Ein Delisting bezeichnet den formellen Ausschluss eines Unternehmens von einer Börse, wodurch dessen Aktien nicht länger an einem regulierten Markt gehandelt werden. Dieser Vorgang kann sowohl freiwillig als auch unfreiwillig erfolgen und ist für Anleger mit weitreichenden Implikationen verbunden.
1. Formen des Delistings
Freiwilliges Delisting: Unternehmen entscheiden sich mitunter bewusst für einen Rückzug von der Börse, etwa um Kosten der Börsennotierung zu sparen, regulatorische Berichtspflichten zu umgehen oder nach einer Übernahme durch einen Private-Equity-Investor. Auch Fusionen können zu einem freiwilligen Delisting führen, wenn das übernommene Unternehmen in der neuen Gesellschaft aufgeht.
Unfreiwilliges Delisting: Börsen behalten sich vor, Unternehmen vom Handel auszuschließen, wenn diese die Mindestanforderungen nicht erfüllen. Dazu zählen insbesondere:
- Unterschreitung eines Mindestaktienpreises
- Geringe Handelsvolumina
- Verletzungen von Publizitätspflichten
- Schwere Verstöße gegen Corporate-Governance-Standards
- Insolvenzverfahren
Ein prominentes Beispiel ist Bed Bath & Beyond, dessen Aktien im Jahr 2023 nach einem Insolvenzantrag von der NASDAQ entfernt wurden.
2. Der Ablauf eines Delistings
Beim unfreiwilligen Delisting erhalten Unternehmen in der Regel eine formale Mitteilung über die drohende Entfernung vom Handel. Ihnen wird eine Frist eingeräumt, um die Mängel zu beseitigen. Erfolgt dies nicht, erfolgt der Ausschluss.
Ein freiwilliges Delisting erfordert hingegen die Zustimmung der Anteilseigner. In einem Hauptversammlungsbeschluss muss eine qualifizierte Mehrheit der Aktionäre zustimmen. Im Anschluss wird ein Rückkaufsangebot unterbreitet, in dem das Unternehmen den Erwerb ausstehender Aktien gegen Barzahlung anbietet – oft zu einem Aufschlag gegenüber dem Börsenkurs.
3. Auswirkungen für Investoren
Ein Delisting verändert die Handelbarkeit und Transparenz einer Aktie erheblich:
- Liquiditêtsverlust: Nach dem Delisting erfolgt der Handel oft nur noch über OTC-Plattformen (Over-the-Counter), die geringere Liquidität und schlechtere Preisbildung bieten. Der Spread zwischen Kauf- und Verkaufskursen ist meist deutlich höher.
- Informationsasymmetrien: OTC-Märkte unterliegen geringeren regulatorischen Anforderungen. Unternehmen müssen keine regelmäßigen Finanzberichte mehr veröffentlichen. Investoren sind dadurch weniger gut informiert.
- Wertverlust: Die geringere Handelbarkeit und sinkende Transparenz führen in vielen Fällen zu einem Abschlag auf den inneren Wert der Aktie.
- Steuerliche Folgen: Der steuerliche Status von Kapitalverlusten aus Delistings kann komplex sein und sollte im Vorfeld mit einem Steuerberater geklärt werden.
4. Strategien für Anleger
- Frühzeitige Reaktion: Sobald ein Delisting angekündigt wird, sollten Anleger die Situation kritisch prüfen. Insbesondere bei unfreiwilligen Delistings kann ein frühzeitiger Verkauf Verluste begrenzen.
- Bewertung des Rückkaufsangebots: Bei freiwilligem Delisting sollte das angebotene Rückkaufpreisniveau mit dem inneren Unternehmenswert verglichen werden. In Einzelfällen kann auch das Halten der Aktie sinnvoll sein, insbesondere wenn ein Re-Listing geplant ist.
- Rechtliche Prüfung: Minderheitsaktionäre sollten prüfen, ob ihre Rechte gewahrt bleiben, etwa im Rahmen von Spruchverfahren zur Nachbesserung des Abfindungspreises.
5. Fazit
Ein Delisting bedeutet für Investoren einen tiefen Einschnitt: Die Handelbarkeit sinkt, die Transparenz leidet, und die Kursentwicklung ist schwerer prognostizierbar. Anleger sollten Delisting-Ankündigungen nicht auf die leichte Schulter nehmen und frühzeitig über Alternativen nachdenken. Ein informierter, proaktiver Umgang mit der Situation ist entscheidend für den Werterhalt der eigenen Kapitalanlage.