Unklare Erfolgskontrolle bei Syrienhilfen: Bundesregierung verteidigt 60-Millionen-Euro-Projekte gegen Kritik an Transparenz und Wirksamkeit

Die Drucksache 21/677 enthält die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zur Verwendung von 60 Millionen Euro deutscher Steuergelder für Hilfsprojekte in Syrien. Die Bundesregierung hatte im Dezember 2024 dieses Budget für Projekte bereitgestellt, die über UN-Organisationen und NGOs abgewickelt werden sollen. Die AfD kritisierte mangelnde Transparenz, fehlende Kontrollmechanismen und unklare Erfolgskriterien und forderte detaillierte Auskünfte zur Mittelverwendung, Partnerauswahl und Wirksamkeit der Maßnahmen.

Zentrale Inhalte der Antwort:

1. Zielsetzung der Hilfen:
Die Bundesregierung begründet die Hilfsmaßnahmen mit der Notwendigkeit, die humanitäre Lage in Syrien zu verbessern, Rückkehrperspektiven für Geflüchtete zu schaffen und den Übergang nach dem Sturz des Assad-Regimes zu unterstützen. Die Mittel stammen aus regulären Haushaltsmitteln des BMZ, ergänzt durch Umwidmungen angesichts veränderter geopolitischer Lagen.

2. Mittelverwendung:
Die 60 Mio. Euro verteilen sich u. a. auf:

  • 25 Mio. an UNICEF für Schulreparaturen und psychosoziale Betreuung
  • 19 Mio. an UNDP für Kurzzeitjobs (z. B. Trümmerbeseitigung)
  • 3 Mio. an den UN Women’s Peace and Humanitarian Fund (WPHF) für Frauenförderung
  • 6 Mio. an Arche Nova e. V. für Schulbetrieb und Kinderbetreuung
  • 7 Mio. für das KfW-Programm „Building for Peace“ zur Förderung lokaler NGOs

3. Auswahl der Partnerorganisationen:
Die Regierung betont die langjährige Zusammenarbeit mit den beteiligten Organisationen. Auswahlkriterien seien unter anderem deren operative Unabhängigkeit, außenpolitische Unbedenklichkeit und etablierte Due-Diligence-Verfahren. Konkrete Projektpartner in Syrien werden allerdings teilweise erst ermittelt (z. B. im Fall „Building for Peace“).

4. Kontroll- und Transparenzmechanismen:

  • Verpflichtung zur Einhaltung internationaler Standards (OECD, IATI, VN-Sanktionsregime)
  • Projektbegleitende Audits, Fortschritts- und Abschlussberichte
  • Risikobewertung bzgl. Missbrauch durch Assad-Regime oder extremistische Gruppen
  • Außenpolitisches Kontextmonitoring und Meldepflichten bei Unregelmäßigkeiten

5. Evaluierung und Ergebnissicherung:
Einige Projekte (z. B. UNICEF-Vorhaben) haben bis Mai 2025 noch nicht mit der Umsetzung begonnen. Die Regierung verweist auf bedarfsorientierte Planung (z. B. UN Humanitarian Needs Overview), aber verweigert zum Teil konkrete Zahlen zur Wirkung mit Verweis auf noch laufende Implementierung. Evaluierungen erfolgen nach BMZ-Richtlinien durch die Durchführungspartner.

6. Kritikpunkte seitens der Fragesteller:
Die Fragesteller monieren insbesondere:

  • fehlende Angaben zur Wirksamkeit und konkreten Ergebnissen der Maßnahmen
  • unklare Auswahlprozesse der NGOs vor Ort
  • Unsicherheiten über Zweckentfremdung in einem instabilen politischen Umfeld
  • keine detaillierten Kostenaufstellungen öffentlich einsehbar

7. Rolle der Plattform „Neuanfang für Syrien“:
Diese Plattform soll zivilgesellschaftliche Akteure, Kommunen und die Wirtschaft vernetzen. Der Beitrag zur tatsächlichen Projektinitiierung bleibt laut Regierung unabhängig von dieser Plattform und wird über reguläre Förderstrukturen abgewickelt.

Kritische Bewertung:
Die Antwort der Bundesregierung offenbart ein grundsätzlich professionelles und formal abgesichertes Verfahren zur Mittelverwendung. Gleichzeitig bleibt sie auf konkrete Wirksamkeit und messbare Ergebnisse weitgehend vage. Vor allem der Verweis auf noch nicht begonnene Umsetzungen und fehlende quantitative Resultate wirft Fragen auf, inwieweit deutsche Steuergelder derzeit effektiv eingesetzt werden. Der Kontrollapparat wirkt zwar ausgeklügelt, seine Wirksamkeit unter den spezifischen Bedingungen Syriens (politische Zersplitterung, Terrorismus, Intransparenz) bleibt jedoch schwer überprüfbar. Hier wäre eine offenere Kommunikation über Risiken und realistische Erwartungen angemessener als der teilweise technokratische Rückgriff auf Verfahren und Richtlinien.

Die Skepsis der Fragesteller gegenüber einer zu optimistisch gestimmten Außen- und Entwicklungspolitik der Bundesregierung erscheint angesichts der unsicheren Lage in Syrien nicht unbegründet. Transparenz, Erfolgskontrolle und Zweckbindung müssen besonders sorgfältig gewährleistet werden, wenn es um sensible Hilfsgelder in Konfliktzonen geht. Eine umfassendere Zwischenbilanz zu Beginn des Jahres 2026 wäre geboten.


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