US-Aktien: Weiteres Wachstum oder Vorsicht geboten?
Die US-Aktienmärkte haben seit Anfang 2024 eine beeindruckende Entwicklung genommen. Der Dow Jones Industrial Average legte um 20,6 % zu, der S&P 500 Index verzeichnete ein Wachstum von 28,9 %, und der Nasdaq kletterte sogar um 30,1 %. Diese Performance wirft jedoch die Frage auf, ob der Aufwärtstrend an seine Grenzen stößt oder ob weiteres Wachstum möglich ist. Dieser Beitrag analysiert die aktuellen Argumente für und gegen eine Fortsetzung der Rallye.
Argumente für eine vorsichtige Haltung
1. Gedämpftes Wachstum
Die Kapitalinvestitionen in den USA verzeichnen ein nachlassendes Wachstumstempo. Besonders besorgniserregend ist der sinkende operative Cashflow der Unternehmen im S&P 500, wenn man die „glorreichen Sieben“ (Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla) ausnimmt. Zudem stagnieren die Gewinnerwartungen seit April 2024, was auf eine Abschwächung der Unternehmensgewinne hindeutet.
2. Hohe Bewertungen
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 liegt aktuell bei 28 und damit über dem Fünfjahresdurchschnitt von 24 sowie dem Zehnjahresdurchschnitt von 22. Diese hohen Bewertungen werfen die Frage auf, ob die Erwartungen an das zukünftige Wachstum realistisch sind oder ob es sich um eine Überbewertung handelt, die zu Marktkorrekturen führen könnte.
3. Cashflow-Probleme
Die Unternehmen im S&P 500 setzen bereits ihren gesamten operativen Cashflow für Aktienrückkäufe, Dividenden und Investitionsverpflichtungen ein. Dies lässt kaum Spielraum für zusätzliches Wachstum und kann mittelfristig die Dynamik der Kurssteigerungen begrenzen.
4. Negative Marktreaktionen
Die aktuelle Marktsituation zeigt, dass selbst Unternehmen mit solidem Gewinn- und Umsatzwachstum an der Börse bestraft werden, wenn sie geringfügige Erwartungen verfehlen. Dies deutet auf eine zunehmende Zurückhaltung der Investoren und eine geringere Risikobereitschaft hin.
5. Umschichtungen bei institutionellen Investoren
Einige Strategen haben ihre Positionen in US-Aktien reduziert. So hat Daniel Morris von BNP Paribas Asset Management das Engagement auf „neutral“ zurückgenommen. Dies könnte auf eine breitere Bewegung hindeuten, bei der Investoren Gewinne realisieren und in weniger bewertete Märkte umschichten.
Argumente für eine Fortsetzung des Wachstums
1. Potenzial der Künstlichen Intelligenz
Die „glorreichen Sieben“ investieren massiv in KI-Technologien, was langfristig zu deutlichen Gewinnsteigerungen führen könnte. Die USA haben eine führende Rolle in diesem Bereich und könnten damit weiterhin einen Innovationsvorsprung gegenüber anderen Märkten bewahren.
2. Starkes US-Wirtschaftswachstum
Die US-Wirtschaft wächst schneller als andere Industrieländer, was den Unternehmensgewinnen zugutekommen kann. Analysten wie Jean Boivin von Blackrock sehen hierin ein solides Fundament für eine anhaltende Übergewichtung von US-Aktien.
3. Steigende Aktienrückkäufe
Ein bedeutender Kurstreiber an den US-Börsen sind die Aktienrückkäufe. Prognosen zufolge werden diese im Jahr 2025 die Marke von einer Billion US-Dollar übersteigen, was die Aktienkurse weiter stützen könnte.
4. Politische und wirtschaftliche Dynamik
Ein weiterer Faktor, der für eine anhaltend positive Entwicklung spricht, ist die politische Landschaft der USA. Strategen verweisen auf die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die das Wachstum weiter ankurbeln könnten.
Regionale Vergleiche: USA vs. Europa
Obwohl US-Aktien historisch als starker Investmentmarkt gelten, hat sich die Stimmung für europäische Aktien in den letzten Monaten verbessert. Niedrigere Bewertungen und eine Erholung der Wirtschaft könnten europäische Märkte relativ attraktiver machen, insbesondere für Investoren, die nach Diversifikation suchen.
Schlussfolgerung
Die Entwicklung der US-Aktienmärkte bleibt umstritten. Während einige Analysten weiterhin an einer positiven Entwicklung festhalten, deuten hohe Bewertungen, stagnierende Gewinne und eine abnehmende Risikobereitschaft darauf hin, dass eine gewisse Vorsicht geboten ist. Anleger sollten die Chancen durch KI-Investitionen und wirtschaftliches Wachstum gegen die Risiken von Überbewertungen und sinkenden Cashflows sorgfältig abwägen, bevor sie ihre Investmentstrategie anpassen. Die kommenden Monate werden zeigen, welche Seite mit ihrer Einschätzung richtig liegt.