Die CBO-Projektion, wonach die von Präsident Donald Trump eingeführten und ausgeweiteten Importzölle in den nächsten zehn Jahren die US-Bundeshaushaltsdefizite um bis zu 4 Billionen Dollar reduzieren könnten, erscheint auf den ersten Blick plausibel und politisch attraktiv. Sie ist aber aus mehreren Gründen weder fiskalisch noch ökonomisch unproblematisch. Die erwarteten Entlastungen stehen auf einem Fundament unsicherer Annahmen über Preiselastizität, Handelsströme und Wachstumsdynamiken, die in der Praxis fragil sind.
1. Die Zolleinnahmen sind nicht garantiert
Die CBO-Berechnung setzt implizit voraus, dass Importvolumina weitgehend stabil bleiben und sich der internationale Handel nicht massiv anpasst. Doch genau das ist unwahrscheinlich. Historische Erfahrungen – etwa mit den US-Zöllen unter Herbert Hoover in den 1930er-Jahren oder den Stahlzöllen unter George W. Bush 2002 – zeigen, dass Handelspartner mit Gegenmaßnahmen reagieren. Werden Importmengen reduziert oder Lieferketten verlagert, brechen die erwarteten Zolleinnahmen weg. Je stärker die Handelspartner ihre Exportpreise senken oder Märkte umgehen, desto weniger realistisch ist die angenommene Einnahmenhöhe.
2. Inflationsrisiko und Belastung der Verbraucher
Zölle sind de facto eine Verbrauchssteuer. Steigen die Importpreise, werden die Mehrkosten in der Regel an Unternehmen und Konsumenten weitergereicht. Laut bisherigen Schätzungen können Trumps Zölle die Verbraucherpreise um 1 bis 1,5 Prozentpunkte pro Jahr erhöhen. Damit entsteht ein Teufelskreis: Einerseits steigen zwar kurzfristig die Staatseinnahmen, andererseits sinkt die Kaufkraft der Haushalte, was mittelfristig das Wachstum und damit auch das Steueraufkommen belasten kann.
3. Der Zielkonflikt zwischen Zolleinnahmen und Freihandelsgewinnen
Die Trump-Administration argumentiert, dass die Zölle fiskalische Spielräume schaffen und gleichzeitig die heimische Industrie schützen. Doch Protektionismus und Wirtschaftswachstum sind langfristig nur schwer vereinbar. Niedrigere Handelsvolumina reduzieren Wettbewerb, Innovationsdruck und Standortattraktivität. Das kann dazu führen, dass die USA marktwirtschaftliche Effizienzgewinne verspielen und international an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
4. Widerspruch zur Steuerpolitik
Das größte Paradoxon liegt jedoch in der Kombination aus Zollerhöhungen und massiven Steuersenkungen durch den „One Big Beautiful Bill Act“. Dieser senkt die erwarteten Bundessteuereinnahmen in den kommenden zehn Jahren um 4,5 Billionen Dollar, wovon laut CBO nur 1,1 Billionen durch Ausgabenkürzungen kompensiert werden. Die netto verbleibende Haushaltslücke von über 3,4 Billionen Dollar wird also durch die Zolleinnahmen bestenfalls teilweise geschlossen – eine klassische Salamitaktik, die das strukturelle Defizit nicht löst.
5. Wachstumsprognosen sind fragil
Die Trump-Regierung rechnet damit, dass die Steuersenkungen ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum erzeugen, das die Defizite mittelfristig neutralisieren könnte. Doch der Council of Economic Advisers schätzt den wachstumsbedingten Defizitabbau auf 2,1 bis 2,3 Billionen Dollar, während viele unabhängige Ökonomen von höchstens 0,5 bis 1 Billion Dollar ausgehen. Sollten sich diese optimistischen Annahmen als unrealistisch erweisen, könnte die fiskalische Gesamtlage sogar schlechter als heute sein.
6. Geopolitische Risiken
Nicht zu unterschätzen sind auch die geopolitischen Konsequenzen einer anhaltend protektionistischen Politik. Länder wie China, Mexiko oder die EU könnten gezielt Gegenmaßnahmen einleiten, die nicht nur einzelne US-Exporte belasten, sondern strategische Industrien gefährden. Ein Handelskonflikt, wie er zwischen 2018 und 2020 bereits existierte, könnte sich verschärfen – mit negativen Folgen für Investitionen, Lieferketten und Kapitalmärkte.
Fazit: Fiskalischer Scheinfortschritt
Die CBO-Zahlen zeichnen ein Bild kurzfristiger Haushaltsentlastung, doch ökonomisch betrachtet handelt es sich um ein Wachstum auf Pump. Zölle können temporär Einnahmen erhöhen, aber sie sind kein Ersatz für eine strukturelle Haushaltsreform, die Ausgaben diszipliniert und eine konsistente Steuerpolitik verfolgt.
Für eine nachhaltige Konsolidierung müsste die Trump-Administration ihre Zollpolitik, ihre Steuersenkungen und die Ausgabenstruktur in einen langfristig konsistenten Rahmen stellen. Andernfalls droht der Effekt der Zolleinnahmen im Vergleich zu den wachsenden Verpflichtungen des Bundeshaushalts marginal zu bleiben.