Der „World Wealth Report 2025“ (Capgemini Research Institute) zeichnet ein umfassendes Bild der globalen Vermögenslandschaft im Zeichen eines bevorstehenden Generationenwechsels: Die Vermögensverwaltung steht an einem Wendepunkt – bedingt durch wirtschaftliche Veränderungen, technologische Umbrüche und vor allem die sogenannte „Great Wealth Transfer“, bei der bis 2048 schätzungsweise USD 83,5 Billionen an Vermögen auf die Generationen X, Y (Millennials) und Z übergehen.
Zentrale Entwicklungen 2024
- Globales HNWI-Vermögen (High Net Worth Individuals) stieg um 4,2 %, die Anzahl der HNWIs wuchs um 2,6 %.
- Nordamerika war erneut führend mit einem Zuwachs von 8,9 % beim Vermögen und 7,3 % bei der HNWI-Zahl.
- Asien-Pazifik legte moderat zu (Vermögen: +4,8 %), Europa hinkte hinterher (nur +0,7 % Vermögenszuwachs, -2,1 % Population).
- Lateinamerika verzeichnete deutliche Rückgänge.
Vermögensstruktur und Anlageverhalten
- Aktienquote in HNWI-Portfolios stieg auf 22 %, getrieben durch Tech-Aktien und KI-Euphorie.
- Anleihen verloren an Attraktivität (Rückgang auf 18 %).
- Alternative Anlagen wie Private Equity und Kryptowährungen machten 15 % der Portfolios aus.
- Immobilieninvestitionen blieben stabil bei 19 %, trotz hoher Finanzierungskosten.
- Bargeldbestände stabilisierten sich bei 26 % – Ausdruck von Vorsicht in geopolitisch volatilen Zeiten.
Next-gen HNWIs im Fokus
- 95 % der Erbschaften gehen an Gen X, Millennials und Gen Z, die sogenannten Next-gen HNWIs.
- 81 % dieser Erben planen, die Vermögensverwaltung ihrer Eltern binnen 1–2 Jahren nach Erbschaft zu wechseln.
- Gründe: mangelnde digitale Angebote, fehlende Zugang zu alternativen Investments, unzureichende Mehrwertdienste.
- Vermögensverwalter reagieren mit maßgeschneiderten Angeboten, setzen jedoch laut Bericht noch zu wenig konsequent um (nur 29 % haben spezifische Angebote für diese Zielgruppe).
Strategische Empfehlungen
Capgemini empfiehlt eine dreiteilige Strategie, um erfolgreich durch den Generationenwechsel zu navigieren:
- Individuelle Anlagestrategien entwickeln, angepasst an Risikobereitschaft und Werte der Next-gen HNWIs.
- Serviceangebote erweitern – etwa durch globale Diversifikation, Concierge-Services, medizinische Betreuung, Next-gen-Bildungsberatung und digitale Nachlassplanung.
- Relationship Manager (RMs) durch Schulungen, digitale Tools und KI befähigen, Next-gen-Kunden langfristig zu binden.
Vermögensverlagerung und globale Hotspots
Neben traditionellen Vermögenszentren (Schweiz, London, New York) gewinnen Singapur, Hongkong, die VAE und Saudi-Arabien als aufstrebende Finanzzentren stark an Bedeutung – dank stabiler politischer Lage und attraktiver Steuerpolitik.
Digitale Transformation und Plattformlösungen
- Next-gen HNWIs erwarten nahtlose, digitale Kundenerfahrungen mit hoher Transparenz und Echtzeit-Zugriff.
- Digitale Plattformen zur Abwicklung, Berichterstattung und Verwaltung von alternativen Anlagen (z. B. Private Equity, Kryptowährungen) werden zum Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit.
Fazit
Der „World Wealth Report 2025“ unterstreicht, dass Vermögensverwalter vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel stehen. Wer künftig erfolgreich sein will, muss die digitale Transformation vorantreiben, auf die Werte der neuen Erbengeneration eingehen und sich vom bloßen Produktanbieter zum vernetzten, lebensbegleitenden Vermögensberater weiterentwickeln.
Im World Wealth Report 2025 wird Deutschland nur am Rande thematisiert – und zwar als Teil der europäischen Gesamtbetrachtung. Dabei lässt sich Folgendes zur Lage der High Net Worth Individuals (HNWIs) in Deutschland sagen:
Vermögensentwicklung in Deutschland 2024
- Das Vermögen deutscher HNWIs stieg 2024 nur marginal um 0,5 %.
- Gleichzeitig sank die Anzahl der HNWIs um 2,5 % – ein deutlich negativer Trend, der sich von der Dynamik in Nordamerika oder Asien-Pazifik klar abhebt.
- Dennoch zeigte sich der deutsche Aktienmarkt widerstandsfähig: Der DAX legte um 18,6 % zu – beflügelt durch international aufgestellte Konzerne wie SAP, Rheinmetall und Siemens Energy sowie durch Hoffnung auf fiskalische Lockerungen.
Ursachen für das schwache Wachstum in Deutschland
- Der Rückgang bei der HNWI-Population deutet auf eine Wohlstandskonzentration in oberen Vermögenssegmenten hin, während HNWIs mit „kleinerem“ Vermögen offenbar Rückschläge durch Marktschwankungen erlitten.
- Deutschland wurde – wie ganz Europa – vom Einbruch der chinesischen Nachfrage nach Luxusgütern getroffen, was vor allem die exportstarken Branchen belastete.
- Zudem sorgen steuerliche und regulatorische Rahmenbedingungen in Deutschland dafür, dass wohlhabende Privatpersonen ihr Kapital zunehmend international diversifizieren oder gar verlagern.
Deutschland im Vergleich
- Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ähnelt Deutschlands Entwicklung jener des Vereinigten Königreichs (+0,5 % Vermögen, -2,4 % Population).
- Hingegen konnten Länder wie Schweiz oder Luxemburg durch attraktivere regulatorische Bedingungen und Stabilität besser abschneiden.
Bedeutung für das Wealth Management in Deutschland
- Die Zahlen zeigen eine Erosion im unteren HNWI-Segment, während Ultra-HNWIs widerstandsfähiger blieben.
- Das stellt die Vermögensverwaltungsbranche in Deutschland vor zwei Herausforderungen:
- Die Kundenbindung gegenüber einer kritischen, global mobilen Erbengeneration.
- Die digitale Transformation, um Anschluss an die internationalen Standards zu halten, insbesondere im Bereich der alternativen Anlagen und Nachfolgeplanung.
Kritische Einschätzung:
Deutschland scheint, trotz robuster Kapitalmärkte, den Anschluss an globale Wachstumsimpulse in der Vermögensbildung teilweise zu verlieren – ein Zeichen dafür, dass strukturelle Faktoren wie Steuerlast, Innovationsstau im Wealth Management und geopolitische Unsicherheiten zunehmend relevant werden. Gleichzeitig bietet der starke DAX Hoffnung auf eine Rückkehr des Vertrauens, sofern diese Wachstumsimpulse in strategische Vermögensberatung überführt werden.