Es klingt auf den ersten Blick gerecht. Die Grünen fordern, dass Menschen, die von Zinsen oder Aktien leben, stärker zur Kasse gebeten werden sollen. Sie sprechen von leistungslosen Einkommen und wollen, dass Kapital genauso besteuert wird wie Arbeit. Doch hinter dieser Forderung steckt eine Weltanschauung, die mit der Realität vieler Menschen wenig zu tun hat. Es ist eine alte Geschichte, die sich neu verpackt: Reiche gegen Arme, Kapital gegen Arbeit, Gerechtigkeit gegen Ungerechtigkeit. Nur dass diese Gegensätze heute kaum noch passen.
Die Grünen tun so, als gäbe es eine große Masse von wohlhabenden Privatiers, die ohne Arbeit im Luxus leben. Doch die Wahrheit ist eine andere. Viele, die Zinsen oder Dividenden bekommen, sind keine Superreichen. Es sind Menschen, die ein Leben lang gearbeitet und sich etwas aufgebaut haben. Die vielleicht ihr kleines Haus abbezahlt haben, ein paar Aktien halten oder eine private Altersvorsorge abgeschlossen haben. Das sind keine Kapitalisten im Elfenbeinturm, sondern Nachbarn, Kollegen, Rentner. Sie tragen Verantwortung, sparen für die Zukunft und wollen im Alter nicht dem Staat zur Last fallen.
Wenn die Grünen also fordern, Kapitalerträge stärker zu besteuern, dann trifft das nicht nur Millionäre. Es trifft all jene, die versuchen, eigenständig vorzusorgen. Es trifft den Handwerker, der Geld in Fonds gesteckt hat, um seine Rente aufzubessern. Es trifft die Krankenschwester, die monatlich einen kleinen Betrag in ETFs anlegt. Und es trifft junge Familien, die sparen, um ihren Kindern später ein Studium zu ermöglichen. Wer das alles unter dem Begriff „leistungslos“ abtut, zeigt, dass er die Leistung hinter dem Sparen gar nicht erkennt.
Sparen bedeutet Verzicht. Es bedeutet, nicht alles sofort auszugeben, sondern vorauszudenken. Es ist eine Form der Verantwortung, die unsere Gesellschaft braucht. Ohne Ersparnisse und Investitionen gäbe es keine Innovation, keine Unternehmen, keine Arbeitsplätze. Kapital ist nicht der Feind, sondern der Motor unserer Wirtschaft. Wenn man diesen Motor ständig verteufelt, läuft irgendwann gar nichts mehr.
Die Grünen ignorieren auch, dass Kapitalerträge bereits heute besteuert werden. Die Abgeltungsteuer liegt bei 25 Prozent. Dazu kommt die Körperschaftsteuer für Unternehmen. Wer das alles zusammenrechnet, merkt schnell, dass von jedem Euro Gewinn längst ein großer Teil beim Staat landet. Trotzdem behaupten die Grünen, Kapital werde bevorzugt behandelt. Das ist ein populistischer Trick, der Wut schürt, aber keine Probleme löst.
Statt neue Steuern zu erfinden, sollte die Politik lieber fragen, warum so viele Menschen kaum Vermögen aufbauen können. Die Antwort liegt nicht im Steuersystem, sondern in den Lebensrealitäten. Hohe Mieten, steigende Energiepreise, unsichere Jobs – das sind die wahren Bremsen für Wohlstand. Wer wirklich Gerechtigkeit will, muss dafür sorgen, dass Menschen sparen können, statt ihnen das Ersparte madig zu machen.
Die Forderung der Grünen nach „Steuergerechtigkeit“ klingt moralisch, ist aber kurzsichtig. Sie schiebt Schuld zu, statt Chancen zu schaffen. Sie lenkt von den eigenen Versäumnissen ab, etwa bei der Förderung von Eigentum oder beim Bürokratieabbau für kleine Unternehmen. Während die Grünen über Umverteilung reden, überlegen viele Bürger, wie sie am Monatsende die Rechnung bezahlen sollen.
Es ist leicht, vom Bundestag aus die Reichen zu kritisieren. Schwerer ist es, Menschen zu verstehen, die versuchen, mit Fleiß und Vorsicht ihr Leben zu gestalten. Diese Menschen verdienen Respekt, keine neuen Steuerforderungen. Wer Kapital pauschal verteufelt, spaltet das Land und schwächt jene, die Verantwortung übernehmen.
Die Grünen wollen mit ihrer Steuerpolitik Gerechtigkeit schaffen, aber sie verkennen, dass Gerechtigkeit nicht entsteht, wenn man Erfolg bestraft. Sie entsteht, wenn man allen ermöglicht, Erfolg zu haben. Das gelingt nicht durch Misstrauen gegenüber Vermögen, sondern durch Vertrauen in Leistung und Eigeninitiative.
