Von außen betrachtet wirkt es oft wie ein verlockendes Versprechen: Unternehmer als Politiker. Sie gelten als Macher, als Pragmatiker, als Vertreter der Effizienz. Die Wirtschaft brummt – so lautet das Versprechen – wenn Manager das Ruder in der Politik übernehmen. Doch diese Vorstellung ist nicht nur naiv, sie ist gefährlich. Unternehmer haben in der hohen Politik nichts zu suchen. Punkt.
Die Verwechslung zweier Welten
Unternehmen sind keine Demokratien. Sie sind hierarchisch organisierte Machtapparate mit klarer Ergebnisorientierung. In einem Konzern zählt die Bilanz, nicht der gesellschaftliche Kompromiss. Politik aber ist kein Start-up, das nach dem besten Skalierungspfad sucht. Politik ist ein mühsamer, konfliktreicher, oft schmutziger Prozess des Interessenausgleichs in einer pluralistischen Gesellschaft. Wer diesen Unterschied nicht versteht, bringt die politische Kultur in Schieflage.
Ein Unternehmer mag darin brillieren, Risiken einzugehen, Märkte zu antizipieren oder neue Technologien voranzutreiben. Doch politische Macht erfordert etwas anderes: Integrität, Geduld, Konfliktfähigkeit, Kompromissbereitschaft – und vor allem die Fähigkeit, nicht die eigenen, sondern die Interessen von Millionen zu vertreten.
Der Unternehmer als politisches Risiko
Studien – wie etwa die aktuelle ifo-Auswertung von Niklas Potrafke – bescheinigen Business-Politikern zwar eine gewisse haushaltspolitische Strenge und Wachstumsförderung. Doch was diese Studien meist ausblenden: Wachstum für wen? Kürzungen auf wessen Rücken?
Ein Unternehmer, der im Rathaus sitzt oder im Bundestag die Sozialausgaben streicht, sieht die Welt durch eine betriebswirtschaftliche Brille. Er denkt in Effizienz und Rendite – nicht in Gerechtigkeit, Zusammenhalt oder Schutz von Minderheiten. Das Ergebnis: Sozialabbau, Privatisierung öffentlicher Güter, Rückzug des Staates. Kurzfristige ökonomische Kennzahlen ersetzen langfristige gesellschaftliche Verantwortung.
Von der Gemeinwohlpflicht zur Interessenpolitik
Noch brisanter wird es, wenn Unternehmer in politische Spitzenpositionen drängen – nicht aus altruistischen Motiven, sondern um den politischen Hebel für eigene Interessen zu nutzen. Bestehende Netzwerke, Lobbyzugänge und Finanzkraft machen es leicht, Einfluss zu nehmen, Regulierung zu umgehen oder gezielt zu gestalten. Der Übergang zwischen Gemeinwohlorientierung und Machtmissbrauch ist fließend. Und wer soll solche Politiker kontrollieren – ihre ehemaligen Geschäftspartner?
Ehrenamt ja, Macht nein
Natürlich: In Gemeinderäten, Bezirksausschüssen oder auf ehrenamtlicher Ebene können Unternehmer wertvolle Perspektiven einbringen. Dort ist politische Macht begrenzt, die Nähe zu den Menschen groß, die Kontrolle durch Öffentlichkeit unmittelbar. Aber als Vollzeitpolitiker in Landes- oder Bundesregierungen? Nein. Hier braucht es Berufspolitiker – ja, diesen vielfach gescholtenen Typus, der gelernt hat, wie man Interessen abwägt, Mehrheiten organisiert, Kompromisse findet, Verantwortung übernimmt.
Politik ist kein Businessplan
Die Demokratie ist keine App, die man „disruptiv“ verbessern kann. Sie ist ein widerständiges, langsam mahlendes System – gerade weil sie schützt, ausgleicht, verlangsamt. Das ist kein Fehler, sondern ihr Wesen. Wer das nicht akzeptiert, unterläuft sie.
Fazit
Ein Unternehmer, der sich ernsthaft für das Gemeinwohl engagieren will, hat viele Wege – Spenden, Stiftungen, Bildung, Zivilgesellschaft. Aber nicht den Weg ins Kanzleramt. Nicht in die Staatskanzlei. Nicht ins Wirtschaftsministerium.
Politik ist kein sauberer Job. Sie ist dreckig, kompromissbehaftet, fehleranfällig. Aber sie ist notwendig – und sie braucht Menschen, die dafür ausgebildet, sozialisiert und legitimiert sind. Unternehmer gehören nicht zu dieser Gruppe. Sie sollen ihre Unternehmen führen, nicht die Republik.