1. Sprachenlandschaft
Die Schweiz ist ein offiziell mehrsprachiges Land. Zwei Drittel der Bevölkerung ab 15 Jahren sprechen regelmässig mehr als eine Sprache. Am häufigsten ist Deutsch/Schweizerdeutsch (61 %), gefolgt von Französisch (23 %), Italienisch (8 %) und Rätoromanisch (0,5 %). Auffällig ist die zunehmende Bedeutung von Nichtlandessprachen wie Englisch (6 % als Hauptsprache), aber auch Albanisch, Portugiesisch und Spanisch sind präsent.
Seit 2010 dürfen bis zu drei Hauptsprachen angegeben werden. Seither steigt der Anteil an Personen mit Nichtlandessprachen als Hauptsprache, insbesondere Englisch (+2 Prozentpunkte seit 2010), während Deutsch/Schweizerdeutsch leicht rückläufig ist.
2. Fremdsprachige und Sprachschwierigkeiten
12 % der ständigen Wohnbevölkerung gelten als fremdsprachig (d. h. sie nennen keine Landessprache als Hauptsprache) – das sind 4 Prozentpunkte mehr als 2010. Sprachliche Hürden treten besonders im Kontakt mit Behörden, im Gesundheitswesen, am Arbeitsplatz oder in Schulen auf. Besonders betroffen sind Menschen mit Migrationshintergrund (v. a. 1. Generation), Arbeitslose sowie Personen mit geringer Bildung.
In der französischen Schweiz werden Sprachschwierigkeiten signifikant häufiger gemeldet als in der Deutschschweiz.
3. Regelmässig verwendete Sprachen
Rund 37 % der Bevölkerung verwendet zwei, und 25 % sogar drei oder mehr Sprachen regelmässig – etwa in Familie, Medien, Freizeit oder Beruf. Englisch wird von 44 % regelmässig verwendet, damit häufiger als Französisch (35 %) oder Italienisch (14 %). Die Nichtlandessprachen mit den höchsten Nutzungsanteilen sind Spanisch, Portugiesisch, Albanisch und die BKMS-Sprachen (Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch, Serbisch).
Die Mehrsprachigkeit ist bei jungen Menschen (15–24 Jahre: 81 %) sowie bei Personen mit Migrationshintergrund (80 %) besonders ausgeprägt. Auch höher gebildete Personen weisen höhere Mehrsprachigkeitsquoten auf.
4. Sprachkompetenzen
Die Selbsteinschätzung zeigt ein insgesamt hohes Niveau an passiven und aktiven Kenntnissen in mehreren Sprachen:
- Englisch: 69 % passive, 52 % aktive gute Kenntnisse
- Deutsch (wenn nicht Hauptsprache): 43 % passive, 25 % aktive gute Kenntnisse
- Französisch: 44 % passive, 17 % aktive
- Italienisch: 31 % passive, 13 % aktive
Die Kompetenzen sind am höchsten bei Personen, die die jeweilige Sprache am Arbeitsplatz oder in Sprachkursen erlernt haben – nicht primär in der Schule. Jüngere (15–24 Jahre) sind vor allem im Englischen kompetent (65 % aktive gute Kenntnisse).
5. Sprachenlernen
2024 lernten 23 % der Bevölkerung ab 25 Jahren eine oder mehrere Sprachen:
- Englisch (32 %) ist die am häufigsten gelernte Sprache, meist für Ferien/Reisen (53 %)
- Deutsch (22 %) und Französisch (18 %) werden vorwiegend aus beruflichen Gründen (68 % bzw. 56 %) gelernt
- Spanisch und Italienisch werden überwiegend aus persönlichem Interesse oder für Freizeit erlernt
Interessant: Erwerbslose (38 %) und Migranten der ersten Generation (29 %) zeigen überdurchschnittliche Bereitschaft zum Sprachenlernen.
6. Einstellungen zur Mehrsprachigkeit
Eine klare Mehrheit der Bevölkerung (86 %) hält Kenntnisse mehrerer Landessprachen für wichtig für den nationalen Zusammenhalt. Die höchste Zustimmung zeigt sich in der italienischen Schweiz (94 %), die niedrigste in der Deutschschweiz (84 %).
Rund 77 % befürworten, dass Kinder in der Schule als erste Fremdsprache eine Landessprache lernen sollen. Die Zustimmung ist unter jungen Menschen (15–24 Jahre) am geringsten (rund 66 %).
Fazit und kritische Würdigung
Die Erhebung illustriert eindrucksvoll die Realität einer pluralistischen, mobilen und kulturell offenen Schweiz. Die Mehrsprachigkeit zeigt sich nicht nur als verfassungsrechtliches Prinzip, sondern als gelebte Praxis. Besonders das Englische hat sich faktisch als „inoffizielle fünfte Landessprache“ etabliert – mit weitreichenden Implikationen für Bildungspolitik, Integration und kulturelle Identität.
Problematisch erscheint allerdings die abnehmende Bedeutung der traditionellen Landessprachen als Fremdsprachen, insbesondere in der jungen Generation. Dies könnte langfristig zu einem Verlust des sprachlich-kulturellen Zusammenhalts führen, den die Bevölkerung selbst als zentral erachtet. Hier ist die Bildungs- und Kulturpolitik gefordert, frühzeitig steuernd einzugreifen, etwa durch die Stärkung des interregionalen Schüleraustauschs oder gezielte Sprachförderprogramme.