Manchmal wirkt Politik wie ein schlecht gespieltes Pokerspiel, bei dem einer zu lange blufft und erst dann merkt, dass die Karten auf dem Tisch längst gegen ihn sprechen. Donald Trump, der sich gern als unerschrockener Verhandler inszeniert, hat nun genau diesen Moment erlebt. Wochenlang hatte er mit seinen gigantischen Zollplänen geprahlt, hundert Prozent auf chinesische Waren, eine Zahl, die klingt wie aus dem Bauch heraus, nicht wie aus einem ökonomischen Konzept. Jetzt nennt er diese Zölle plötzlich „nicht tragbar“. Das klingt nach Einsicht, aber vielleicht ist es eher ein Eingeständnis, dass man mit markigen Sprüchen keine Wirtschaft steuern kann.
Die Kehrtwende kam überraschend, fast beiläufig in einem Interview. Trump, der sonst nie um eine provokante Formulierung verlegen ist, gab sich ungewohnt nachdenklich. Er meinte, China habe ihn dazu gezwungen, die Zölle anzukündigen. Das klingt nach der klassischen Strategie, Verantwortung weiterzureichen. Aber dahinter steckt wohl mehr: ein stilles Eingeständnis, dass selbst ein amerikanischer Präsident die Gesetze des globalen Handels nicht einfach umschreiben kann. Die Weltwirtschaft ist ein empfindliches Netz, und wer zu stark daran zieht, reißt es auf – mit Folgen für alle, auch für die eigene Bevölkerung.
In den USA wächst die Sorge, dass Trumps Zollpolitik nicht nur China schadet, sondern auch die amerikanische Industrie und Landwirtschaft trifft. Schon in früheren Handelskonflikten hatten Farmer protestiert, weil China als wichtiger Abnehmer wegfiel. Wenn jetzt wieder Zölle drohen, die keiner bezahlen kann, dann ist das kein mutiger Schutz der nationalen Wirtschaft, sondern ein Schuss ins eigene Knie. Trump scheint das endlich zu begreifen. Sein Satz „nicht tragbar“ klingt wie ein spätes Aufwachen aus einem Traum von wirtschaftlicher Allmacht.
Gleichzeitig kündigte er ein Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping an, angeblich in zwei Wochen in Südkorea. Das klingt nach Entspannung, aber es ist wohl eher der Versuch, das eigene Gesicht zu wahren. Denn Trump weiß genau, dass die Welt auf ihn schaut und jeder Rückzieher als Schwäche interpretiert werden könnte. Doch vielleicht ist genau diese Schwäche nötig, um den Konflikt wieder auf den Boden der Vernunft zu holen. Ein Gespräch ist kein Zeichen von Kapitulation, sondern von Einsicht. Und Einsicht ist selten in der großen Politik.
Sein Finanzminister Scott Bessent bemüht sich derweil um Schadensbegrenzung. Er spricht mit dem chinesischen Vizepremier He Lifeng, sie tauschen sich in langen Gesprächen aus, angeblich offen und konstruktiv. Das klingt nach Diplomatie, nach mühsamer Kleinarbeit, die eigentlich schon früher hätte beginnen sollen. Denn die Fronten sind verhärtet, das Misstrauen tief. Beide Seiten werfen sich vor, das globale Handelssystem zu sabotieren. Die USA sehen China als Planwirtschaft mit unfairen Praktiken, China sieht in den USA einen Störenfried, der mit Zöllen und Sanktionen den eigenen Machtverlust kaschieren will.
In dieser Situation mahnt die Chefin der Welthandelsorganisation zur Vernunft. Sie warnt davor, dass eine Entkopplung der beiden größten Volkswirtschaften der Erde die Weltproduktion um sieben Prozent schrumpfen lassen könnte. Das klingt nach trockener Statistik, ist aber ein dramatisches Bild. Sieben Prozent weniger Wohlstand – das bedeutet Millionen Jobs, leere Supermarktregale, teurere Produkte, weniger Zukunftschancen. Wer also glaubt, ein Handelskrieg sei ein Spiel zwischen zwei Mächten, übersieht, dass alle verlieren, auch jene, die gar nicht mitspielen wollten.
Trumps späte Erkenntnis ist deshalb mehr als ein politisches Signal. Sie ist ein Spiegel unserer Zeit, in der Lautstärke oft über Vernunft siegt. Der ehemalige Präsident merkt nun, dass man mit Parolen keine Preise stabilisiert und mit Zöllen keine Abhängigkeiten löst. Vielleicht ist es also gut, dass er innehält. Doch Vertrauen wächst nicht durch Worte, sondern durch Taten. Wenn die angekündigten Gespräche mit China tatsächlich stattfinden, könnte das ein Anfang sein. Aber bis dahin bleibt der bittere Beigeschmack, dass erst die Aussicht auf wirtschaftlichen Schmerz nötig war, um wieder vernünftig zu werden.