neuer Führung zeigen müssen.


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