Die „2025 Federal Reserve Stress Test Results“ sind ein zentrales Dokument der US-Notenbank (Federal Reserve), das die Widerstandsfähigkeit großer US-Banken in einem hypothetischen, schweren Rezessionsszenario untersucht. Hier eine ausführliche Zusammenfassung der zentralen Inhalte:
Ziel und Methodik des Stresstests
Der jährliche Stresstest bewertet, ob große Banken über genügend Kapital verfügen, um selbst in einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise weiterhin Kredite vergeben und Verluste absorbieren zu können. In diesem Jahr nahmen 22 große Institute teil. Die Tests basieren auf einem sogenannten „severely adverse scenario“ – einem extrem negativen, jedoch hypothetischen wirtschaftlichen Verlauf, der unter anderem eine starke Rezession, steigende Arbeitslosigkeit und Einbrüche am Immobilien- und Aktienmarkt beinhaltet.
Wichtigste Ergebnisse des Stresstests 2025
- Die aggregierte CET1-Kapitalquote (Common Equity Tier 1) fiel unter dem Stressszenario von 13,4 % auf ein Minimum von 11,6 %, bleibt aber damit deutlich über dem regulatorisch vorgeschriebenen Mindestwert von 4,5 %.
- Insgesamt könnten die getesteten Banken Verluste von über 550 Milliarden US-Dollar absorbieren, ohne ihre Kreditvergabe erheblich einzuschränken.
- Die Projektionen basieren auf stabilen Vorjahresmodellen, allerdings wurde die Behandlung von Private-Equity-Positionen geändert, um sie besser an ihre langfristige Charakteristik anzupassen.
Gründe für die relativ geringe Kapitalbelastung im Vergleich zu Vorjahren
- Das makroökonomische Stressszenario 2025 ist weniger schwer als das von 2024, insbesondere aufgrund eines milderen Anstiegs der Arbeitslosigkeit und geringerer Rückgänge bei Immobilienpreisen und Aktienkursen.
- Private-Equity-Verluste wurden neu bewertet, was zu geringeren Kapitalverlusten führte.
- Die Banken profitierten von einer stärkeren Ausgangsposition, insbesondere durch hohe Gewinne im Vorjahr, was sich positiv auf das sogenannte „pre-provision net revenue“ auswirkte.
- Ungewöhnliche Handelspositionen bei einigen Banken führten zu verringerten Verlusten im Handelsgeschäft.
Regulatorische Entwicklungen und geplante Änderungen
- Die Fed plant, die Volatilität der Kapitalanforderungen zu verringern, indem künftig die Ergebnisse zweier aufeinanderfolgender Stresstests gemittelt werden sollen. Eine solche Durchschnittsbildung würde für 2025 einen Kapitalrückgang von 2,3 % bedeuten (statt 1,8 % in diesem Testjahr).
- Zudem wird eine umfassendere Offenlegung der Modellannahmen und des Szenariodesigns vorbereitet, um die Transparenz und öffentliche Beteiligung zu erhöhen.
Einblicke in Bankenspezifika und Einzelkennzahlen
- Die Spannweite der Kapitalquoten und -verluste variiert deutlich je nach Geschäftsmodell und Risikostruktur der einzelnen Institute. So lag etwa die minimale CET1-Quote von Charles Schwab bei sehr hohen 32,7 %, während BMO bei 7,8 % lag.
- Die höchsten projizierten Verluste entfielen auf Kreditkarten (157 Mrd. USD) und gewerbliche Kredite (124 Mrd. USD).
- Einige Institute wiesen sogar positive Vorsteuergewinne unter Stressbedingungen aus, etwa Charles Schwab und Goldman Sachs.
Explorative Analyse von Risiken im NBFI-Sektor
Neben dem Haupt-Stresstest wurde eine zusätzliche Analyse durchgeführt, die sich auf Risiken durch Nicht-Bank-Finanzintermediäre (Nonbank Financial Institutions, NBFIs) konzentrierte. Dabei wurden mögliche Kreditverschlechterungen und Liquiditätsbelastungen dieser Sektoren modelliert. Auch hier zeigten sich die Banken insgesamt widerstandsfähig, obwohl bestimmte Subsegmente (z.B. Private Equity, Hedgefonds) erhöhte Risiken aufweisen.
Kritische Würdigung
Obwohl die Ergebnisse auf eine robuste Kapitalisierung des US-Bankensektors hindeuten, bleibt Skepsis angebracht: Der Stresstest beruht auf Annahmen, die stark von der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung abweichen können. Die relativ optimistischen Vorsteuergewinne unter Stressbedingungen könnten auf modellimmanente Rückkopplungen zurückgehen, die frühere gute Bankgewinne übermäßig positiv in das Szenario hineinprojizieren. Auch die Entscheidung, Private-Equity-Verluste anders zu behandeln, mag bilanziell sachgerecht sein, reduziert jedoch de facto die Belastung und könnte das Risikobild verzerren.
Fazit
Die Stresstests 2025 zeigen ein stabiles Bild der Großbanken in den USA. Dennoch bleibt es angesichts systemischer Risiken im Schattenbankensektor, makroökonomischer Unsicherheiten und potenzieller Modellgrenzen notwendig, die Methodik weiterzuentwickeln und nicht allein auf historische Stärke zu vertrauen.
Die positiven Reaktionen der Märkte auf die Veröffentlichung der diesjährigen Stresstestergebnisse der US-Notenbank zeigen, wie sehr Kapitalmarktteilnehmer diese jährlichen Prüfungen als Gradmesser für die finanzielle Stärke und Ausschüttungsfähigkeit der Banken interpretieren. Im vorbörslichen Handel am Montag legten die Aktienkurse der großen US-Banken deutlich zu – allen voran Goldman Sachs mit einem Plus von 4,1 %, gefolgt von Wells Fargo (+1,3 %) und Bank of America (+0,9 %).
Grundlage des Optimismus war die Tatsache, dass alle 22 getesteten Banken den simulierten schweren wirtschaftlichen Abschwung bestanden haben. Dies eröffnet ihnen die Möglichkeit, am Dienstag konkrete Kapitalrückführungspläne – etwa Dividenden und Aktienrückkäufe – bekanntzugeben. Der Stresstest gilt somit als Türöffner für erhöhte Ausschüttungen.
Bewertung der Ergebnisse im Kontext des Stresstests 2025
Die zugrunde liegende Stresssimulation war 2025 weniger drastisch als im Vorjahr – u. a. war der simulierte Anstieg der Arbeitslosigkeit moderater (5,9 Prozentpunkte statt 6,3). Dadurch fielen auch die projizierten Verluste geringer aus, etwa im Kreditkartengeschäft oder bei gewerblichen Immobilienkrediten. Die common equity tier 1 (CET1)-Kapitalquote der getesteten Banken sank im Stressszenario nur um 1,8 Prozentpunkte auf 11,6 % – ein Rückgang, der geringer war als in den meisten Vorjahren und deutlich über dem regulatorischen Minimum liegt.
Diese Ergebnisse erklären auch die Erwartung sinkender Stresskapitalpuffer (SCB). Der von Citi zitierte Analyst Keith Horowitz geht davon aus, dass diese im Schnitt um rund 70 Basispunkte sinken werden. Jefferies schätzt, dass elf der 16 US-Banken den minimalen SCB von 2,5 % erhalten werden – 2024 waren es lediglich sechs. Diese Entwicklung wird weithin als Signal für mehr Freiraum bei Dividenden und Aktienrückkäufen gewertet.
Goldman Sachs als Star des Tests
Besonders Goldman Sachs sticht hervor. Die Bank konnte ihren SCB laut Citi von 6,2 % auf 3,2 % senken – ein Rückgang um ganze 300 Basispunkte. Dies sei nicht nur auf das starke Vorsteuerergebnis (PPNR) zurückzuführen, sondern auch auf eine geringere Verlustprojektion im Handelsgeschäft sowie auf sinkende Kreditkartenverluste. Horowitz hebt zudem hervor, dass Goldman erfolgreich argumentiert habe, das eigene Geschäftsmodell sei antizyklisch – ein entscheidender Aspekt in einer Krise.
Weitere Institute mit deutlich gesunkenen SCBs
- Wells Fargo: Erwarteter Rückgang des SCB von 3,8 % auf 2,5 %
- JPMorgan: Erwarteter Rückgang auf das Minimum (von zuvor 3,3 %)
- M&T Bank: Erwarteter SCB von 2,6 %, besser als erwartet (2024: 3,8 %)
Bemerkenswert ist, dass sich bei vielen Banken trotz ähnlicher Verlustszenarien wie im Vorjahr eine deutlich verbesserte Kapitalposition zeigt. Das liegt laut Fed unter anderem an:
- verbesserten operativen Ergebnissen im Vorjahr (PPNR),
- milderem Stressszenario,
- methodischen Anpassungen wie der geänderten Behandlung von Private-Equity-Positionen.
Kritische Würdigung
Obgleich die Märkte die Ergebnisse bejubeln, ist eine gewisse Zurückhaltung geboten. Die methodischen Anpassungen – etwa das Herausnehmen von Private Equity aus dem globalen Marktschock oder die geplante Einführung einer Durchschnittsbildung über zwei Jahre – könnten das Bild verzerren. Es besteht die Gefahr, dass durch solche Anpassungen die Aussagekraft des Tests für Krisenszenarien gemindert wird.
Zudem stellt sich die Frage, ob die Euphorie hinsichtlich Ausschüttungen angemessen ist, solange systemische Risiken, etwa aus dem Bereich der Schattenbanken oder der kommerziellen Immobilienmärkte, weiter bestehen. Die in der explorativen Analyse behandelten Risiken durch Nonbank Financial Institutions (NBFIs) bleiben weiterhin eine strukturelle Bedrohung für die Stabilität.
Fazit
Der diesjährige Bankenstresstest hat solide Ergebnisse geliefert und den Spielraum der US-Großbanken zur Kapitalrückführung deutlich erweitert. Besonders Goldman Sachs hat von der methodischen Neuausrichtung profitiert. Die Kapitalmärkte reagierten erwartungsgemäß positiv. Doch die Fed steht vor einem Balanceakt: Die angestrebte größere Transparenz und Planbarkeit darf nicht zulasten der Stringenz und Krisenrelevanz ihrer Prüfmechanismen gehen. Nur wenn auch in weniger „freundlichen“ Szenarien die Resilienz nachgewiesen werden kann, erfüllen diese Tests ihren Zweck als Frühwarnsystem – und nicht nur als Signal für Dividendenerhöhungen.