Die Bundespressekonferenz (BPK) befasste sich in großer thematischer Breite mit aktuellen außen- und innenpolitischen Entwicklungen. Nachfolgend eine ausführliche Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
1. Kanzlerreise zum Karlspreis
Bundeskanzler Friedrich Merz wird am 29. Mai in Aachen an der Verleihung des Karlspreises an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilnehmen. Neben Merz wird auch Spaniens König Felipe VI. eine Rede halten.
2. USA-Reise von Außenminister Wadephul
Außenminister Wadephul reist am 27. Mai nach Washington zu einem Antrittsbesuch. Hauptthemen sind die transatlantischen Beziehungen, der Ukrainekrieg, die Sicherheitspolitik sowie der Handel zwischen EU und USA. Eine Nachfrage zu einem möglichen Treffen mit Präsident Trump blieb unbeantwortet. Die Frage, ob die AfD-Thematik thematisiert werde, wurde ausweichend behandelt.
3. Israel, Gaza und Waffenexporte
Ein zentrales Thema war die deutsche Rüstungsexportpolitik gegenüber Israel im Lichte des Kriegs in Gaza.
- Die Bundesregierung verweigert konkrete Auskünfte zu Einzelgenehmigungen, betont jedoch, dass Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht zentrale Bewertungsmaßstäbe seien.
- Mehrere Fragen zielten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen deutschen Waffenlieferungen und einem potenziellen Völkermord in Gaza. Die Bundesregierung äußerte sich dazu ausweichend.
- Die Kritik an Israel, insbesondere in Bezug auf die humanitäre Situation in Gaza, wurde zwar geäußert, aber stets diplomatisch weich verpackt.
- Forderungen nach einem Waffenstopp aus der SPD wurden zur Kenntnis genommen, aber nicht kommentiert.
- Die Bundesregierung betont ihre „klare Haltung“ zu Israel und bekräftigt gleichzeitig, dass humanitäre Hilfe für Gaza deutlich ausgeweitet werden müsse.
4. Zwei-Staaten-Lösung und Anerkennung Palästinas
Eine Anerkennung Palästinas als Staat wird von der Bundesregierung nicht ausgeschlossen, aber derzeit nicht konkret verfolgt. Deutschland hält am Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung fest. In Madrid habe es kürzlich Gespräche dazu gegeben.
5. Ukrainekrieg und EU-Sanktionen gegen Russland
- Die Bundesregierung unterstützt neue Sanktionen gegen Russland. Das 18. EU-Sanktionspaket wird vorbereitet.
- Kritik an zu zögerlichem Handeln wies die Regierung zurück und verwies auf 17 bereits beschlossene Pakete.
- Themen wie Gas, Uran und eingefrorene Vermögen Russlands stehen im Raum.
6. Wissenschaftsfreiheit und Harvard-Debatte
- Kulturstaatsminister Weimers Vorstoß zur Einrichtung eines Exil-Campus für US-Studierende wird von der Bundesregierung allgemein begrüßt, aber nicht weiter konkretisiert.
- Konkrete Programme oder Budgeterweiterungen wurden nicht angekündigt.
7. Asylpolitik und Familiennachzug
- Ein Gesetzentwurf zur Einschränkung des Familiennachzugs subsidiär Schutzberechtigter soll ins Kabinett eingebracht werden.
- Geplant ist eine engere Definition von Härtefällen.
- 2023 und 2024 wurden je rund 12 000 Visa in diesem Bereich erteilt.
- Die Kommunikation über die Änderungen in Herkunftsländern sei noch unklar.
8. Nationaler Sicherheitsrat
- Die Bundesregierung arbeitet an der Einrichtung eines nationalen Sicherheitsrats. Details über Zuständigkeiten oder Beteiligung einzelner Ressorts wurden nicht genannt.
9. Aufbau Digitalministerium
- Das neu gegründete Bundesministerium für Digitales (BMDS) befindet sich im Aufbau.
- Es entsteht aus Teilen von fünf Ministerien sowie dem Kanzleramt.
- Ein Dienstsitz in Bonn sei wegen der historischen Struktur gerechtfertigt.
- Die vollständige organisatorische Klärung wird bis spätestens August erwartet.
10. Atomenergie und EU-Förderpolitik
- Uneinigkeit herrscht in der Bundesregierung über die Förderung der Atomkraft auf EU-Ebene.
- Während das Umweltministerium eine Finanzierung aus EU-Mitteln ablehnt, zeigt sich Wirtschaftsministerin Reiche offener.
- Die Regierung verweist auf Abstimmungsbedarf und den Koalitionsvertrag.
11. Wirtschaftspolitik: Thyssenkrupp und Deutschlandticket
- Die Bundesregierung beobachtet die Restrukturierung bei Thyssenkrupp aufmerksam, äußert sich aber nicht zu Details.
- Die Finanzierung des Deutschlandtickets sei für 2025 gesichert. Über eine dauerhafte Lösung werde noch verhandelt.
12. Verbot der PKK
- Eine Prüfung des Verbots der PKK sei derzeit nicht geplant.
- Genaue Zahlen zu PKK-Anhängern in Deutschland will man mit dem kommenden Verfassungsschutzbericht veröffentlichen.
13. Mietpreisbremse
- Die Bundesregierung plant eine Verlängerung der Mietpreisbremse.
- Eine Einbeziehung von Neubauten ist Gegenstand laufender Ressortabstimmungen.
14. Außenpolitische Krisen und weitere Themen
- Venezuela: Die Bundesregierung äußert sich besorgt über mangelnde Wahlfreiheit und politische Repression.
- Uganda: Die Anschuldigungen gegen den deutschen Botschafter wegen „subversiver Aktivitäten“ werden als haltlos zurückgewiesen.
- Falun Gong in China: Deutschland prüft mögliche Sanktionsmechanismen, äußert sich jedoch nicht konkret.
- Trump und Zölle: Die Bundesregierung beobachtet Trumps widersprüchliche Ankündigungen zu Strafzöllen mit Sorge, verweist jedoch auf laufende Verhandlungen auf EU-Ebene.
- Nord Stream: Eine Wiederaufnahme von Gaslieferungen über Nord Stream sei nicht absehbar.
Fazit
Die Pressekonferenz offenbarte eine Bundesregierung, die sich in zahlreichen Krisenherden außenpolitisch als moderierend und stabilisierend positionieren will, dabei aber zusehends unter Erwartungsdruck steht – sowohl innenpolitisch wie auch international. Die klare Linie bleibt oft vage, was nicht zuletzt der diplomatischen Vorsicht geschuldet ist. Zugleich sind viele Vorhaben noch in der Abstimmungsphase, was Entscheidungsprozesse verzögert.