Rekordeinnahmen durch Zölle – doch die USA steuern weiter auf die fiskalische Klippe zu

Im Mai dieses Jahres erzielte die US-Regierung einen historischen Höchstwert bei den Zolleinnahmen: 22,2 Milliarden US-Dollar flossen in die Kassen des Finanzministeriums – ein Rekord. Doch dieser vermeintliche Erfolg erweist sich bei näherer Betrachtung als marginaler Lichtblick in einem strukturell bedenklichen Gesamtbild. Die Vereinigten Staaten befinden sich trotz sprudelnder Einnahmen weiterhin auf einem haushaltspolitischen Irrweg, dessen Richtung zunehmend durch explodierende Ausgaben und eine erdrückende Schuldenlast vorgegeben wird.

Zollrekord: Symbolische Geste mit geringer Wirkung

Die Zolleinnahmen im Mai übertrafen nicht nur alle bisherigen Monatswerte, sie lagen sogar mehr als dreimal so hoch wie während der ersten Phase des sogenannten Trump’schen Handelskriegs. Diese Entwicklung ist unmittelbar auf die forcierten protektionistischen Maßnahmen der aktuellen Regierung zurückzuführen, die Importe zunehmend mit Zöllen belegt – vor allem aus China.

Doch bei aller Dramatik dieser Zahl bleibt der finanzielle Effekt überschaubar. Im selben Monat gab der US-Staat insgesamt 687,2 Milliarden US-Dollar aus – damit machen die Rekordzölle gerade einmal 3 % der Gesamtausgaben aus. Die Wirkung bleibt also rein symbolisch und verdeutlicht vor allem eines: Die fiskalische Schieflage lässt sich durch punktuelle Mehreinnahmen kaum korrigieren.

Steuereinnahmen steigen – doch das Defizit bleibt

Nicht nur die Zolleinnahmen legten im Mai zu. Die gesamten Steuereinnahmen beliefen sich auf 371,2 Milliarden US-Dollar – ein Anstieg um 15 % im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch verharrt das monatliche Steueraufkommen seit vier Jahren auf einem nahezu konstanten Niveau, während die Ausgaben Jahr für Jahr neue Rekordhöhen erreichen. Das führt zwangsläufig zu einem Defizit: Im Mai belief sich dieses auf 316 Milliarden US-Dollar – leicht unter dem Vorjahreswert, aber immer noch gewaltig.

Noch dramatischer wirkt die langfristige Entwicklung. Der kumulierte Fehlbetrag im laufenden Haushaltsjahr beträgt bereits 1,365 Billionen US-Dollar – ein Anstieg gegenüber 1,202 Billionen im Vorjahr. Nur die pandemiebedingten Ausnahmejahre 2020 und 2021 wiesen höhere Defizite auf. Mit vier verbleibenden Monaten im Haushaltsjahr droht ein neuer Negativrekord.

Zinsen fressen den Staatshaushalt auf

Besonders alarmierend ist die wachsende Zinslast. Allein im Mai zahlte der Staat 92,2 Milliarden US-Dollar an Zinsen für seine Schulden – hochgerechnet auf das Jahr ergibt das eine Summe von rund 1,2 Billionen US-Dollar. Damit rückt der Zinsaufwand bereits gefährlich nahe an die größte Einzelkategorie der Staatsausgaben: die Sozialversicherung.

Dieser Trend ist Ausdruck einer strukturell aus dem Gleichgewicht geratenen Haushaltspolitik. Die USA finanzieren ihre Ausgaben zunehmend durch Schulden, deren Bedienung immer größere Teile des Haushalts verschlingt. Gleichzeitig wächst der politische Widerstand gegen substanzielle Strukturreformen.

Fiskalische Nachhaltigkeit: Fehlanzeige

Die fünf größten Ausgabenkategorien des Bundes – Verteidigung, Gesundheit, Sozialversicherung, Schuldendienst und Transferleistungen – wachsen allesamt schneller als die Staatseinnahmen. Die aktuelle Finanzpolitik wirkt wie ein Kartenhaus: stabil in der Illusion, anfällig bei Erschütterung. Solange strukturelle Reformen – etwa eine Steuerreform, eine Reform der Sozialausgaben oder eine Reduktion der militärischen Ausgaben – nicht mehrheitsfähig sind, bleibt das System auf Pump gebaut.

Fazit: Das fiskalische Fundament bröckelt

Die USA verzeichnen Rekordeinnahmen bei Zöllen, und auch das Steueraufkommen steigt. Doch die Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben wächst weiter. Die Explosion der Staatsausgaben, insbesondere bei den Zinsen, macht deutlich: Die Schuldenpolitik hat ihre Grenzen erreicht. Ohne tiefgreifende, parteiübergreifende Reformen in Ausgaben- und Einnahmenpolitik droht den Vereinigten Staaten ein haushaltspolitischer Kollaps mit globalen Folgen.

Dass die Zolleinnahmen als Erfolg gefeiert werden, ist ein Symptom der politischen Kurzsichtigkeit – denn sie vermögen das strukturelle Defizit nicht einmal ansatzweise zu kompensieren. Der fiskalische Ernstfall rückt näher. Und mit ihm die Frage: Wer ist bereit, den politischen Preis für nachhaltige Haushaltsführung zu zahlen?


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