Präsident Donald Trump inszeniert sich nach seinem jüngsten Friedensgipfel in Washington als der große Dealmaker, der den gordischen Knoten des Ukrainekrieges zu zerschlagen vermag. Und tatsächlich: Er hat es geschafft, Wolodymyr Selenskyj, führende europäische Politiker und indirekt auch Wladimir Putin in ein diplomatisches Format einzubinden, das seit Beginn des Krieges so nicht zustande kam. Kommentatoren von NATO-Generalsekretär Mark Rutte bis hin zu republikanischen Schwergewichten im US-Kongress überbieten sich in Superlativen, wenn sie den Gipfel als „historisch“ und als „Spielwechsler“ bezeichnen. Trump selbst betont in Interviews, er habe binnen Stunden erreicht, was andere in Jahren versäumt hätten: eine direkte Gesprächsbasis zwischen Putin und Selenskyj, flankiert von europäischen Sicherheitsgarantien.
So eindrucksvoll dieser diplomatische Vorstoß erscheinen mag, so ambivalent ist er bei näherer Betrachtung. Trumps Leitlinie „Frieden durch Stärke“ knüpft zwar an eine alte republikanische Tradition an, doch konkret bedeutet sie in diesem Fall, dass die Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichten muss. Stattdessen sollen Frankreich, Deutschland und Großbritannien die Sicherheitsarchitektur „frontloaden“, notfalls sogar mit eigenen Truppen vor Ort. Die USA hingegen ziehen eine rote Linie: keine amerikanischen Soldaten an der ukrainischen Grenze. Damit verlagert Trump die Bürde auf Europa, während Washington die Rolle des Schiedsrichters reklamiert. Für europäische Hauptstädte ist das ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bedeutet es mehr Verantwortung und ein Ende der Abhängigkeit von Washington, andererseits das Risiko, ohne volle amerikanische Rückendeckung in eine unsichere Sicherheitsarchitektur gezwungen zu werden.
Die zweite Frage betrifft die territoriale Integrität der Ukraine. In den Reaktionen wird offenkundig, dass „territoriale Swaps“ und „Flexibilität“ von Selenskyj erwartet werden. Das läuft auf ein faktisches Abtreten ukrainischer Gebiete hinaus, was zwar einen Waffenstillstand erleichtern könnte, aber die geopolitische Balance zugunsten Moskaus verschiebt. Ein Friede, der mit Landverlusten erkauft wird, ist bestenfalls ein „kalter Friede“ – fragil, jederzeit erpressbar, und womöglich nur ein Aufschub für neue Aggressionen.
Zweifellos unterscheidet sich Trumps Vorgehen radikal von dem seines Vorgängers Biden, dessen Politik vielfach als zögerlich und kraftlos kritisiert wurde. Trump setzt Tempo, zwingt die Kontrahenten zu Entscheidungen, droht mit Isolation und belohnt mit Aufmerksamkeit. Das erzeugt Handlungsdruck – aber ob es nachhaltige Lösungen schafft, ist fraglich. Ein Vertrag, der auf Putins Zusagen baut, bleibt ein Vertrag auf Treibsand.
Die politische Botschaft dieses Gipfels ist jedoch klar: Trump will der Welt beweisen, dass amerikanische Führungsmacht zurück ist. „Die USA sind wieder respektiert“, so seine Worte. Innenpolitisch sichert ihm das die Loyalität seiner Basis, außenpolitisch verschiebt es die Lasten in Richtung Europa. Ob am Ende wirklich ein „gerechter und dauerhafter Friede“ entsteht, wie es die Proklamation aus dem Weißen Haus verheißt, oder ob wir nur Zeugen eines kurzfristigen Deals werden, der Putin Zeit und Terrain verschafft, bleibt die entscheidende Frage.
Anders formuliert: Trump mag den Krieg beenden können. Doch ob er damit auch den Frieden gewinnt, ist keineswegs sicher.