Der Absturz des US-Dollars – rund zehn Prozent seit Jahresbeginn – trifft Portfolios europäischer Anleger vor allem deshalb hart, weil ein Großteil gängiger Welt- und Themenindizes von US-Titeln dominiert wird. Wer etwa den MSCI World, S&P 500 oder NASDAQ-100 im Depot hält, trägt zwangsläufig ein erhebliches Dollarrisiko: Bleiben die Aktienkurse stabil, mindert allein die Währungsabwertung die Euro-Rendite. Gleiches gilt für Dollar-anleihen, Rohstoffe wie Öl oder Gold und jede andere in der US-Währung notierte Anlage.
Die Prognosen der Devisenanalysten sind mehrheitlich weiter dollarskeptisch (Spannweite bis EUR = 1,30 USD), zugleich aber notorisch unsicher – noch zum Jahresanfang erwarteten viele das Gegenteil. Anleger sollten das Währungsrisiko deshalb nicht unterschätzen, es aber auch nicht überschätzen: Eine tiefe US-Rezession, die den Dollar drückt, würde vermutlich zugleich die Kurse vieler Dollar-Assets belasten, sodass die Währungsseite nur ein Teil des Problems wäre.
Absicherungsinstrumente und ihre Fallstricke
• Währungsgesicherte ETFs (hedged) – Sie nutzen Terminkontrakte, um Dollar-Risiken monatlich zu neutralisieren. Kurzfristig funktioniert das gut: 2025 liegt ein gehedgter MSCI World rund sieben Prozentpunkte vor der ungehedgten Variante. Langfristig jedoch frisst die Absicherungsprämie Rendite; über zehn Jahre hat der gehedgte Weltindex rund 30 Prozentpunkte weniger erzielt, weil Euro-Anleger von der zwischenzeitlichen Dollarstärke nicht mehr profitieren konnten. Fazit: sinnvoll für Investoren mit kurzem Anlagehorizont oder niedrigster Risikotoleranz, weniger für Langfriststrategen.
• Quanto-Zertifikate – Bei Indizes oder Rohstoffen ohne günstigen Hedge-ETF kann ein Quanto-Zertifikat helfen: Der Emittent fixiert den Umrechnungskurs bei Kauf und trägt das Währungsrisiko. Doch die Kosten sind hoch (etwa 1 % p. a. bei einjähriger Haltedauer, selbst bei langem Halten noch deutlich über ETF-Gebühren) und es besteht Emittentenrisiko. Nur eine Option, wenn kein alternatives Vehikel existiert und der Anleger das zusätzliche Risiko akzeptiert.
• Termingeschäfte/Optionen – Profis können Call-Optionen auf EUR/USD kaufen und so Verluste kompensieren. Realistisch abgesicherte Strikes nahe dem aktuellen Kurs verteuern die Police: rund 1,7–1,8 % der abgesicherten Summe bis Jahresende. Wer nur Teilrisiken hedgt oder falsche Laufzeiten wählt, verpufft die Wirkung. Für Privatanleger ohne Derivateerfahrung ist das Instrument ungeeignet.
Strategische Alternativen
Die schlichteste Absicherung bleibt, den US-Gewichtsanteil zu reduzieren oder Einnahmen und Ausgaben währungskongruent zu strukturieren. Eine partielle Hedge-Quote (z. B. 30-50 %) kann Kompromisse aus Schutz und Kosten bieten. Wer langfristig an die Produktivität der US-Wirtschaft glaubt, kann das Wechselkursrisiko bewusst tragen – der Aufwertungstrend der vergangenen zwei Jahrzehnte hat Euro-Investoren schließlich auch erhebliche Zusatzrenditen beschert.
Kritische Einordnung
Hedging ist keine Rendite-Magie, sondern eine Versicherung: Es kostet laufend Geld und nimmt die Chance auf positive Währungseffekte. Zudem fällt der Devisenschutz im Crash-Szenario nur dann ins Gewicht, wenn die Wertverluste der Basisanlagen nicht dominieren. Anleger sollten daher zuerst die Portfoliostruktur, den Anlagehorizont und die persönliche Risikotragfähigkeit analysieren. Wer kurzfristige Euro-Liquidität sichern muss, greift zu gehedgten Vehikeln; wer Vermögen über Jahrzehnte aufbaut, fährt oft besser, die unvermeidbaren Devisenwellen auszuhalten statt teuer dagegen anzukämpfen.
Langfristig betrachtet gleichen sich Wechselkursbewegungen häufig in Zyklen von fünf bis zehn Jahren aus, weil sich Handelsströme, Zinsdifferenzen und Geldpolitik wieder an die fundamentale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften annähern. Für einen Anleger, der über Jahrzehnte systematisch spart, wirken diese Wellen daher eher wie Schwankungen um einen Mittelwert, während die reale Wertschöpfung der Unternehmen – also Gewinnwachstum, Innovation und Produktivitätsfortschritte – den Haupttreiber der Gesamtrendite bildet. Die regelmäßigen Hedging-Kosten kumulieren sich hingegen arithmetisch und mindern den Zinseszinseffekt, was in vielen Langfriststudien zu einer deutlichen Unterperformance gehedgter gegenüber ungehedgter Weltportfolios führt. Wer also einen disziplinierten Anlageplan verfolgt, breit diversifiziert investiert und keine unmittelbar planbaren Euro-Verpflichtungen bedienen muss, erzielt statistisch häufiger eine höhere reale Rendite, wenn er Währungsschwankungen schlicht toleriert und die frei werdenden Mittel lieber in zusätzliche Anteile reinvestiert.
Aus Sicht einer mehrdekadischen Vermögensplanung verliert das Wechselkursrisiko an relativer Bedeutung – aber es verschwindet nicht völlig. Drei Faktoren sind entscheidend:
Erstens: Mean Reversion der Leitwährungen. Zwischen Euro und Dollar gab es seit 1973 mehrere 30- bis 50-prozentige Ausschläge in beide Richtungen, doch langfristig pendelte der Kurs immer wieder um die Kaufkraftparität. Wer über 20 – 40 Jahre investiert, erlebt zwar mehrere solcher Wellen, doch sie heben sich tendenziell auf. Das erklärt, warum Weltportfolios ohne Währungsabsicherung in fast allen Langfriststudien kaum schlechter und häufig besser abschneiden als gehedgte Varianten.
Zweitens: Dominanz der Ertragskomponente. Die Gesamtrendite von Aktien wird auf lange Sicht zu rund drei Vierteln durch Gewinnwachstum und Dividenden bestimmt, nicht durch Wechselkurse. Selbst eine kumulierte Dollar-Abwertung von 20 % würde bei einem realen Aktienwertzuwachs von 600 % über 30 Jahre nur etwa ein Drittel des Zinseszinseffekts kosten – weit weniger als die permanenten Hedgegebühren und die entgangenen Chancen bei Dollaraufwertungen.
Drittens: Kosten des Dauer-Hedgings. Eine jährliche Absicherungsprämie von beispielsweise 0,3 % klingt gering, summiert sich aber bei 30 Jahren auf fast 9 % des Endvermögens (ohne Zinseszinseffekt sogar 12 %). Hinzu kommt das – wenn auch kleine – Gegenparteirisiko der Derivate. Wer einen langen Atem hat, bezahlt damit für eine Stabilität, die er statistisch gesehen gar nicht braucht.
Fazit: Für Anleger mit einem Horizont von zwei bis vier Jahrzehnten, die keine klar terminiertem Euro-Verbindlichkeiten (etwa einen in Euro finanzierten Ruhestand im Ausland) haben, sind Schwankungen im Euro-Dollar-Kurs primär Buchvolatilität. Die größere Hebelwirkung liegt in regelmäßigen Sparraten, niedrigen Kosten und disziplinierter Asset-Allokation. Ein Verzicht auf Dauer-Hedging setzt zwar gelassene Nerven voraus, eröffnet langfristig jedoch die höhere Ertragschance – ganz im Sinne der viel zitierten „Prämie des Aushaltens“.