Warum die Verteidigungsreform wichtiger ist als neue Schulden

Milliarden allein machen keine Armee stark

Die Grundgesetzänderung von 2025 hat die haushaltspolitischen Spielregeln in Deutschland grundlegend verändert. Künftig dürfen Verteidigungs- und sicherheitsrelevante Ausgaben oberhalb eines Sockelwerts von ein Prozent des BIP außerhalb der Schuldenbremse kreditfinanziert werden. Zugleich wurde ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz beschlossen. Damit ist Deutschland fiskalisch so frei in seiner Verteidigungspolitik wie nie zuvor in der Nachkriegszeit. Die Frage, die sich stellt, lautet aber nicht: Gibt es genug Geld? Sondern: Wird dieses Geld diesmal endlich effizient ausgegeben?

Die Zweifel sind berechtigt. Schon das 100-Milliarden-Sondervermögen von 2022 ist nahezu vollständig verplant, doch spürbare Verbesserungen bei der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr bleiben rar. Nach wie vor fehlen Ersatzteile, Munitionsdepots sind unzureichend gefüllt, und selbst die modernste Technik wird durch fehlende Logistik oder unklare Beschaffungsprozesse ausgebremst. Das Problem der Bundeswehr war nie allein ein Mangel an Mitteln, sondern strukturelle Ineffizienz.

Diese Ineffizienz hat verschiedene Ursachen. Erstens verhindert die Bürokratie schnelle Beschaffung. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr ist zum Synonym für Langsamkeit geworden. Verfahren dauern Jahre, oft mit dem Ziel, politisch abgesicherte „Goldrandlösungen“ zu entwickeln, statt pragmatische Lösungen sofort umzusetzen. Zweitens sind die politischen Vorgaben oft widersprüchlich: Während die Truppe einsatzfähige Standardausrüstung fordert, entstehen in Berlin Wunschlisten, die militärisch-technisch kaum umzusetzen sind. Drittens ist die Industrie selbst Teil des Problems. Ohne harten Wettbewerb und klare Anreize entstehen Preissteigerungen, Lieferverzögerungen und technische Sackgassen.

Die Befürworter der Grundgesetzänderung argumentieren, dass die neue Flexibilität der Bundesrepublik endlich erlaube, die Lücken in Verteidigung und Infrastruktur systematisch zu schließen. Das ist formal richtig. Doch wer glaubt, dass die Milliarden allein das Rüstungswesen in Deutschland effizient machen, verkennt die politische Realität. Ohne eine Kulturreform im Beschaffungswesen werden auch die neuen Milliarden in den gleichen Strukturen versickern wie bisher.

Was heißt das konkret? Erstens: Standardisierung statt Sonderwünsche. Die Bundeswehr muss lernen, mit marktreifen Lösungen zu arbeiten, statt jedes Mal ein technisch einzigartiges, aber verspätetes Produkt zu bestellen. Zweitens: harte Vertragsbedingungen. Unternehmen müssen bei Verzögerungen und Kostenexplosionen konsequent haftbar gemacht werden, statt durch Nachverhandlungen belohnt zu werden. Drittens: Transparenz und parlamentarische Kontrolle. Die Ausgaben müssen so strukturiert werden, dass klar erkennbar ist, welche Projekte wann Ergebnisse liefern – und welche nur Papierfortschritte sind.

Der Verteidigungsminister versucht zwar gegenzusteuern, indem er Verfahren verschlankt und den Leitsatz ausgibt: „90 Prozent Lösung sofort statt 100 Prozent in 15 Jahren.“ Ob sich dieser Pragmatismus gegen die eingefahrenen Strukturen durchsetzt, ist jedoch offen. Denn jeder Versuch, Verfahren zu vereinfachen, trifft auf ein dichtes Geflecht aus Rechtsnormen, Lobbyinteressen und interministeriellen Machtspielen.

Aus ökonomischer Sicht ist die Situation paradox: Deutschland gibt nun so viel für Verteidigung aus wie nie zuvor, doch die eigentliche Knappheit liegt nicht beim Geld, sondern bei Organisation und Umsetzung. Das marktwirtschaftliche Prinzip der Effizienz gilt auch im Rüstungssektor: Es sind nicht die Summen, die Stärke schaffen, sondern die Ergebnisse. Wer Milliarden in ineffiziente Strukturen lenkt, erkauft sich keine Sicherheit, sondern nur neue Enttäuschungen.

Fazit: Die Grundgesetzänderung von 2025 schafft die fiskalische Voraussetzung, Deutschland zu einer wehrhaften Nation zu machen. Ob dies gelingt, hängt nicht von der Höhe der Kredite ab, sondern von der Fähigkeit, alte Strukturen aufzubrechen. Nur wenn der Staat sich selbst zu unternehmerischer Disziplin zwingt, wird aus Geld tatsächlich Verteidigungsfähigkeit.


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