Dieser Beitrag analysiert die wichtigsten Markttrends, wirtschaftlichen Indikatoren und politischen Entwicklungen, die sich auf die globale Wirtschaft auswirken, mit besonderem Fokus auf die USA. Es beleuchtet die Auswirkungen des verabschiedeten Steuergesetzes von Trump, die anhaltende Debatte um Zölle und ihre Auswirkungen auf Unternehmen und Verbraucher sowie die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt und im Investmentbereich.
Zusammenfassung des Marktberichts
Am Dienstag schlossen die US-Aktienmärkte uneinheitlich. Der Dow Jones konnte mit einem Plus von 0,91 % ein 4½-Monats-Hoch erreichen, während der S&P 500 leicht um 0,11 % und der Nasdaq 100 deutlich um 0,89 % nachgaben. Belastend wirkten insbesondere steigende Anleiherenditen, die auf starke US-Konjunkturdaten und eine restriktivere Zinspolitik der Fed zurückzuführen sind. Der 10-jährige US-Treasury-Rendite stieg um 2 Basispunkte auf 4,248 %.
Politisch-ökonomische Rahmenbedingungen
Die Märkte beobachten gespannt die Entwicklungen rund um Präsident Trumps Steuer- und Ausgabenpaket, das am Dienstag den Senat knapp passierte (51–50 Stimmen) und nun dem Repräsentantenhaus zur Abstimmung vorliegt. Dieses Gesetz beinhaltet eine Anhebung der Schuldenobergrenze und soll einen Zahlungsausfall der US-Regierung verhindern. Das Congressional Budget Office prognostiziert jedoch ein dadurch ausgelöstes Defizitwachstum von 3,3 Billionen US-Dollar über das nächste Jahrzehnt, was sich negativ auf den US-Dollar auswirkte.
Konjunkturdaten und Zinspolitik
Die US-Konjunkturdaten überraschten positiv: Der ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe stieg auf 49,0 Punkte (erwartet: 48,8), und auch die Arbeitsmarktdaten (JOLTS) zeigten mit 7,77 Mio. offenen Stellen eine solide Nachfrage. Diese Entwicklungen ließen Spekulationen auf baldige Zinssenkungen durch die Fed schwinden. Fed-Chef Powell zeigte sich abwartend und verwies auf mögliche inflationäre Effekte kommender Zollmaßnahmen.
Ausblick und Erwartungen
Die Berichtssaison beginnt in Kürze, wobei lediglich sechs der elf S&P-500-Sektoren Gewinnwachstum aufweisen dürften. Prognostiziert wird ein moderates Gewinnplus von 2,8 % gegenüber dem Vorjahr – der geringste Zuwachs seit zwei Jahren. Wichtige Wirtschaftsdaten stehen in den kommenden Tagen an, darunter der ADP-Arbeitsmarktbericht, die Non-Farm Payrolls, die Arbeitslosenquote sowie Daten zu Fabrikaufträgen und zum Dienstleistungssektor.
Internationale Märkte und Wirtschaft
Auch international waren die Märkte gemischt: Der Euro Stoxx 50 verlor 0,39 %, während Chinas Shanghai Composite um 0,39 % zulegte. Japans Nikkei hingegen gab um 1,24 % nach. Die Stimmung wurde durch positive Konjunkturdaten aus China (PMI bei 50,4) gestützt. In der Eurozone zeigte sich die Inflation stabil (CPI 2,0 %), wobei die EZB-Inflationserwartungen leicht nachgaben.
Einzelaktien im Fokus
Tesla fiel um über 5 %, nachdem Trump drohte, Subventionen für Musk-Unternehmen zu streichen. Auch Halbleiterwerte wie AMD, Nvidia und Broadcom verloren deutlich. Unternehmen aus dem Bereich Diabetesversorgung gerieten ebenfalls unter Druck nach geplanten Kürzungen bei der Erstattung. Hingegen profitierten Macau-Casino-Aktien stark von überraschend guten Umsätzen (+19 % im Jahresvergleich). Packaging Corp. of America (+7 %) und Ryder System (+6 %) legten nach Übernahmen und Analysten-Upgrades zu.
Kritische Bewertung
Der Bericht legt ein zentrales Spannungsfeld offen: Einerseits stehen positive Konjunkturdaten, andererseits die geld- und fiskalpolitischen Herausforderungen, insbesondere das Defizitwachstum durch Trumps Ausgabenpläne. Die Reaktion der Märkte – gemischt mit deutlichen Sektorverschiebungen – reflektiert Unsicherheit. Besonders kritisch zu sehen ist die Schwäche im Technologiesektor, da dieser lange der Haupttreiber der Aktienrallye war. Die restriktive Fed-Politik in Verbindung mit fiskalischem Populismus birgt das Risiko einer sich verschärfenden Schere zwischen Inflationserwartungen und Wirtschaftswachstum – ein heikles Gleichgewicht, das durch geopolitische Spannungen weiter destabilisiert werden könnte.
I. Trumps Haushaltsgesetz und seine Auswirkungen
A. Inhalt und Verabschiedung des „One Big Beautiful Bill“: Das umstrittene Haushaltsgesetz von Präsident Trump, von einigen als „One Big Beautiful Bill“ bezeichnet, ist ein zentrales Thema. Es beinhaltet:
- 4,5 Billionen Dollar an Steuersenkungen: Diese sollen Unternehmen und Haushalte entlasten, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen.
- 1,2 Billionen Dollar an Ausgabenkürzungen: Die genauen Bereiche der Kürzungen werden nicht detailliert genannt, aber sie zielen darauf ab, das Haushaltsdefizit zu beeinflussen.
- Knappe Verabschiedung im Senat: Das Gesetz wurde mit einer knappen 51:50-Stimme im Senat verabschiedet und geht nun an das Repräsentantenhaus zurück. Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses, äußerte die Absicht, das Gesetz bis zum 4. Juli zu verabschieden.
B. Fiskalische Auswirkungen und Investorenstimmung:
- Zunahme des US-Defizits: Das Gesetz wird voraussichtlich das US-Haushaltsdefizit weiter erhöhen, was bei Fiskalexperten („fiscal hawks“) Bedenken hervorruft.
- Optimismus bei Small-Caps: Trotz der Bedenken über das Defizit sehen Small-Cap-Investoren „Gelegenheiten“. Es wird erwartet, dass das Gesetz inländische Small-Cap-Unternehmen durch niedrigere Körperschaftsteuersätze überproportional begünstigen wird. Dies hat zu einer deutlichen Outperformance des Russell 2000 gegenüber dem S&P 500 geführt.
- Markterwartungen an eine „Small-Cap Renaissance“: Der Markt scheint eine potenzielle Wiederbelebung der Small-Cap-Werte einzupreisen, was eine überfällige Rotation von Large-Caps zu Small- und Mid-Caps signalisiert.
- Veränderte Liquiditätsperspektiven: Kurzfristig könnte das Gesetz zu einem „leichten Gegenwind“ für die Liquidität führen. Da die Schuldengrenze aufgehoben wird, muss das Finanzministerium seine Treasury General Account (TGA) wieder auffüllen, was Liquidität aus dem Markt ziehen könnte.
C. Politische Dimensionen und Präzedenzfälle:
- Deregulierungsbestrebungen: Das Gesetz wird als Teil einer umfassenderen Deregulierungsinitiative gesehen, die sich insbesondere auf den Finanzsektor auswirkt.
- Präsident Trumps Rhetorik und Einfluss: Trump nutzt die Verabschiedung des Gesetzes als Erfolg und kommentiert, dass er nicht beabsichtigt, die Zollaussetzung über den 9. Juli hinaus zu verlängern. Er droht sogar damit, Subventionen für Unternehmen wie Tesla zurückzuziehen, die sich gegen sein Gesetz aussprechen, obwohl Experten betonen, dass solche Bestimmungen rechtlich festgeschrieben sind und nicht einfach entzogen werden können.
II. Wirtschaftliche Indikatoren und Zentralbankpolitik
A. Robuster Arbeitsmarkt:
- Unerwarteter Anstieg der Stellenangebote: Der „JOLTS Report“ zeigte einen unerwarteten Anstieg der Stellenangebote im Mai, während die Entlassungen unerwartet zurückgingen. Dies deutet auf eine weiterhin robuste Arbeitsmarktlage hin.
- Niedrige Arbeitslosenquote: Die Arbeitslosenquote liegt bei 4,2 %, was als „Vollbeschäftigung“ betrachtet wird.
- Auswirkungen auf die Zinspolitik der Fed: Die Stärke des Arbeitsmarktes verringert den Druck auf die Federal Reserve, die Zinsen bald zu senken. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell schloss eine Zinssenkung im Juli nicht aus, betonte aber, dass dies von den Daten abhängt.
B. Inflations- und Zinsprognosen:
- Inflation nahe 2 %: Die Headline-Inflation liegt bei 2,3 %, die Kerninflation bei 2,7 %, was nahe am 2 %-Ziel der Fed liegt.
- Steigende Renditen, insbesondere am kurzen Ende: Die Anleiherenditen sind gestiegen, insbesondere am kurzen Ende der Kurve, was darauf hindeutet, dass der Markt weniger Zinssenkungen erwartet.
- Widerstandsfähigkeit der Märkte: Die Märkte zeigen sich trotz einiger „nagging concerns“ (z.B. Haushaltsdefizit) „hartnäckig widerstandsfähig“, was die Notwendigkeit von Zinssenkungen in Frage stellt.
C. Verbraucherverhalten und Branchenauswirkungen:
- Stärke der Verbraucherausgaben: Trotz einiger Bedenken hinsichtlich der „consumer spending fatigue“ (Ermüdung der Verbraucherausgaben) wird erwartet, dass die Verbraucher aufgrund der starken Arbeitsmarktzahlen weiterhin ausgeben werden, insbesondere in diskretionären Bereichen wie Bekleidung.
- Auswirkungen von Zöllen auf Unternehmen und Verbraucher: Zölle werden als Hauptgrund für die Vorsicht bei Unternehmen und die potenziellen Preiserhöhungen im zweiten Halbjahr gesehen. Dies betrifft besonders importierte Waren.
- Discounter und Value-Retailer profitieren: In einem Umfeld, in dem Rabatte der größte Kaufanreiz sind, werden Wertanbieter wie Old Navy und Off-Price-Händler voraussichtlich weiterhin Marktanteile gewinnen.
III. Marktdynamik und Sektoranalyse
A. Rotation von Large-Caps zu Small- und Mid-Caps:
- Verschiebung im Portfolio: Es gibt eine „erstaunliche Rotation“ aus „High Multiple Large-Cap Stocks“ wie NVIDIA, Tesla und Netflix hin zu zyklischen und Mid-Cap-Werten im diskretionären Bereich.
- Gründe für die Outperformance von Small-Caps: Die Erwartung, dass das neue Steuergesetz die Körperschaftsteuersätze senkt, kommt kleineren, inländischen Unternehmen überproportional zugute, da sie im Gegensatz zu großen Unternehmen nicht über die gleiche „Preismacht“ oder „Moats“ verfügen, um Zölle zu umgehen oder globale Lieferketten zu optimieren.
- Geringes Momentum bei Small-Caps: Obwohl es eine Outperformance gibt, wird das Momentum bei Small-Caps als nicht „massiv“ oder nachhaltig angesehen, da Investoren weiterhin große Technologieunternehmen bevorzugen.
B. Sektorspezifische Einblicke:
- Finanzwerte: Der Finanzsektor erlebt einen Aufschwung, getrieben durch Deregulierungsbestrebungen und die Ergebnisse der Fed-Stresstests, die alle großen Banken bestanden haben. Dies deutet auf mögliche Aktienrückkäufe und Dividendenerhöhungen hin. Es wird auch über mehr M&A-Aktivitäten im Bankensektor spekuliert.
- Konsumgüter & Einzelhandel: Stärke bei diskretionären Konsumgütern (z.B. Restaurantketten wie Blooming Brands). Unternehmen wie Constellation Brands (Modelo-Bier) stehen jedoch vor Herausforderungen durch geringere Verkaufszahlen und höhere Zollkosten für importiertes Aluminium.
- Automobilindustrie: Autoaktien, mit Ausnahme von Tesla, zeigen Stärke, während Tesla unter den Zollauswirkungen leidet und die Verkaufszahlen sinken.
- Technologie: Große Tech-Namen wie Tesla und Meta verzeichnen Rückgänge, was auf Gewinnmitnahmen nach hohen Bewertungen und eine Rotation aus wachstumsstarken, hoch bewerteten Aktien hindeutet.
C. IPO-Aktivität und M&A:
- Zunahme der Deal-Aktivitäten: Es gibt einen „pickup in deal activity and IPO’s“, angetrieben durch eine verstärkte Klarheit in der politischen Landschaft, auch wenn die wirtschaftlichen und unternehmerischen Fundamentaldaten noch nicht signifikant verbessert sind.
- Große IPOs: Figma, ein Design-Softwareunternehmen, hat seinen Börsengang angekündigt und könnte der größte IPO des Jahres werden, mit einer früheren Bewertung von 12,5 Milliarden Dollar. Die Tatsache, dass ein geplanter Zusammenschluss mit Adobe an Regulierungsbehörden gescheitert ist, könnte zu diesem Schritt beigetragen haben.
IV. Geopolitische Unsicherheiten und Währungsentwicklung
A. Zölle als anhaltender Unsicherheitsfaktor:
- Handelskrieg mit Japan: Präsident Trump äußerte Zweifel an einem Handelsabkommen mit Japan und betonte, dass er die Zollaussetzung über den 9. Juli hinaus nicht verlängern werde.
- Globale Auswirkungen der Zölle: Zölle bleiben ein wesentlicher „Gegenwind“ für die Weltwirtschaft und erhöhen den Druck auf das Wirtschaftswachstum.
- Wirtschaftliche Ungleichheit und Geopolitik: Die Diskussion über Zölle und „America First“-Politiken wird im breiteren Kontext der sich verschiebenden globalen Machtverhältnisse gesehen, insbesondere des Aufstiegs Chinas, der als „millennial event“ beschrieben wird, das eine Neuausrichtung der globalen Ordnung erfordert.
B. US-Dollar-Schwäche:
- Schlechteste Performance seit 1973: Der US-Dollar verzeichnete in der ersten Jahreshälfte einen Rückgang von 10,8 %, die schwächste Performance seit 1973.
- Potenzial für Stabilisierung: Eine Stabilisierung des Dollars könnte zu einer Outperformance von Aktien führen, insbesondere im internationalen Vergleich, da die Schwäche des Dollars bisher die internationalen Aktienmärkte begünstigt hat (z.B. Euro Stoxx +24 %).
V. Sozioökonomische Ungleichheit und ökonomische Messgrößen
A. Kritik an traditionellen Messgrößen:
- GDP und Ungleichheit: Experten wie Branko Milanovic (CUNY Stone Center for Economic Inequality) diskutieren, ob aktuelle Modelle zur Messung des Wirtschaftswachstums, des Fortschritts und der Ungleichheit, wie das BIP, ausreichend sind. Obwohl es „legitime Gründe“ gibt, bestimmte Messungen zu hinterfragen, sollte das BIP als Messgröße nicht aufgegeben, sondern eher überarbeitet werden, um Faktoren wie Transportkosten oder den Finanzsektor besser abzubilden.
B. Neoliberalismus und Globalisierung:
- Ende einer Ära: Es wird argumentiert, dass die Ära des Neoliberalismus und der Globalisierung, die die letzten 60-70 Jahre prägte, zu einem Ende kommt. Dies ist nicht nur eine bewusste Entscheidung, sondern eine Anpassung an die veränderte geopolitische Machtverteilung, insbesondere durch den Aufstieg Chinas.
- Vorteile für Schwellenländer: Die Periode der hohen Globalisierung war mit dem wirtschaftlichen Aufstieg asiatischer Länder verbunden, was die Annahme unterstützt, dass die Ungleichheiten und Verschiebungen tatsächlich Schwellenländer auf Kosten entwickelter Nationen begünstigen könnten.
Fazit:
Die US-Wirtschaft zeigt sich insgesamt robust, angetrieben von einem starken Arbeitsmarkt. Das verabschiedete Steuergesetz von Trump hat zu einer Verschiebung der Investitionen zugunsten von Small- und Mid-Caps geführt, obwohl die langfristigen Auswirkungen auf das Haushaltsdefizit und die Nachhaltigkeit dieses Trends noch ungewiss sind. Die anhaltende Unsicherheit bezüglich der US-Handelspolitik, insbesondere der Zölle, bleibt ein signifikanter „Gegenwind“ für Unternehmen und Verbraucher. Gleichzeitig deutet die Schwäche des US-Dollars auf eine sich wandelnde globale Wirtschaftsordnung hin, die eine Neuausrichtung der internationalen Beziehungen erfordert. Die Debatte über ökonomische Messgrößen und die Zukunft der Globalisierung unterstreicht die Komplexität der aktuellen wirtschaftlichen Landschaft.