Der amerikanische Arbeitsmarkt, lange Zeit das Rückgrat der Konjunktur und ein entscheidender Faktor für die Federal Reserve, zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen. Im Juli 2025 wurden lediglich 73.000 neue Stellen geschaffen – weniger als die Hälfte der von Ökonomen erwarteten 150.000 bis 170.000. Die Arbeitslosenquote verharrte zwar bei 4,2 Prozent, doch signalisiert der leichte Anstieg im Jahresvergleich, dass die Dynamik ins Stocken geraten ist. In normalen Zyklen wäre eine derart schwache Jobbilanz bereits als Warnsignal interpretiert worden. Doch die Märkte reagierten gelassener, da Unternehmensgewinne und Konsumausgaben bislang Stabilität bewiesen.
Die Geldpolitik der Federal Reserve befindet sich in einem Dilemma. Seit Dezember 2024 hat die Notenbank die Leitzinsen auf hohem Niveau stabil gehalten. Angesichts rückläufiger Verbraucherpreisinflation – der CPI lag im Juli bei 2,7 Prozent und damit leicht unter den Erwartungen – mehren sich Forderungen nach Zinssenkungen. Doch das Bild bleibt widersprüchlich: Der Produzentenpreisindex (PPI) sprang um 0,9 Prozent gegenüber dem Vormonat, der stärkste Anstieg seit drei Jahren. Dies ist nicht zuletzt eine direkte Folge der von Präsident Donald Trump im April verhängten pauschalen „reciprocal tariffs“, die eine Grundlinie von 10 Prozent auf Importe einführen. Diese handelspolitische Intervention sollte nach Trumps Lesart für Fairness sorgen, führt aber kurzfristig zu Importverteuerungen und somit zu einem inflationären Schub.
Vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, dass die Unternehmenswelt vergleichsweise robust dasteht. Die laufende Earnings-Saison zeigt zwar ein gemischtes Bild, dennoch konnten bislang rund 83 Prozent der Unternehmen die – bewusst niedrig angesetzten – Analystenerwartungen übertreffen. Während Optimisten zu Beginn von einem Gewinnwachstum von bis zu 12 Prozent für das zweite Quartal ausgegangen waren, liegt das tatsächliche Plus näher bei 1,8 bis 5 Prozent. Damit übertreffen die Ergebnisse zwar die Prognosen von 4,8 bis 6 Prozent, bleiben aber weit unter euphorischen Annahmen. Auf Jahressicht 2025 werden dennoch rund 10 Prozent Gewinnwachstum erwartet – getragen vor allem von der Tech-Branche.
An den Börsen spiegeln sich diese Ambivalenzen wider. Der S&P 500 konnte sich seit seinen Tiefständen im April – bei knapp 5.000 Punkten – um rund 29 Prozent erholen und notiert Mitte August bei etwa 6.450 Punkten. Auf Jahressicht ergibt das ein Plus von rund 9,7 Prozent. Diese Entwicklung verdeutlicht den anhaltenden Optimismus der Anleger, die weniger auf die schwachen Makrodaten als vielmehr auf die Resilienz der Unternehmensgewinne vertrauen.
Die gesamtwirtschaftlichen Indikatoren zeichnen jedoch ein zwiespältiges Bild. Während der Arbeitsmarkt enttäuscht, präsentieren sich die Einzelhandelsumsätze solide: Im Juli legten sie um 0,5 Prozent zu, mit deutlichen Zuwächsen im Automobilsektor (+1,6 Prozent). Auch die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe bleibt auf moderatem Niveau. Insgesamt deutet dies auf eine Wirtschaft hin, die zwar nicht im Boom verharrt, aber noch weit von einer Rezession entfernt ist.
Die politische Komponente darf dabei nicht unterschätzt werden. Trumps protektionistische Wirtschaftspolitik mag auf mittlere Sicht eine Stärkung der inländischen Produktion intendieren, doch kurzfristig befeuern die Zölle Preisdruck und Unsicherheit. Gleichwohl halten Investoren bislang still – nicht zuletzt, weil die Börse von den großen Tech-Giganten getragen wird, deren Gewinne weiterhin überdurchschnittlich wachsen. Entscheidend wird sein, ob der Konsum – traditionell der stärkste Motor der US-Wirtschaft – durch die Kombination aus höheren Preisen und stagnierendem Arbeitsmarkt ausgebremst wird.
Fazit: Die US-Wirtschaft befindet sich in einer fragilen Balance. Der Jobmarkt schwächelt, die Zinsfrage ist ungelöst, und Trumps Handelspolitik verstärkt die Spannungen. Dennoch bleibt der Optimismus an den Finanzmärkten bemerkenswert. Solange die Gewinne solide bleiben und die Konsumnachfrage nicht einbricht, überwiegt die Zuversicht. Doch die Risiken sind real: ein anhaltend schwacher Arbeitsmarkt, mögliche Zweitrundeneffekte der Zölle und eine Fed, die Gefahr läuft, zu lange abzuwarten.