Seit Mai 2025 sind in den Regalen großer US-Kaufhäuser auffällige Preissteigerungen zu beobachten. Modeketten wie Macy’s, Nordstrom, Dillard’s und REI verzeichnen einen signifikanten Anstieg bei den Preisen für Schuhe, Kleidung und Taschen. Eine aktuelle Analyse des Datenunternehmens DataWeave legt nahe: Die neue Zollpolitik der Trump-Administration ist ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung – und könnte mittelfristig inflationäre Dynamiken befördern.
Zahlen, die Bände sprechen
DataWeave untersuchte die Preisentwicklung von rund 15.000 Produkten im US-Einzelhandel. Besonders deutlich zeigt sich die Teuerung bei Schuhen: Macy’s erhöhte die Preise um 4,2 %, Nordstrom um 3,1 %, Dillard’s um 2 %. Kleidung verteuerte sich moderater – etwa um 2 % bei DSW und 1,9 % bei Macy’s. Taschenpreise stiegen am stärksten bei REI, um 2,6 %.
Diese Veränderungen sind nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr spiegeln sie die unmittelbaren Kostenfolgen der jüngsten Zollmaßnahmen wider, die Präsident Trump im Rahmen eines neuen wirtschaftspolitischen Kurses eingeführt hat – ein Rückgriff auf protektionistische Instrumente, der bereits unter seiner ersten Amtszeit Schlagzeilen machte.
Neue Zölle, neue Spielregeln
Im Zentrum steht ein neues Handelsabkommen mit Vietnam, das Mindestzölle von 30 % auf vietnamesische Exporte in die USA vorsieht. Besonders brisant ist die Regelung zu sogenannten „Transshipments“: Produkte, die ursprünglich aus China stammen, in Vietnam jedoch lediglich weiterverarbeitet wurden, werden nun mit bis zu 40 % Zoll belegt. Der Hintergrund ist offenkundig: Die Trump-Regierung will verhindern, dass chinesische Waren durch Drittländer Zollumgehungen ermöglichen.
Für viele Unternehmen bedeutet dies eine drastische Erhöhung der Importkosten – insbesondere für jene Segmente, deren Lieferketten stark von China und Südostasien abhängig sind. Schuhe und Taschen, oft in China gefertigt, sind davon in besonderem Maße betroffen. Kleidung, die häufiger über diversifiziertere Produktionsnetzwerke verfügt, zeigt Preisverzögerungen, aber ebenfalls steigende Tendenzen.
Lieferketten im Würgegriff
Die strukturelle Abhängigkeit vieler Marken von asiatischen Produktionsstandorten – insbesondere bei Private-Label-Angeboten großer Ketten – zeigt nun ihre Schattenseiten. Produkte mit kurzen Innovations- und Erneuerungszyklen wie Schuhe müssen rascher neu bepreist werden, wenn sich die Importkosten verändern. Kleidung, insbesondere klassische Basic-Artikel, zeigen Preisveränderungen oft mit Verzögerung, da hier größere Lagerbestände und längere Lieferverträge eine kurzfristige Weitergabe der Kosten erschweren oder verhindern.
Händler im Dilemma, Konsumenten in der Zwickmühle
Die Händler befinden sich in einer doppelten Zwickmühle: Einerseits sind sie gezwungen, gestiegene Einkaufspreise zu kompensieren; andererseits fürchten sie Konsumzurückhaltung bei zu schnellen Preisaufschlägen. Die Reaktion ist eine gestaffelte, teilweise Verlagerung der Mehrkosten auf die Endkunden. Doch ob diese langfristig akzeptiert werden, bleibt fraglich.
Denn Konsumenten reagieren sensibel – und oft rational. Steigt der Preis für Bananen, greifen manche zu Orangen. Diese ökonomische Logik der Substitution sorgt in bestimmten Kategorien für Preisstabilität – kann jedoch das strukturelle Problem nicht lösen. Wenn ganze Produktgruppen unter Preisdruck geraten, helfen auch Ausweichkäufe nur bedingt.
Makroökonomische Signale: Ein inflationärer Impuls?
Die wirtschaftspolitische Tragweite dieser Entwicklungen ist nicht zu unterschätzen. Einige Ökonomen sprechen bereits von einer beginnenden zollinduzierten Inflation. Zwar ist der Effekt aktuell auf einzelne Konsumsegmente begrenzt – doch je mehr sich protektionistische Maßnahmen ausweiten, desto wahrscheinlicher wird ein umfassender Preisauftrieb.
Die US-Notenbank Federal Reserve beobachtet die Lage mit wachsender Aufmerksamkeit. Bislang hält sie sich mit geldpolitischen Reaktionen zurück, wartet auf längerfristige Tendenzen. Doch wenn sich die Kostenspirale weiterdreht, könnte eine restriktivere Zinspolitik unausweichlich werden.
Einordnung: Ökonomischer Nationalismus mit Nebenwirkungen
Was sich derzeit abzeichnet, ist mehr als eine bloße Marktanpassung. Die neue Zollpolitik zielt auf kurzfristige wirtschaftliche Abschottung und protektionistische Erfolge – doch sie trifft in erster Linie die US-Konsumenten und -Händler. Langfristig könnten Unternehmen gezwungen sein, ihre Lieferketten radikal umzustrukturieren – mit ungewissem Ausgang und hohem Investitionsaufwand.
Die aktuelle Lage zeigt exemplarisch, wie komplex und letztlich riskant die Rückkehr zu nationalistischen Handelsmodellen im globalisierten 21. Jahrhundert ist. Die politische Botschaft mag populär sein – die ökonomischen Folgen hingegen sind konkret, spürbar und nicht ohne Brisanz. In den USA droht ein Preisszenario, das am Ende gerade jene Haushalte trifft, für die Kaufhäuser bislang günstige Alltagsposten boten.
Fazit
Die Zölle sind politisch motiviert, ökonomisch wirksam – und sozial brisant. Der Konsum wird teurer, die Inflation könnte zunehmen, und die globale Handelsordnung wird weiter unter Druck gesetzt. Der Fall der Kaufhauspreise ist dabei nur ein erster, aber deutlich sichtbarer Indikator dafür, wie schnell wirtschaftspolitische Entscheidungen reale Folgen für Millionen von Menschen entfalten.