In einem kürzlich veröffentlichten Interview mit Tamedia hat Martin Schlegel, der Chef der Schweizerischen Nationalbank (SNB), klare Worte gegen die Aufnahme von Bitcoin in die Währungsreserven der Bank gefunden. Schlegel reagierte damit auf eine Initiative, die den Kauf von Bitcoin durch die SNB fordert. Er betonte, dass Kryptowährungen als Anlageklasse mehrere gravierende Probleme aufweisen, die sie für die Nationalbank ungeeignet machen.
Volatilität, Liquidität und Sicherheitsbedenken
Schlegel nannte drei Hauptgründe, warum Kryptowährungen wie Bitcoin nicht den Anforderungen der SNB entsprechen. Erstens seien sie äußerst volatil, was dem langfristigen Werterhalt der Reserven der Nationalbank entgegenwirke. „Zweitens müssen unsere Reserven sehr liquide sein, um im Bedarfsfall rasch für geldpolitische Zwecke eingesetzt werden zu können“, erklärte er. Bitcoin und andere Kryptowährungen erfüllen diese Anforderung nicht, da sie nicht ohne weiteres in großem Umfang gehandelt oder eingesetzt werden können.
Drittens wies Schlegel auf Sicherheitsbedenken hin. Kryptowährungen seien im Wesentlichen Software, und „wir alle wissen, dass Software oft Bugs und andere Schwachstellen aufweisen kann“, so der SNB-Chef. Diese technischen Risiken machen sie aus Sicht der Nationalbank als Reservewährung ungeeignet.
Kryptowährungen bleiben ein Nischenphänomen
Schlegel betonte zudem, dass es nicht die Aufgabe der SNB sei, Kryptoanlagen anzubieten. Sollten Banken dies tun, sei das vor allem eine regulatorische Frage. Er wies darauf hin, dass die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen mit rund 2 Billionen Franken im Vergleich zum globalen Finanzsystem immer noch relativ gering sei. „Wir sprechen also immer noch von einem Nischenphänomen“, resümierte er.
Auf die Frage, ob die SNB als Hüterin des Schweizer Frankens Konkurrenz durch Kryptowährungen fürchte, antwortete Schlegel gelassen. Währungen stünden seit jeher im Wettbewerb zueinander, und der Franken sei derzeit begehrter denn je. „Wir fürchten die Konkurrenz durch die Kryptowährungen nicht“, so sein Fazit.
Initiative will Debatte anstoßen
Hinter der Forderung, die SNB solle Bitcoin kaufen, steht eine Initiative, die im Dezember 2023 lanciert wurde. Sie verlangt, dass die Nationalbank einen Teil ihrer Währungsreserven in Gold und Bitcoin halten soll. Der genaue Anteil an Bitcoin ist im Initiativtext nicht festgelegt. Die Initiative wird von einer Gruppe um den Westschweizer Internetpionier und Autor Yves Bennaïm unterstützt. Bennaïm erklärte gegenüber der „NZZ am Sonntag“, dass es primär darum gehe, eine Debatte über die Rolle von Kryptowährungen in der Schweiz anzustoßen.
Die Sammelfrist für das Volksbegehren „Für eine finanziell starke, souveräne und verantwortungsvolle Schweiz (Bitcoin-Initiative)“ läuft bis Ende Juni 2026. Ob die Initiative genügend Unterstützung findet, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass die SNB unter der Führung von Martin Schlegel vorerst keine Pläne hat, Bitcoin in ihre Reserven aufzunehmen.