1. Hintergrund des Konflikts
Zwischen den USA und der Schweiz war ein Handelsstreit eskaliert, nachdem die US-Regierung im August drastische Importzölle von 39 % auf Schweizer Produkte verhängt hatte. Diese Maßnahme wurde von Präsident Donald Trump mit dem hohen bilateralen Handelsdefizit begründet. Die Zölle setzten zentrale Exportbranchen der Schweiz – etwa Präzisionsmaschinen, Uhren und Schokolade – erheblich unter Druck und bedrohten deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt.
Ein misslungenes Telefonat zwischen Trump und der damaligen Schweizer Bundespräsidentin Keller-Sutter verschärfte die Situation zusätzlich, da Trump sich durch ihre Erklärungsversuche des Defizits brüskiert fühlte.
2. Verhandlungsprozess
Nach einer ersten erfolglosen diplomatischen Delegationsreise intensivierte die Schweiz ihre Bemühungen. Dabei spielten mehrere Faktoren eine Rolle:
- Lobbyarbeit großer Konzerne: Pharmaunternehmen wie Roche und Novartis sagten umfangreiche Investitionen in den USA zu.
- Wirtschaftsoffensive: Sechs Spitzenvertreter der Schweizer Wirtschaft reisten ins Weiße Haus; Medien berichten von symbolträchtigen Geschenken an Trump (u. a. eine Rolex-Uhr und ein gravierter Goldbarren).
- Direkte Gespräche: Wirtschaftsminister Parmelin führte Gespräche mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer, die schließlich den Durchbruch brachten.
3. Inhalte der Einigung
Die getroffene Vereinbarung umfasst folgende zentrale Punkte:
3.1 Maßnahmen der USA
- Senkung der Importzölle auf Schweizer Produkte von 39 % auf 15 % (EU-Niveau).
- Dies betrifft u. a. die Bereiche Pharma, Eisenbahnausrüstung, Goldverarbeitung und Fertigungsindustrien.
3.2 Verpflichtungen der Schweiz
- Reduktion eigener Zölle auf US-Produkte.
- Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse.
- Vorlage eines Plans zur Senkung des Handelsüberschusses gegenüber den USA.
- Verlagerung von Fertigungsprozessen und Investitionen in die USA, insbesondere durch Pharmakonzerne.
4. Wirtschaftliche Folgen in der Schweiz
Bereits die zweimonatige Anwendung der Rekordzölle hinterließ deutliche Spuren:
- Unternehmen standen vor der Entscheidung, höhere Kosten zu tragen oder Preissteigerungen zu riskieren.
- Ökonomen warnten vor einer Dämpfung des Schweizer Wirtschaftswachstums.
- Laut UBS-Umfrage wird ein deutlicher Rückgang des Reallohnwachstums erwartet (1,2 % → 0,5 %).
- Viele Firmen gehen von einer Stagnation der Konjunktur und steigender Arbeitslosigkeit 2026 aus.
- Besonders exportorientierte Unternehmen zeigen Pessimismus, mehr als ein Viertel rechnet mit einer Rezession.
5. Kritische Einordnung
Die Einigung beendet zwar die unmittelbare Belastung für Schweizer Exporteure, wirft jedoch mehrere Fragen auf:
- Asymmetrischer Druck: Die Schweiz musste weitgehende Zugeständnisse machen, um eine Maßnahme rückgängig zu machen, die die USA selbst erst kurzfristig eingeführt hatten.
- Politische Signalwirkung: Das Vorgehen zeigt, wie schnell wirtschaftliche Abhängigkeiten in politischen Druck umschlagen können.
- Investitionszusagen als diplomatisches Mittel: Dass Investitionen großer Konzerne in den USA zur Entspannung beitragen, verdeutlicht die enge Verzahnung von Handelspolitik und Unternehmensstrategien.
- Prekäre Grundlage: Die Einigung basiert maßgeblich auf einzelnen Treffen und persönlichen Interventionen, was langfristig keine stabile handelspolitische Grundlage garantiert.
- Binnenwirtschaftliche Belastung: Selbst eine kurze Zollperiode hat die Erwartungen an die Konjunktur massiv verschlechtert – ein Hinweis auf die Verwundbarkeit einer stark exportorientierten Volkswirtschaft.
