Verhaltene Erholung der deutschen Wirtschaft – Zwischen Stabilisierung und strukturellem Gegenwind

Die Bundesbank beschreibt in ihrem Monatsbericht Mai 2025 die konjunkturelle Lage Deutschlands zu Jahresbeginn differenziert und kritisch. Nachfolgend eine ausführliche Zusammenfassung der zentralen Aussagen:

1. Wirtschaftliche Entwicklung im ersten Quartal 2025

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs saisonbereinigt um 0,2 %, nachdem es im Vorquartal ebenso stark gefallen war. Treiber waren insbesondere die Industrie- und Bauproduktion sowie der private Konsum. Auch die Warenexporte nahmen deutlich zu – nicht zuletzt wegen Vorzieheffekten im Zusammenhang mit angekündigten US-Zöllen.

2. Produktion, Investitionen und Konsum

Die Industrieproduktion verzeichnete im ersten Quartal erstmals seit fast zwei Jahren wieder ein Wachstum, breit über viele Sektoren hinweg. Vor allem pharmazeutische Produkte, Maschinenbau und Automobilsektor legten kräftig zu. Auch die Ausrüstungsinvestitionen stiegen, besonders im militärnahen Fahrzeugbau. Die Bauproduktion profitierte von günstiger Witterung, allerdings bleibt die Auftragslage im Bauhauptgewerbe kritisch. Der private Konsum zog an, gestützt durch die im Vorjahr deutlich gestiegenen Löhne – auch wenn Autokäufe zurückgingen.

3. Arbeitsmarkt: Stabil, aber angespannt

Die Zahl der Erwerbstätigen blieb mit 46,04 Mio. nahezu unverändert. Beschäftigungsaufbau fand nur im Dienstleistungssektor statt, während das Verarbeitende Gewerbe weiter Personal abbaut. Die Arbeitslosigkeit stieg leicht auf 6,2 %, mit begrenzten Übergängen in neue Beschäftigung – insbesondere aus dem SGB III-Bereich. Die Zuwanderung, die 2024 massiv zurückging, stützt den Arbeitsmarkt nur noch begrenzt.

Exkurs zur Arbeitskräftehortung: 2024 stieg die Tendenz zur Mitarbeiterbindung trotz schwacher Geschäftslage stark an. 2025 erwarten viele Unternehmen jedoch eine rückläufige Hortung – besonders im Einzelhandel und in der Industrie –, was auf eine steigende Entlassungsbereitschaft hindeutet.

4. Lohnentwicklung

Die Tarifverdienste stiegen im ersten Quartal 2025 nur noch um 0,9 % im Vorjahresvergleich, was hauptsächlich auf den Wegfall einmaliger Inflationsausgleichsprämien zurückzuführen ist. Ohne Sonderzahlungen lag der Anstieg der Grundvergütungen aber bei 6,7 %. Die Effektivverdienste entwickelten sich zwar dynamischer, jedoch auch schwächer als zuletzt. Die Lohnforderungen der Gewerkschaften fallen gemäßigt aus (6–12 %).

5. Inflation

Die Verbraucherpreise (HVPI) legten im ersten Quartal um 0,7 % gegenüber dem Vorquartal zu. Die Inflationsrate stieg leicht auf 2,6 %, die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) blieb bei 3,2 %. Die Hauptpreistreiber waren Dienstleistungen und Energie, wobei letztere teils durch den höheren CO₂-Preis anstiegen. Der Ausblick bleibt unsicher, jedoch wird eine Inflation um 2 % erwartet, mit möglichen Rückgängen bei erfolgreicher Umsetzung fiskalischer Maßnahmen.

Exkurs zur „zugrunde liegenden Inflation“: Die Bundesbank beleuchtet moderne Messmethoden und zeigt, dass diese Indikatoren trotz Rückgangs weiterhin oberhalb historischer Mittelwerte liegen. Besonders die Dienstleistungen bleiben treibend.

6. Ausblick auf das zweite Quartal 2025

Die Konjunktur dürfte in etwa stagnieren. Belastungsfaktoren sind u. a. die US-Zollpolitik, die schwache Auslandsnachfrage und die geringe Kapazitätsauslastung der Industrie. Zwar hellte sich die Verbraucherstimmung zuletzt auf, jedoch fehlen Impulse durch Einkommen und Investitionen. Staatliche Investitionen – etwa in Verteidigung und Infrastruktur – könnten mittelfristig konjunkturelle Wirkung entfalten, kurzfristig aber noch nicht.

Fiskal- und Strukturpolitik

Der Koalitionsvertrag enthält sowohl nachfrageseitige (expansive Fiskalpolitik) als auch angebotsseitige Maßnahmen. Letztere fokussieren sich auf Bürokratieabbau, Digitalisierung, Innovationsförderung und steuerliche Anreize. Die geplante Energiewende bleibt jedoch ohne konsistentes Gesamtkonzept. Subventionen wie ein Industriestrompreis werden kritisch gesehen. Auch beim Arbeitsangebot bleiben strukturelle Schwächen: geringe Erwerbstätigkeit bei Frauen, fehlende Reformen im Renteneintritt und drohende Belastung durch Sozialbeiträge.

Fazit

Die deutsche Wirtschaft zeigt zu Jahresbeginn 2025 zaghafte Stabilisierungstendenzen, steht jedoch vor anhaltenden strukturellen Herausforderungen. Die Unsicherheiten – insbesondere durch internationale Handelspolitik, Investitionszurückhaltung und demografischen Wandel – bleiben hoch. Ohne entschlossene Reformen auf Angebotsseite könnten positive Impulse ausbleiben, was die mittelfristige Wachstumsperspektive trübt.


Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zu allgemeinen Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Bitte konsultieren Sie vor jeder Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater