Kurzfassung der Bundestagsdrucksache 21/1161
Titel: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Rolle der Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter in Bezug auf die geplante Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie“
Datum: 06.08.2025
Fraktion: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
1. Kern der Anfrage
Die Grünen wollten wissen,
- welche wissenschaftlichen Studien die geplante Senkung der Umsatzsteuer für Speisen von 19 % auf 7 % (ab 1.1.2026) tragen,
- welche Rolle Interessenvertreter (DEHOGA, große Ketten, CDU/CSU-Spenden) dabei spielen,
- warum gerade die Gastronomie profitiert und ob Verbraucher*innen entlastet werden,
- wie Interessenkonflikte vermieden und Transparenz gesichert wird.
2. Wichtigste Antworten der Bundesregierung
Frage | Kurzantwort der Bundesregierung | Kritik der Grünen / Kontext |
---|---|---|
1 a/b | Keine konkrete wissenschaftliche Studie wird genannt; man „rezipiert die Debatte“ und erwartet wirtschaftliche Unterstützung – Details fehlen. | Antwort bleibt vage; keine Evidenz geliefert. |
2 | Eine Senkung passe systematisch in die Liste der ermäßigten Sätze (§ 12 UStG). | Formal korrekt, aber keine inhaltliche Begründung. |
3 | Die befristete Senkung 2020–2023 wurde im 29. Subventionsbericht erfasst; die geplante dauerhafte Senkung wird erst im 30. Bericht (Sept 2025) auftauchen. | Indirektes Eingeständnis: Es ist eine Subvention. |
4 | Gastronomie sei Teil eines breiten Entlastungspakets (Koalitionsvertrag). | Keine spezifische Branchenbegründung. |
5 | Keine weiteren Branchen mit USt-Senkung geplant. | Fokus liegt einseitig auf Gastronomie. |
6–9 | Keine Verwendungsauflagen für die Steuerersparnis; Unternehmen entscheiden selbst. | Keine Garantie für Verbraucherpreis-Senkung. |
10–12 | Gesprächsliste (siehe unten) wurde erstellt; Bayern-Kontakte zu Markus Söder gelten als Landessache, nicht Bund. | Teilweise Ausweichantwort. |
13 | Kritik von Foodwatch („Großketten profitieren“) wird nicht geteilt – keine Begründung. | Foodwatch hatte z. B. McDonald’s-Vorteil von 140 Mio € errechnet. |
14 a–d | Keine Daten zu Top-5-Systemgastronomie (2024) wegen statistischer Geheimhaltung; gesunde Ernährung sei individuelle Sache. | Keine Transparenz über Großprofiteure. |
15 | Corona-USt-Senkung wurde nur teilweise (ca. 70 % im LEH) an Kunden weitergegeben – mehr Daten fehlen. | Unklar, ob dies bei Gastronomie anders wäre. |
16–17 | Gewährleistung von Ausgewogenheit über ordentliches Gesetzgebungsverfahren, Anhörungen, Transparenzregeln und Korruptionsprävention in den Ministerien. | Klingt abstrakt – konkrete Mechanismen bleiben offen. |
18 | Plan wird festgehalten, Umsetzungszeitpunkt folgt „zu gegebener Zeit“. | Kein konkretes Datum. |
19–20 | Keine grundsätzliche USt-Reform, weil Koalitionsvertrag nur die Gastronomie-Senkung vorsieht. | Keine strukturelle Lösung für „Wunsch nach einheitlichem System“. |
3. Dokumentierte Kontakte Bundesregierung ↔ Gastronomie (Auswahl)
Datum | Bundesregierung | Gastronomie-Vertreter*in | Thema |
---|---|---|---|
02.06.2025 | Parl. Staatssekretärin Gitta Connemann | Ingrid Hartges (DEHOGA-Bund) | Tourismusgipfel, USt-Senkung |
27.05.–02.07. | Staatsminister Dr. Michael Meister (4x) | Ingrid Hartges (per E-Mail) | USt-Senkung, FAQ-Papier |
09.07.2025 | Koordinator Dr. Christoph Ploß | Robert Mangold (DEHOGA Hessen) | Koalitionsvorhaben, Bettensteuer |
4. Offene Kritikpunkte der Grünen (unbeantwortet oder unzureichend)
- Fehlende Evidenz: Keine belastbare Studie zur Wirkung der Senkung vorgelegt.
- Interessensnähe: 500 000 €-Spende an CDU und enge personelle Verflechtungen (z. B. frühere DEHOGA-Chefs in CDU-Positionen) werden nicht adressiert.
- Großkettenvorteil: Keine Daten zu Profiteuren wie McDonald’s, Burger King o. Ä.
- Verbraucherentlastung: Keine Mechanismen, dass Ersparnis an Gäste weitergegeben wird.
- Finanzierungsfrage: Offen, wie entgangene Einnahmen (Bund/Länder/Kommunen) kompensiert werden.
5. Fazit in einem Satz
Die Bundesregierung hält trotz mangelnder wissenschaftlicher Evidenz, offener Finanzierungsfragen und Vorwürfen ungleicher Verteilung an der Umsatzsteuer-Senkung für die Gastronomie fest – begründet sie aber fast ausschließlich mit dem Koalitionsvertrag und verweist auf das Standard-Gesetzgebungsverfahren zur Sicherung von Transparenz und Ausgewogenheit.