Ein Mistrade (auch als „Fehlgeschäft“ oder „Irrtumsgeschäft“ bezeichnet) ist ein Börsengeschäft, das zu einem offensichtlich falschen Kurs abgeschlossen wurde – etwa infolge technischer Fehler, menschlicher Irrtümer oder außergewöhnlicher Marktbedingungen. Mistrades betreffen vor allem den Handel an elektronischen Börsen oder außerbörslichen Plattformen, wo Geschäfte automatisiert abgewickelt werden.
1. Definition und Merkmale eines Mistrades
Ein Mistrade liegt dann vor, wenn ein ausgeführter Handel offensichtlich außerhalb des marktüblichen Preisniveaus liegt. Die Abweichung muss dabei so gravierend sein, dass eine objektive Fehlleistung plausibel erscheint – also z. B. durch:
- Eingabefehler bei Preis oder Volumen (sog. „Fat Finger Errors“),
- technische Störungen (z. B. Softwarefehler),
- ungewöhnlich niedrige oder hohe Volatilität,
- fehlerhafte Preisübermittlung.
Typischerweise wird ein Mistrade dann festgestellt, wenn der Kurs außerhalb eines definierten Toleranzbereichs vom aktuellen Marktpreis liegt. Dieser Bereich wird in den Bedingungen der jeweiligen Handelsplattform oder Börse vorab festgelegt (z. B. ±10 % vom Referenzkurs).
2. Beispiele für Mistrades
- Ein Händler gibt versehentlich eine Verkaufsorder zu 10,00 € statt zu 100,00 € ein.
- Durch eine fehlerhafte Preisübermittlung wird ein Optionskontrakt zu einem unrealistisch hohen Preis gehandelt.
- Ein Flash Crash führt kurzfristig zu Kursen weit unter dem fairen Marktwert – Geschäfte in dieser Phase können als Mistrades gewertet werden.
3. Rechtslage und Annullierung
Die rechtliche Behandlung von Mistrades ist nicht einheitlich geregelt, sondern wird durch die Geschäftsbedingungen der Börsen und Handelsplattformen (AGB, Handelsusancen) bestimmt.
Kriterien für eine Annullierung:
- Die Kursabweichung liegt außerhalb des Toleranzkorridors.
- Es handelt sich nicht um eine bewusste Spekulation, sondern um einen nachweislichen Irrtum.
- Die Annullierung erfolgt innerhalb einer bestimmten Frist nach der Ausführung (oft nur wenige Minuten oder Stunden).
- Eine Börsenaufsicht oder Marktaufsicht stimmt der Rückabwicklung zu.
Viele Plattformen behalten sich in ihren Bedingungen das Recht vor, einen Mistrade einseitig zu stornieren.
4. Kritische Betrachtung
Die Regelungen zu Mistrades sind in der Praxis nicht unumstritten:
- Pro:
- Sie schützen den Markt vor systematischen Fehlern und erhalten das Vertrauen in faire Preisbildung.
- Private und institutionelle Anleger können vor ruinösen Verlusten durch versehentliche Eingaben bewahrt werden.
- Contra:
- Die Definition von „offensichtlich falsch“ ist nicht immer eindeutig und öffnet Ermessensspielräume.
- Der Eingriff in abgeschlossene Geschäfte kann das Prinzip der Vertragstreue untergraben.
- Es besteht die Gefahr, dass Börsen intransparent oder parteiisch handeln – insbesondere bei Konflikten zwischen großen Marktteilnehmern und Privatanlegern.
5. Fazit
Ein Mistrade ist ein mechanistisches Korrektiv im modernen elektronischen Handel, das gravierende Fehler abfedern soll. Er bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Vertragssicherheit und Marktfairness. Entscheidend ist, dass Börsen klare, transparente und konsistente Kriterien anwenden – andernfalls droht eine Erosion des Vertrauens in die Integrität der Handelsplätze.