Wirtschaftsmotoren und Sorgenkinder: Wo Europas Wohlstand wirklich entsteht

BRÜSSEL – Ein neuer Bericht von Eurostat zur regionalen Wirtschaftsleistung legt die tiefen Wohlstandsklüfte innerhalb der Europäischen Union schonungslos offen. Während irische und deutsche Industrieregionen als unangefochtene Wirtschaftsmotoren fungieren, hinken weite Teile Ost- und Südeuropas dramatisch hinterher. Die am Dienstag veröffentlichten Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner für das Jahr 2023 zeigen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, das die Versprechen einer schnellen wirtschaftlichen Angleichung in Frage stellt.

An der absoluten Spitze des Rankings stehen die irischen Regionen Dublin mit 139.500 und der Südwesten der Insel mit 137.300 Kaufkraftstandards (KKS) pro Kopf. Irland profitiert hier weiterhin massiv von der Ansiedlung internationaler Technologie- und Pharmakonzerne. Dicht dahinter folgt mit der Autostadt Wolfsburg (136.500 KKS, basierend auf den aktuellsten verfügbaren Daten von 2022) ein deutsches Kraftzentrum, das die Stärke der nationalen Schlüsselindustrien unterstreicht. Auch die französische Hauptstadtregion Paris beweist mit 126.900 KKS ihre ungebrochene Wirtschaftskraft als globales Finanz- und Dienstleistungszentrum.

Diese Zahlen stehen in scharfem Kontrast zur Realität am anderen Ende des Spektrums. Das Schlusslicht bildet die französische Überseeregion Mayotte mit lediglich 10.500 KKS. Kaum besser schneiden die bulgarischen Regionen Haskovo (11.000 KKS) und Silistra (11.100 KKS) ab. Der Bericht bestätigt, dass die meisten der wirtschaftlich schwächsten Gebiete der EU in Bulgarien, Rumänien und Ungarn liegen, wo die Wirtschaftsleistung teils bei weniger als einem Drittel des EU-Durchschnitts von 38.100 KKS stagniert.

Die Analyse von Eurostat, die Preisniveauunterschiede durch die Umrechnung in KKS bereinigt, zeichnet somit ein unverfälschtes Bild der realen Wertschöpfung. Die enorme Spreizung der Wirtschaftsleistung zwischen den Spitzenreitern und den Nachzüglern stellt eine Zerreißprobe für den Zusammenhalt der Union dar. Sie befeuert die Debatte über die Effizienz von Kohäsionsfonds und wirft die Frage auf, inwieweit nationale Wirtschafts- und Strukturreformen in den Empfängerländern greifen.

Eine methodische Unschärfe bleibt: Für wirtschaftliche Schwergewichte wie Deutschland, Italien und Österreich war die Datenübermittlung auf dieser detaillierten regionalen Ebene für 2023 freiwillig, weshalb die vollständige Datengrundlage erst in zukünftigen Veröffentlichungen zur Verfügung stehen wird. Dennoch ist der Trend unverkennbar: Der Traum von einem homogenen europäischen Wirtschaftsraum bleibt in weiter Ferne. Die vorliegenden Daten sind nicht nur eine statistische Momentaufnahme, sondern auch politischer Zündstoff für die kommenden Verhandlungen über die zukünftige Ausrichtung der EU-Fiskal- und Regionalpolitik.


Quelle:Which EU regions have the highest GDP per inhabitant? – Nachrichtenartikel – Eurostat

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