Volkswagen im Krisenmodus – Wenn ein Konzern an sich selbst scheitert

Wolfsburg – Erstmals seit der Corona-Pandemie schreibt Europas größter Autobauer rote Quartalszahlen. Ein Verlust von über einer Milliarde Euro im dritten Quartal 2025 markiert für den Volkswagen-Konzern einen Wendepunkt, der über das übliche Auf und Ab der Automobilwirtschaft hinausweist. Hinter dem Einbruch steht kein plötzlicher Marktschock, sondern eine Kombination aus strategischen Fehlentscheidungen, hausgemachter Ineffizienz und widrigen Rahmenbedingungen.

Das Porsche-Problem als Symptom tieferer Schwächen
Im Zentrum des Debakels steht die Sportwagentochter Porsche, einst Kronjuwel und Renditemaschine des Konzerns. Die milliardenschweren Abschreibungen – 4,7 Milliarden Euro infolge einer abrupten Kurskorrektur hin zur „Verbrenner-Verlängerung“ – haben den Mutterkonzern direkt in die Verlustzone gezogen. Porsche reagierte damit auf eine schwächere Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und auf Marktunsicherheiten, die man selbst mitgeschaffen hat. Der Rückzug aus der E-Offensive wirkt wie ein Eingeständnis strategischer Orientierungslosigkeit.

Während Finanzvorstand Arno Antlitz bemüht ist, den Einbruch als Folge „einmaliger Sondereffekte“ zu relativieren, zeigen die Zahlen eine strukturelle Krise: Ohne die Sonderlasten läge die operative Marge bei 5,4 Prozent – ein Wert, der im aktuellen Umfeld zwar solide wirkt, jedoch kaum die fundamentale Fragilität des Konzerns verdeckt.

Externe Belastungen verschärfen den Druck
Zu den internen Problemen gesellen sich externe Schocks: Neue US-Zölle unter Präsident Trump, die laut VW bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr kosten könnten, belasten die Bilanz ebenso wie die Engpässe bei Halbleitern, ausgelöst durch Produktionsprobleme beim niederländischen Zulieferer Nexperia. Hinzu kommen sinkende Margen durch den Hochlauf der Elektroflotte, deren Profitabilität noch weit hinter den Verbrennern zurückbleibt.

Das Handelsblatt spricht von einer „Finanzlücke“ von elf Milliarden Euro in der Konzernplanung für 2026 – ein klares Warnsignal, dass die bestehenden Sparprogramme nicht ausreichen.

Konzernchef Blume unter Druck
Für CEO Oliver Blume ist der Quartalsverlust ein Rückschlag, der weit über symbolische Bedeutung hinausgeht. Seine Doppelrolle als VW- und Porsche-Chef hat sich als schwerfällig erwiesen: Was als Synergie gedacht war, hat zu Interessenkonflikten geführt. Die Folge ist eine unklare strategische Linie zwischen Massenmarkt, Luxussegment und Elektromobilität.

VW versucht gegenzusteuern: Bis 2030 sollen 35.000 Stellen abgebaut und 15 Milliarden Euro eingespart werden. Die Kernmarke VW zeigt erste Besserungstendenzen, mit leicht steigender Umsatzrendite und soliden Absatzzahlen bei Elektrofahrzeugen. Doch die positive Entwicklung im Tagesgeschäft kann die strukturelle Schieflage nicht kompensieren.

Ein Konzern im Dilemma zwischen Vergangenheit und Zukunft
VW steht vor einer Richtungsentscheidung: Will man kurzfristig Stabilität sichern, indem man an Verbrennern festhält, oder langfristig Marktführerschaft in der Elektromobilität erobern? Die aktuelle Strategie droht, beides zu verfehlen. Während Tesla, BYD und neue chinesische Hersteller den E-Markt dominieren, verliert Volkswagen den Anschluss.

Hinzu kommt der geopolitische Druck: China bleibt zwar ein Schlüsselmarkt, doch die Abhängigkeit ist riskant; in Nordamerika verliert VW Marktanteile, und in Europa steigt der Regulierungsdruck.

Fazit
Volkswagen steckt in einer strukturellen, nicht zyklischen Krise. Die aktuelle Bilanz ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck einer strategischen Selbstblockade. Das Unternehmen steht zwischen zwei Epochen – der alten Verbrenner-Logik und der neuen E-Mobilitätsrealität – und hat noch nicht entschieden, welcher es wirklich angehören will. Für die deutschen Leitindustrien ist VW damit Mahnung und Spiegel zugleich: Technologische Trägheit, politische Unsicherheit und Management-Zaudern sind in Zeiten globaler Umbrüche ein gefährlicher Dreiklang.


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