Trump gegen Europas Medikamentenpolitik – „Wer amerikanische Innovation will, soll auch amerikanische Preise zahlen“

Mit scharfen Worten greift Donald Trump in einem aktuellen Bericht das europäische Gesundheitssystem an und fordert eine fundamentale Neuausrichtung internationaler Arzneimittelpolitik. Im Zentrum seiner Kritik steht der Vorwurf, Europa betreibe „Free-Riding“ auf Kosten der Vereinigten Staaten: Während amerikanische Unternehmen in Forschung und Entwicklung von Medikamenten investierten, profitierten europäische Staaten von den Resultaten – ohne sich angemessen an den Kosten zu beteiligen. Trump verlangt daher, dass europäische Länder künftig denselben Preis für US-Medikamente zahlen wie amerikanische Patienten. Um dies durchzusetzen, will er internationale Handelsabkommen nutzen – vergleichbar mit seinem früheren Vorgehen gegenüber NATO-Partnern. Sein Ziel: eine „Equalisierung“ der Arzneimittelkosten nach US-Vorbild. Nur so könne die amerikanische Innovationsführerschaft gesichert und eine drohende Abhängigkeit von China vermieden werden.

1. Wirtschaftliche Auswirkungen einer US-Strategie zur Preisangleichung

Donald Trumps Forderung, europäische Staaten über Handelsabkommen zu zwingen, denselben Preis wie US-Amerikaner für Medikamente zu zahlen, birgt erhebliche ökonomische und diplomatische Risiken.

a) Auswirkungen auf europäische Gesundheitssysteme

Viele europäische Länder betreiben ein System der kollektiven Preisverhandlung oder Preisfestsetzung, oft auf Basis von Nutzenbewertung (z. B. über das deutsche IQWiG oder das britische NICE). Diese Mechanismen sichern den breiten Zugang zu wirksamen Therapien bei gleichzeitig kontrollierten Kosten.

Ein „Aufzwingen“ von US-Preisen würde in Ländern mit staatlicher Krankenversicherung (wie Deutschland oder Frankreich) massive Mehrkosten im Gesundheitswesen verursachen. Entweder müssten die Krankenkassen Beiträge erhöhen oder bestimmte Medikamente könnten nicht mehr erstattet werden – was soziale und politische Spannungen hervorriefe.

b) Folgen für die US-Handelsbilanz

Kurzfristig könnten höhere Exporteinnahmen für US-Pharmakonzerne verbucht werden. Doch das aggressive Vorgehen könnte Vergeltungszölle, Exportverbote oder Investitionshürden seitens Europas nach sich ziehen – mit Folgen für andere US-Branchen (z. B. Automobil, Landwirtschaft).

Zudem ist fraglich, ob die erhofften Einnahmen überhaupt realisiert würden: Viele EU-Staaten könnten sich schlicht weigern, US-Produkte zu überhöhten Preisen zu kaufen, insbesondere wenn günstigere Alternativen existieren (Generika, Eigenentwicklungen, Parallelimporte).

c) Langfristige Effekte auf den Pharmastandort USA

Ein Zwang zur Preisangleichung auf US-Niveau würde internationale Spannungen vertiefen und könnte global zu einem Umdenken führen: Europa und andere Märkte könnten die Abhängigkeit von US-Pharma reduzieren und gezielt in eigene Forschung investieren – was der US-Dominanz langfristig schaden könnte.

d) Geopolitischer Kontext: China

Der Bericht warnt vor einem Innovationsvakuum, das China füllen könnte. Tatsächlich ist die chinesische Pharmaindustrie im Aufschwung – jedoch bislang vor allem in den Bereichen Generika, Wirkstoffherstellung und Biosimilars. Für echte Innovationen fehlen oft noch Transparenz und Patentschutz. Doch: Wenn sich die USA durch aggressive Politik isolieren, könnte China als günstigerer Partner wahrgenommen werden – besonders von Ländern mit restriktiven Gesundheitsbudgets.

2. Historische Entwicklung der Preisregulierung in Europa

a) Ursprung: Solidarisches Gesundheitswesen

Europäische Preisregulierung basiert auf dem Prinzip der solidarischen Gesundheitsversorgung. Medikamente gelten hier nicht als gewöhnliches Konsumgut, sondern als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Daraus ergibt sich ein politischer Auftrag zur Preisregulierung, insbesondere bei patentgeschützten Arzneimitteln.

b) Modelle in der Praxis

Europa nutzt verschiedene Modelle, darunter:

  • Externe Preisreferenzierung: Der Preis eines Medikaments wird an dem in anderen Ländern orientiert (z. B. Griechenland, Spanien).
  • Kosten-Nutzen-Bewertung: Therapien werden nur dann erstattet, wenn ihr Nutzen im Verhältnis zum Preis steht (z. B. Deutschland, UK).
  • Direkte Preisverhandlungen mit Herstellern: In vielen Ländern (etwa Frankreich oder Italien) wird nach der Zulassung mit dem Hersteller ein Preis ausgehandelt.

c) Wirkung auf Innovation

Die These, dass europäische Preisregulierung Innovationen „getötet“ habe, ist nicht belegt. Vielmehr ist der Rückgang europäischer Pharma-Investitionen in den USA teils auf:

  • Steueranreize für Forschung (z. B. Orphan Drug Act)
  • Risikokapitalverfügbarkeit
  • Größere Marktgröße bei höherem Preisniveau

zurückzuführen. Europa hingegen fördert verstärkt öffentlich-finanzierte Grundlagenforschung, was langfristig ebenso Innovation fördert – nur mit anderen Schwerpunkten (z. B. öffentliche Gesundheit, Impfstoffe, seltene Krankheiten).

Fazit

Eine Handelsstrategie, die auf aggressive Preisangleichung bei Arzneimitteln setzt, würde das transatlantische Verhältnis erheblich belasten. Sie ignoriert die kulturellen, politischen und strukturellen Unterschiede zwischen US-amerikanischer Marktlogik und europäischem Gemeinwohlprinzip. Die unterstellte Innovationsfeindlichkeit Europas ist weder differenziert betrachtet noch empirisch eindeutig belegbar.

Vielmehr müsste die Debatte um globale Arzneimittelpreise stärker auf Gerechtigkeit, Zugänglichkeit und nachhaltige Innovationsfinanzierung zielen. Es ist fraglich, ob eine Politik der ökonomischen Erpressung die globalen Gesundheitsinteressen wirklich voranbringt.


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