Die wichtigste Nachricht des Tages ist die Kombination aus zwei wirtschaftspolitischen Entwicklungen, die den Finanzmarkt derzeit maßgeblich beeinflussen: das Erreichen eines neuen Rekordhochs des S&P 500 durch ein verkündetes Handelsabkommen zwischen den USA und Vietnam sowie die bevorstehende Verabschiedung eines umfassenden US-Haushalts- und Steuergesetzes. Diese Entwicklungen stehen im Zentrum der Berichterstattung und spiegeln zugleich zentrale geopolitische wie wirtschaftliche Spannungsfelder wider.
Zusammenfassung des Marktberichts
Der US-amerikanische Aktienindex S&P 500 erreichte am Mittwoch ein neues Rekordhoch, gestützt durch kräftige Kurszuwächse bei Halbleiter- und Energiewerten. Auch der Nasdaq 100 konnte zulegen (+0,73 %), während der Dow Jones leicht nachgab (-0,02 %). Die Rallye wurde durch mehrere Faktoren getrieben:
1. Treiber des Kursanstiegs:
- Halbleiterbranche: Unternehmen wie Nvidia, Texas Instruments und Applied Materials verzeichneten deutliche Kursgewinne, gestützt durch starke Nachfrage im Technologiebereich.
- Energiesektor: Ein über 3 % steigender Ölpreis unterstützte Ölproduzenten wie ConocoPhillips, Valero und Occidental Petroleum.
- Geopolitik: Präsident Trump verkündete eine neue Handelsvereinbarung mit Vietnam, was zusätzliche Impulse für den Markt lieferte.
2. Belastungsfaktoren:
- Arbeitsmarkt: Der ADP-Beschäftigungsbericht für Juni zeigte einen unerwarteten Rückgang um 33.000 Stellen – der erste seit über zwei Jahren – und verstärkte Sorgen über eine Abschwächung des Arbeitsmarktes.
- Gesundheitsbranche: Besonders dramatisch war der Einbruch bei Gesundheits- und Versicherungsaktien. Centene verlor rund 40 %, nachdem das Unternehmen seine Prognose für 2025 zurückzog. Auch UnitedHealth, Cigna, CVS und andere verzeichneten zweistellige Verluste.
3. Wirtschaftspolitik:
- Der US-Kongress diskutiert derzeit über ein von Trump initiiertes Steuer- und Ausgabengesetz, das laut dem Congressional Budget Office die Staatsverschuldung um etwa 3,3 Billionen US-Dollar erhöhen würde.
- Die Märkte rechnen derzeit nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit (23 %), dass die Fed auf ihrer Sitzung Ende Juli die Zinsen um 25 Basispunkte senken wird.
4. Makrodaten:
- Hypothekenanträge: Diese stiegen in der Vorwoche um 2,7 %, wobei sowohl Kauf- als auch Refinanzierungsanträge zulegten.
- Zinsmärkte: Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen stieg leicht auf 4,287 %, befeuert durch Inflationssorgen und die Aussicht auf höhere Staatsausgaben.
- Europa: Auch in Europa stiegen die Anleiherenditen. Die EZB signalisiert derweil Zurückhaltung bei weiteren Zinssenkungen, obwohl die Arbeitslosigkeit in der Eurozone leicht gestiegen ist.
5. Unternehmensnachrichten:
Neben Tesla, Apple und Nike, die aufgrund von Unternehmensmeldungen zulegten, gab es auch erhebliche Verluste bei Adobe (Herabstufung) und Intel (mögliche strategische Neuausrichtung mit milliardenschwerer Abschreibung).
Kritische Einordnung:
Die gegenwärtige Marktrallye scheint auf einem fragilen Fundament zu stehen. Während Tech- und Energiewerte kurzfristig Auftrieb verleihen, offenbaren die enttäuschenden Arbeitsmarktdaten und die zunehmende fiskalische Belastung durch das neue US-Gesetz strukturelle Risiken. Die Konzentration von Kursgewinnen auf wenige Sektoren und Unternehmen sowie die auffällige Schwäche bei Versicherern und dem Gesundheitswesen unterstreichen eine zunehmende Marktfragmentierung. Besonders kritisch ist der Umstand, dass das prognostizierte Gewinnwachstum im S&P 500 (nur +2,8 % im Jahresvergleich) das geringste seit zwei Jahren ist – ein Hinweis auf ein schwächeres wirtschaftliches Fundament.
Das Rekordhoch des S&P 500 wirkt daher eher wie ein symbolischer Erfolg denn als Ausdruck breiter ökonomischer Stärke.
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1. US-Wirtschaft und Märkte
- S&P 500 auf Rekordhoch: Der S&P 500 setzt seine Rallye fort und erreicht ein Rekordhoch, angetrieben durch die Ankündigung eines Handelsabkommens zwischen Präsident Trump und Vietnam.
- Arbeitsmarkt und Inflationsaussichten: Trotz positiver Aktienmärkte gibt es Bedenken hinsichtlich eines sich abschwächenden Arbeitsmarktes. Der morgige Bericht wird das langsamste Wachstum seit vier Monaten zeigen. Die Politik erwartet, dass die Kern-PCE (Personal Consumption Expenditures) bis Mitte nächsten Jahres über 3% bleiben wird, was potenzielle Zinssenkungen behindern könnte.
- Haushaltsdefizit und Anleihemärkte: Das US-Haushaltsdefizit ist ein Hauptthema. Bondhändler sind besorgt, da ein großes Defizit historisch zu einer steileren Zinskurve geführt hat, insbesondere im 10- bis 30-Jahres-Segment. Die Diskussionen über die „Big Beautiful Bill“ und ihre Auswirkungen auf das Defizit – sei es 2,8 Billionen oder 3,4 Billionen US-Dollar – sind im Gange. Dies erhöht die Besorgnis über mehr US-Anleihe-Angebot.
- Finanzsektor: Der Finanzsektor, insbesondere Banken, zeigt überraschende Stärke. Der KBW Bank Index verzeichnete einen 10-Tage-Anstieg, und bestimmte Bereiche des Finanzsektors erreichten oder näherten sich Rekordhochs. Dies wird auf eine gute Kreditlage und eine regulatorische Lockerung der Eigenkapitalanforderungen zurückgeführt, die höhere Dividendenausschüttungen ermöglichen.
- Industriewerte, Luft- und Raumfahrt/Verteidigung: Dieser Sektor zeigt sich ebenfalls stark, insbesondere in Europa aufgrund versprochener Ausgaben. In den USA gibt es Interesse an Nischen-Startups, die Technologien wie Überwachung und andere militärische Anwendungen entwickeln.
2. Fiskalpolitik und Handelsabkommen
- Trumps Steuergesetzgebung: Präsident Trumps umfassende Steuergesetzgebung, die eine permanente Verlängerung der Steuererleichterungen von 2017 in Höhe von 4,5 Billionen US-Dollar beinhaltet, wird voraussichtlich das Defizit verschärfen. Ehemaliger Kongressabgeordneter Kevin Brady betont die Ziele des Gesetzes: Sicherheit schaffen, Trumps Wahlkampfziele umsetzen und die Finanzierung der Bundesregierung reduzieren, um die Steuersenkungen auszugleichen.
- Debatte über Stimulus: Es wird die Frage aufgeworfen, ob ein solcher Stimulus angesichts des aktuellen Zustands der US-Wirtschaft notwendig ist, die zu Beginn des Jahres „the envy of the world“ war. Kritiker befürchten negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und möglicherweise das Wirtschaftswachstum.
- Internationaler Kontext: Das Vereinigte Königreich kämpft mit eigenen fiskalischen Problemen, die sich in einem Einbruch des Pfunds und steigenden Anleiherenditen äußern. Dies wird als eine Warnung für die US-Märkte gesehen, da „FISCAL CONCERNS AS WELL AS THE BUDGET BILL IN THE U.S. CONGRESS CONTINUES TO WORK ITS WAY POTENTIALLY TO THE PRESIDENT’S DESK.“
3. Kryptomarkt und Bitcoin
- Bitcoin als „King of the Market“: Trotz eines Verlusts von 300 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung in diesem Jahr bleibt Bitcoin das dominierende Krypto-Asset. Smart Allocators sehen es als den sichersten Ort, um Kapital im Kryptomarkt zu platzieren, aufgrund seiner Größe, Geschichte und Dezentralisierung sowie der zunehmenden regulatorischen Klarheit.
- Bitcoin als „Hurdle Rate“: Anthony, CEO von Professional Capital Management, argumentiert, dass Bitcoin zur neuen „Hurdle Rate“ (Mindestrendite) für eine ganze Generation von Investoren geworden ist, ähnlich wie der S&P 500 für frühere Generationen. Wenn man Bitcoin nicht schlagen kann, sollte man es kaufen.
- Volatilität als Stärke: Die Volatilität von Bitcoin wird als Stärke des Assets betrachtet, da sie in einem Portfolio die Sharpe Ratio verbessert und institutionelle Anleger dazu bringt, es als asymmetrisches Asset zu betrachten, das ihre Portfoliometriken verbessert.
- Herausforderungen und Risiken: Das Ausbleiben einer raschen Wertsteigerung wird teilweise auf Absicherungsstrategien institutioneller Anleger zurückgeführt. Die größten Risiken für Bitcoin sind ein Stopp des Gelddruckens durch die Regierung und das Ausbleiben von Investitionen durch Zentralbanken, die als „the last big pool of capital“ angesehen werden.
4. Technologische Fortschritte und KI
- KI und Arbeitsmarkt: Die Diskussionen drehen sich um die Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt. Während KI das Potenzial hat, Jobs zu schaffen, gibt es auch Bedenken hinsichtlich des Verlusts von Arbeitsplätzen, insbesondere in Einstiegspositionen. Historisch gesehen hat Technologie sowohl Arbeitsplätze vernichtet als auch geschaffen, und die Frage ist, ob KI grundlegend anders ist.
- Kosten und Geschäftsnutzen von KI: Eine Studie zeigt, dass 40% der KI-Projekte bis 2027 aufgrund steigender Kosten und unklarer Geschäftsziele eingestellt werden könnten. Viele Anbieter experimentieren, aber der eigentliche Wert wird von Unternehmen geliefert, die Agentic AI (autonom handelnde KI-Systeme) effektiv einsetzen, insbesondere im Kundenservice.
- „Customer Zero“-Ansatz: Unternehmen wie ServiceNow sind stolz darauf, ihre eigene Technologie intern zu nutzen („Customer Zero“), um Produkte zu verbessern, bevor sie an Kunden verkauft werden. Dies hilft, die Effizienz zu steigern (z.B. Reduzierung der Vorbereitungszeit für Vertriebsmeetings) und den Nutzen der KI für Kunden zu demonstrieren.
5. Branchen-Updates
- Tesla: Die Aktien von Tesla steigen trotz eines Rückgangs der Fahrzeugauslieferungen im zweiten Quartal um 13% im Jahresvergleich. Dies wird als Zeichen interpretiert, dass die Absatzflaute ihren Tiefpunkt erreicht haben könnte. Die Entfernung der EV-Steuergutschrift durch den Haushaltsentwurf könnte jedoch erhebliche Auswirkungen auf die US-Verkäufe haben, da über die Hälfte der US-Tesla-Verkäufe und 20% der Gesamtverkäufe davon profitieren.
- Adobe: Die Aktie von Adobe fällt nach einer Herabstufung, da die Wettbewerbsvorteile durch generative KI erodiert werden und das Wachstum des Free Cashflows sich voraussichtlich verlangsamen wird. Der Erfolg von Figma wird als potenzieller Konkurrent für Adobe genannt.
- E-Sports: Saudi-Arabien investiert stark in E-Sports, was das globale Wachstum und die Anerkennung als Sportart vorantreibt. Die Zukunft des E-Sports liegt in der stärkeren Einbindung von Spielern und Fans und der Monetarisierung, sowie in der Beteiligung von Regierungen, die Sport als Kulturgut betrachten.
- Centene: Der Krankenversicherer Centene erlebt einen drastischen Kursverfall von 40% nach Rückzug seiner Gewinnprognose für 2025, unter Verweis auf steigende medizinische Kosten.