Zwischen Aufbruch und Stillstand – Die erste wirtschaftspolitische Bilanz der Bundesregierung Merz

Die erste Zwischenbilanz der neuen Bundesregierung, rund zwei Monate nach Amtsantritt, fällt nach Einschätzung von Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, gemischt aus. Der außenpolitische Kurs der schwarz-roten Koalition unter Bundeskanzler Friedrich Merz wird dabei als konsequent und überzeugend bewertet, insbesondere durch die Reform der Schuldenbremse zur Finanzierung dringend nötiger Rüstungsausgaben. Merz strahle außenpolitisch Entschlossenheit aus, was das Vertrauen der internationalen Partner und Investoren stärke.

Wirtschafts- und finanzpolitisch jedoch sei das Bild differenzierter. Die Regierung steht vor drei zentralen Herausforderungen: erstens der Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums, zweitens der Bewältigung steigender Verteidigungsausgaben ohne übermäßige Schuldenaufnahme und drittens der Vorbereitung auf den demografischen Wandel.

Positiv hervorgehoben werden der angestoßene Bürokratieabbau – etwa durch die Abschaffung des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes – und die Impulse für Innovation und Unternehmensgründungen, etwa durch erhöhte Fördermittel für Forschung und Entwicklung. Auch steuerliche Entlastungen durch beschleunigte Abschreibungen und die Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab 2028 gelten als wachstumsfreundlich.

Kritisiert wird hingegen die fehlende Konsequenz bei der Ausgabenpolitik. Die Finanzierung zusätzlicher Infrastrukturausgaben sei rechtlich unzureichend abgesichert. Die strukturellen Herausforderungen in der Renten- und Gesundheitsversorgung blieben ungelöst. Insbesondere müssten die Ausgaben im Verhältnis zu den Löhnen langsamer wachsen, das Erwerbsleben über das 63. Lebensjahr hinaus gestärkt und das Rentenwachstum an die Lohnentwicklung angepasst werden. Auch bei der Digitalisierung und Zusammenlegung von Krankenhäusern bestehe Nachholbedarf.

Als finanz- und ordnungspolitisch fragwürdig gelten mehrere Maßnahmen: etwa die Ausweitung der Mütterrente, die Einführung einer Frühstartrente für Jugendliche sowie die steuerliche Entlastung von Überstunden – allesamt teure, bürokratisch aufwendige und wenig zielgenaue Maßnahmen. Die Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie wird als fiskalpolitischer Irrweg bewertet.

Insgesamt sieht das ifo Institut trotz einzelner positiver Impulse erheblichen Korrekturbedarf. Die Regierung verfüge aber noch über ausreichend Zeit und Handlungsspielraum, um wirtschaftspolitisch wirksamer zu werden und die Herausforderungen der Zeit – ökonomischer Abschwung, sicherheitspolitische Umbrüche und demografischer Wandel – entschlossen anzugehen.


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