Stromsteuersenkung und weiteren Entlastungsmaßnahmen für Privathaushalte

Die vorliegende Dokumentation ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur geplanten Stromsteuersenkung und weiteren Entlastungsmaßnahmen für Privathaushalte und die Wirtschaft (Drucksache 21/1408). Die Anfrage thematisiert die Diskrepanz zwischen im Koalitionsvertrag und -ausschuss vereinbarten Versprechen zur Senkung der Stromkosten und der aktuellen politischen Realität, in der eine vollständige Stromsteuersenkung für Privathaushalte vorerst nicht umgesetzt werden soll.

1. Zur angekündigten Entlastung von 150 Euro pro Haushalt

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte eine Entlastung von 150 Euro pro Haushalt angekündigt. Diese setzt sich jedoch nicht ausschließlich aus einer Stromsteuersenkung zusammen, sondern ergibt sich aus einer Kombination aus Strom- und Gaspreisentlastungen.

  • Strompreisentlastung: Im Koalitionsausschuss wurde eine Entlastung bei den Stromkosten von bis zu 3 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) beschlossen. Bei einem durchschnittlichen Haushaltsstromverbrauch von 3.500 kWh/Jahr entspricht dies einer Entlastung von bis zu 105 Euro pro Jahr.
  • Gaspreisentlastung: Ab 2026 soll die Gasspeicherumlage entfallen, was eine Entlastung von 0,289 ct/kWh bei Erdgas bedeutet. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 12.000 bis 20.000 kWh/Jahr ergibt dies eine Ersparnis von 34,68 bis 57,80 Euro pro Jahr.
  • Gesamtentlastung: Für Haushalte mit Gasheizung ergibt sich so eine Gesamtentlastung zwischen 140 und 160 Euro, wodurch die angekündigte Größenordnung von 150 Euro erreicht wird.

Die Entlastung hängt jedoch stark vom individuellen Verbrauch, der Heiztechnik und der Netzregion ab.

2. Annahmen zur Haushaltsgröße und Verbrauch

  • Stromverbrauch: Als Durchschnittswert werden 3.500 kWh/Jahr zugrunde gelegt (Bundesnetzagentur, BDEW). Vergleichsportale gehen bei einem Vierpersonenhaushalt jedoch von 4.250 kWh/Jahr aus.
  • Gasverbrauch: Der BDEW nimmt für ein Einfamilienhaus 20.000 kWh/Jahr an, während Vergleichsportale bei 100 m² Wohnfläche 12.000 kWh/Jahr veranschlagen.

3. Nachsteuerung und Kommunikation

Falls die versprochene Entlastung von 150 Euro nicht für alle Haushalte erreicht wird, will die Bundesregierung nach Bewertung der Wirkung der Maßnahmen über mögliche Nachsteuerungen entscheiden. Eine Korrektur der öffentlichen Kommunikation wird derzeit nicht angekündigt.

4. Prüfung einer schrittweisen Stromsteuersenkung

Eine teilweise Absenkung der Stromsteuer wurde geprüft:

  • Auf 1,5 ct/kWh: Entlastung von 19,25 Euro/Jahr (1,60 €/Monat)
  • Auf 1,0 ct/kWh: Entlastung von 36,75 Euro/Jahr (3,06 €/Monat)

Diese Beträge beziehen sich auf einen Jahresverbrauch von 3.500 kWh. Die aktuelle Maßnahme (bis zu 3 ct/kWh) wirkt indirekt über Netzentgeltzuschüsse, nicht über eine formale Senkung des Steuersatzes.

5. Alternative Entlastungsmechanismen

  • Direktauszahlungen kommen nur infrage, wenn der Gesetzgeber dies explizit beschließt. Derzeit ist dies nicht vorgesehen.
  • Andere Kompensationsmaßnahmen wurden nicht weiter verfolgt, da sich die Regierung zunächst an den im Koalitionsvertrag festgelegten Maßnahmen orientiert.

6. Informationsweitergabe an den Bundestag

Die Berechnungen wurden im Juli 2025 im Rahmen einer schriftlichen Kleinen Anfrage (Frage Nr. 7/149) an die Bundesregierung übermittelt. Eine detaillierte Aufklärung der Fraktionen als Haushaltsgesetzgeber erfolgte damit formell, aber nicht proaktiv.

7. Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

  • KMU profitieren mittelbar von den Entlastungen, insbesondere durch:
  • Den Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten, der auch Verteilnetznutzer entlastet.
  • Die Übernahme der EEG-Umlagekosten durch den Bundeshaushalt, die aktuell eine Entlastung von rund 5 ct/kWh bedeutet.
  • Eine gezielte, direkte Entlastung von KMU ist nicht geplant, da sie bereits über bestehende Regelungen erfasst werden.

8. Zusammensetzung der Gesamtentlastung (ca. 13 Mrd. Euro)

  • 50 % (ca. 6,5 Mrd. €): Senkung der Netzkosten (Zuschuss zu Übertragungsnetzentgelten)
  • 25 % (ca. 3,25 Mrd. €): Abschaffung der Gasspeicherumlage
  • 25 % (ca. 3,25 Mrd. €): Verstetigung der Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft

9. Entlastung nach Heiztechnik

  • Gasheizung: Siehe Punkt 1 – kombinierte Entlastung aus Strom und Gas (140–160 €/Jahr).
  • Wärmepumpe: Profitiert von der Strompreissenkung um bis zu 3 ct/kWh. Die tatsächliche Ersparnis hängt stark vom individuellen Stromverbrauch ab (abhängig von Gebäudedämmung, Heizverhalten, etc.).
  • Anschluss an ein Wärmenetz: Entlastung möglich, wenn das Wärmenetz gasbasiert ist (durch Abschaffung der Gasspeicherumlage). Bei anderen Technologien (z. B. Fernwärme aus Abwärme oder erneuerbaren Quellen) liegen keine allgemeinen Schätzungen vor.

10. Regionale Unterschiede bei der Netzentgeltentlastung

Die Entlastung durch den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten ist nicht bundesweit einheitlich, da sie von der Netzanbindung und dem Strombezug aus dem Übertragungsnetz abhängt.

Beispielhafte Entlastung für Haushaltskunden (in ct/kWh):

VerteilnetzbetreiberEntlastung (ct/kWh)
Avacon (Nordwest)-2,58
Hamburger Energienetze (Norden)-2,38
Bayernwerk (Süd, hohe Netzentnahme)-1,36
SWM (Süden)-1,48
E.DIS (Nordost, viel dezentrale Einspeisung)-1,27
  • Bundesweiter Durchschnitt: Bei einem Zuschuss von 6,5 Mrd. € wird mit einer Entlastung von ca. 2 ct/kWh gerechnet (bei einem aktuellen Netzentgelt von etwa 11 ct/kWh).

11. Geplante Stromsteuersenkung für Unternehmen

  • Die Regelung nach § 9b StromStG wird verstetigt, d. h. die seit 2024 geltende Erhöhung des Entlastungssatzes von 5,13 auf 20,00 €/MWh bleibt auch ab 2026 bestehen.
  • Dadurch zahlen betroffene Unternehmen (produzierendes Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft) nur noch den EU-Mindeststeuersatz von 0,50 €/MWh.
  • Ziel ist Planungs- und Investitionssicherheit.
  • Der begünstigte Kreis, die Haushaltskosten und der administrative Aufwand bleiben unverändert.

12. Kritik an der Maßnahmenkombination: Gasspeicherumlage vs. Stromentlastung

Die Grünen-Fraktion kritisiert, dass die Entlastung im Stromsektor („fast halbiert“) geringer ausfällt als die im Gasbereich, obwohl der Stromsektor (Gebäude, Mobilität) eine stärkere Förderung für die Energiewende benötige.

Die Bundesregierung hält dagegen:

  • Die Strompreissenkung um bis zu 3 ct/kWh stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Strom gegenüber Gas im Gebäudesektor.
  • Im Mobilitätssektor spielt Gas keine große Rolle – die Elektrifizierung wird also indirekt unterstützt.
  • Weitere Maßnahmen zur Zielerreichung im Klimaschutz sollen im Klimaschutzbericht dargestellt werden.

13. Fehlende Erreichung des Koalitionsversprechens von 5 ct/kWh

Auf Seite 30 des Koalitionsvertrags wurde eine dauerhafte Senkung der Strompreise um mindestens 5 ct/kWh für alle Verbraucher versprochen.

  • Tatsächliche Entlastung: Bis zu 3 ct/kWh durch Netzentgeltzuschüsse.
  • Zusätzliche Entlastung: Die Übernahme der EEG-Kosten durch den Bundeshaushalt bringt weitere ca. 5 ct/kWh.
  • Differenz: Die direkte, gezielte Strompreissenkung bleibt 2 ct unter dem versprochenen Niveau.

Die Bundesregierung verweist darauf, dass die endgültige Höhe der Entlastung von vielen Faktoren abhängt. Weitere Maßnahmen hängen von der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln ab.

Für Unternehmen, die nicht anderweitig entlastet werden, ist der Industriestrompreis vorgesehen, der auf dem neuen Clean Industrial Deal State Aid Framework (CISAF) basiert. Zudem wird die Erweiterung und Verlängerung der beihilfefähigen Sektorenliste über 2030 hinaus angestrebt.

Fazit

Die Bundesregierung setzt auf eine kombinierte Entlastungsstrategie, die aus:

  • Netzentgeltzuschüssen (für alle Stromkunden),
  • Abschaffung der Gasspeicherumlage (für Gasverbraucher),
  • Fortsetzung der EEG-Kostenübernahme (für alle),
  • und der Verstetigung der Stromsteuerentlastung für energieintensive Unternehmen

besteht.

Eine direkte, flächendeckende Senkung der Stromsteuer für Privathaushalte ist nicht geplant. Die versprochene Entlastung von 150 Euro pro Haushalt wird durch die Kombination aus Strom- und Gasmaßnahmen erreicht, wobei Haushalte ohne Gasheizung weniger profitieren.

Die Maßnahmen treten ab 1. Januar 2026 in Kraft. Die Bundesregierung behält sich vor, je nach Wirkung und finanzieller Lage weitere Schritte zu prüfen.


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