Der Bundeshaushalt 2025 ist beschlossen – zumindest in seiner Endfassung nach der Bereinigungssitzung* des Haushaltsausschusses. Mit einem Gesamtvolumen von 502,55 Milliarden Euro wird der Etat im kommenden Jahr nicht nur größer ausfallen als 2024, sondern auch klare politische Akzente setzen. Auffällig sind vor allem zwei Schwerpunkte: die unverändert hohe Dominanz des Sozialetats und der massive Aufwuchs im Verteidigungsbereich. Beides wirft Fragen nach den politischen Prioritäten und nach der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auf.
Zunächst zur Gesamtarchitektur: Gegenüber dem Regierungsentwurf wurde der Haushalt leicht gekürzt, um 460 Millionen Euro. Das ist angesichts des Gesamtvolumens marginal. Wichtiger ist die Feststellung, dass die Ausgaben gegenüber 2024 um 5,4 Prozent steigen. Die Investitionen legen leicht zu und erreichen 62,73 Milliarden Euro, während die Einnahmenseite weitgehend unverändert bleibt: Steuern sollen 386,84 Milliarden Euro in die Kassen spülen, sonstige Einnahmen sinken auf 33,92 Milliarden Euro. Der Rest wird über Schulden finanziert, die Nettokreditaufnahme beträgt wie im Entwurf vorgesehen 81,87 Milliarden Euro. Angesichts der Schuldenbremse, die offiziell gilt, ist dies nur durch Sonderregelungen möglich – und deutet auf die politische Bereitschaft hin, die Neuverschuldung als Dauerinstrument zu etablieren.
Der größte Einzelplan bleibt der des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit 190,34 Milliarden Euro. Sozialausgaben stellen damit weiterhin mehr als ein Drittel des Gesamthaushalts. Im Zentrum stehen Zuschüsse an die Rentenversicherung, deren Ansätze leicht nach oben korrigiert wurden. Kleinere Verschiebungen betreffen die Hilfen zum Lebensunterhalt sowie die Integration von Zuwanderern. Bemerkenswert ist die neu vorgesehene, aber vorerst gesperrte Position für einen inklusiven Digitalpakt in der beruflichen Bildung. Damit wird das Signal gesetzt, dass die Politik Inklusion und Digitalisierung auch im Bereich der beruflichen Rehabilitation ernst nimmt – ob die Umsetzung gelingt, bleibt abzuwarten. Strukturell bleibt der Sozialetat aber unverändert: er wächst, weil die demographischen und sozialpolitischen Verpflichtungen keine Rückführung zulassen.
Ganz anders der Verteidigungsetat: Mit 86,37 Milliarden Euro erreicht er einen historischen Höchststand. Darin enthalten sind 62,31 Milliarden im regulären Haushalt und 24,06 Milliarden aus dem Sondervermögen Bundeswehr. Es ist also nicht nur ein gradueller Anstieg, sondern ein qualitativer Sprung. Die zusätzlichen Mittel fließen vor allem in Rüstungsbeschaffungen, etwa in die Aufstockung der Eurofighter-Bestellungen. Zugleich wurden einzelne Posten gekürzt, etwa bei Personalausgaben und IT-Dienstleistungen, doch die Richtung ist klar: Die Bundeswehr soll nicht länger ein Sorgenkind bleiben, sondern zu einem zentralen Pfeiler deutscher und europäischer Sicherheitspolitik ausgebaut werden. Dass dies mit erhöhten Verpflichtungsermächtigungen für künftige Jahre flankiert wird, macht den Kurs unumkehrbar – selbst über den Finanzrahmen 2025 hinaus.
Die politische Botschaft dieses Haushalts ist unübersehbar: Die Bundesrepublik will sowohl ihren sozialen Verpflichtungen als auch ihrer sicherheitspolitischen Verantwortung gerecht werden. Dass beides gleichzeitig geschieht, ist bemerkenswert, aber auch problematisch. Denn die Einnahmeseite stagniert, und die Nettokreditaufnahme bleibt hoch. Man kann dies als Ausdruck von Realismus deuten: die Regierung reagiert auf internationale Bedrohungen und soziale Erwartungshaltungen. Doch man kann es ebenso als Verschiebung der Lasten auf die Zukunft kritisieren. Eine nachhaltige Konsolidierung ist nicht erkennbar.
Zudem stellt sich die Frage nach den Prioritäten. Während der Sozialetat naturgemäß das größte Volumen aufweist, ist die Dynamik klar bei der Verteidigung. Zehn Milliarden Euro mehr als im Vorjahr fließen in die militärische Ausstattung. Das spiegelt den geopolitischen Druck wider, unter dem Deutschland steht, insbesondere mit Blick auf Russland und die NATO-Verpflichtungen. Aber es bedeutet auch, dass andere Bereiche – von Bildung über Forschung bis Infrastruktur – im Schatten dieser beiden Mammutetats stehen.
Der Bundeshaushalt 2025 ist damit ein Dokument der politischen Balanceakte. Er zeigt den Versuch, gleichzeitig Fürsorge nach innen und Stärke nach außen zu demonstrieren. Ob diese Balance dauerhaft tragfähig ist, hängt weniger von den Zahlen selbst ab, sondern von der wirtschaftlichen Entwicklung und den politischen Prioritäten der kommenden Jahre. Klar ist jedoch: Mit über 500 Milliarden Euro Ausgaben, einem Rekordverteidigungsetat und einer unverändert dominanten Sozialpolitik setzt die Bundesrepublik ein Zeichen – das Zeichen, dass sie bereit ist, in unsicheren Zeiten Stabilität durch Geld zu erkaufen. Doch Stabilität, die auf Schulden basiert, bleibt brüchig.
*Eine Bereinigungssitzung ist die letzte und entscheidende Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages im Rahmen der Beratungen über den Bundeshaushalt. In diesem Verfahren werden alle bis dahin offenen Fragen, Änderungsanträge und Streitpunkte zwischen den Fraktionen geklärt, zusammengeführt und abschließend abgestimmt.
Typischerweise läuft das so:
- Der Haushaltsausschuss hat zuvor bereits in mehreren Sitzungen die Einzelpläne der Ministerien und Ressorts beraten. Dabei können Änderungswünsche eingebracht werden.
- In der Bereinigungssitzung werden alle noch offenen Punkte in einem konzentrierten Verfahren zusammengefasst, „bereinigt“ und beschlossen.
- Diese Sitzung dauert oft sehr lange, nicht selten bis tief in die Nacht, weil über eine Vielzahl an Detailfragen entschieden wird – von Milliardenbeträgen bis hin zu kleineren Posten.
- Nach der Bereinigungssitzung gilt der Haushaltsentwurf als „schlussgefasst“ und bildet die Grundlage für die zweite und dritte Lesung im Bundestag, in der der Bundeshaushalt endgültig verabschiedet wird.
Man könnte sagen: Die Bereinigungssitzung ist das Herzstück der Haushaltsberatungen – dort werden die letzten politischen Kompromisse geschmiedet, oft auch mit Blick auf Koalitionsabsprachen oder aktuelle Entwicklungen, die während des Haushaltsverfahrens eingetreten sind.