Bundestagsdokumentation „Rückbaukosten für Windenergieanlagen“ (WD 5 – 3000 – 087/25).
Alle Informationen basieren auf dem bereitgestellten Dokument.
1. Zweck und Rahmen der Analyse
Das Dokument wurde im Auftrag eines Mitglieds des Bundestages erstellt und dient der systematischen Darstellung der Rückbaukosten von Onshore- und Offshore-Windenergieanlagen. Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine politische Position, sondern um eine technische und wirtschaftliche Bestandsaufnahme.
Hervorgehoben wird, dass Rückbaukosten erheblichen Unsicherheiten unterliegen – abhängig von Standort, Technik, Größe, Logistik, Wetter sowie Erlösen aus dem Recycling.
Kritisch anzumerken ist, dass das Dokument die Bandbreite der Kosten zwar umfassend darstellt, aber die Einflüsse künftiger technologischer Entwicklungen oder Änderungen der Rohstoffpreise nur begrenzt diskutiert.
2. Rückbau von Onshore-Windenergieanlagen
2.1 Allgemeine Grundlagen
Der Rückbau erfolgt typischerweise nach 20–30 Betriebsjahren. Er umfasst:
- Trennung vom Netz durch Elektrofachkräfte
- Demontage von Rotor, Gondel, Turm
- Rückbau des Fundaments
- Entsorgung und Recycling von Stahl, Aluminium, Kupfer usw.
Die Kosten werden beeinflusst von:
- Turmhöhe, Anlagengröße und -typ
- Demontagetechnik und Kraneinsatz
- Transportkosten
- Entsorgungswegen
- Anzahl rückzubauender Anlagen
- möglichen Verwertungserlösen
2.2 Zahlen des U.S. Department of Energy / WindExchange (2019–2021)
WindExchange untersuchte acht US-Standorte:
- 114.000–195.000 USD pro Anlage
- nach Abzug von Materialerlösen: 67.000–150.000 USD
Kritisch: Die Übertragbarkeit auf Deutschland ist begrenzt, da Lohnniveau, Logistik und Entsorgungswege abweichen.
2.3 Umweltbundesamt (UBA) 2023 – deutsche Referenzwerte
Das UBA identifiziert eine große Kostenstreuung:
- 4.000–515.000 EUR pro Anlage, je nach Klassifizierung, Höhe, Technologie und Rückbauverfahren.
2.3.1 Kosten nach Leistungsbereichen (L1–L3)
Wie in Abbildung 2 auf Seite 6 sichtbar:
- L1 (0,8–2,5 MW): ca. 87–188 TEUR
- L2 (2,6–4,0 MW): ca. 160–260 TEUR
- L3 (4,1–7,6 MW): ca. 210–305 TEUR
2.3.2 Kosten nach Nabenhöhe (N1–N3)
Wie in Abbildung 3 auf Seite 7 dargestellt:
- N1 (≤100 m): ca. 47–140 TEUR
- N2 (101–150 m): ca. 150–250 TEUR
- N3 (>150 m): ca. 250–322 TEUR
Kritische Einordnung:
Die enormen Spannbreiten zeigen, dass pauschale Sicherheitsleistungen in den Bundesländern häufig nur Näherungswerte darstellen. Die reale Kostenentwicklung kann deutlich darüber liegen – insbesondere bei großen Anlagen der neuesten Generation.
3. Rückbau von Offshore-Windenergieanlagen
3.1 Allgemeiner Kontext
Die Offshore-Rückbaukosten sind umfangreicher und deutlich teurer als onshore. Hauptgrund:
- komplexe Gründungsstrukturen (Monopile, Jacket, Schwergewichtsstrukturen; vgl. Abbildung 5, Seite 10)
- aufwändige Demontage
- schwierige Wetterbedingungen
- Einsatz teurer Spezialschiffe
Das BMWK-geförderte Projekt SeeOff untersuchte zehn mögliche Rückbauszenarien. Diese unterscheiden sich in:
- Demontagetechnik (v. a. Wasserabrasivstrahl oder Diamantseilsäge)
- Logistikkonzept (Feeder vs. Pendelkonzept)
- Umfang des Rückbaus (vollständig oder teilweise)
- Umgang mit Kolkschutz und Kabeln
Die Übersicht in Abbildung 4 auf Seite 8 zeigt die Unterschiede der Szenarien farbig:
- S3 = teuerstes Szenario (WAS + Feeder für WEA und Gründung)
- S7 = günstigstes Szenario (Schnitt über Meeresboden)
Es wurde jeweils eine Nettokostenberechnung pro MW durchgeführt (Kosten minus mögliche Erlöse).
Kritische Einordnung:
Die Spannbreite basiert stark auf Wetterrisiken, Verfügbarkeit von Spezialschiffen und Unsicherheiten der Schneidtechniken. Die Studie selbst betont, dass echte Praxiserfahrungen für Offshore-Rückbauten noch sehr begrenzt sind.
3.2 Rolle der Gründungsstrukturen (Fundamente)
Wie Abbildung 6 auf Seite 11 zeigt, entfallen im Basisszenario 46 % der Gesamtkosten des Offshore-Rückbaus allein auf die Fundamente.
Die Tabelle 2 (Seite 11) verdeutlicht:
- Diamantseilsäge (S9): ca. 1.242 T€ pro Standort
- WAS-Verfahren (Basisszenario): ca. 760 T€ pro Standort
Dies zeigt, dass die Wahl des Schneidverfahrens enorme Kosteneffekte verursacht.
3.3 Schiffslogistik als größter Kostentreiber
Laut Dokument beträgt der Kostenanteil der Schiffslogistik „immens“ (Seite 12).
Wesentliche Punkte:
- Shuttle-Konzept: 12–16 Wochen
- Feeder-Konzept: 11–20 Wochen
- Jede zusätzliche Offshore-Woche für Hauptschiffe: ≈ 7 Mio. EUR Mehrkosten
Herausfordernd ist zudem:
- langfristige Charterverträge
- wetterabhängige Einsatzfenster
- Unklar, ob Werkzeuge aus der Installationsphase wiederverwendet werden können (Kostenrisiko)
Kritische Bewertung:
Die Schiffslogistik ist der volatilste Kostenfaktor. Schon geringfügige Wetterverzögerungen können Millionenbeträge auslösen und machen die Planung des Rückbaus extrem risikobehaftet.
4. Gesamtfazit und kritische Bewertung
4.1 Kernaussagen des Dokuments
- Onshore-Rückbaukosten liegen in der Regel bei 50.000–300.000 EUR pro Anlage, können aber in Extremfällen bis über 500.000 EUR steigen.
- Offshore-Rückbaukosten sind um ein Vielfaches höher – häufig im Millionenbereich pro Standort, abhängig von Fundament, Schneidtechnik, Logistik und Wetter.
- Fundamente und Schiffslogistik dominieren die Kostenstruktur des Offshore-Rückbaus.
- Recyclingerlöse senken die Kosten, kompensieren diese aber nur teilweise.
- Es existiert ein hoher Unsicherheitsgrad aufgrund begrenzter praktischer Erfahrung und starker Abhängigkeit vom Wetter und der Ressourcensituation.
4.2 Kritische Gesamteinordnung
- Die dargestellten Werte zeigen erhebliche Kostenrisiken, insbesondere im Offshore-Bereich.
- Ökonomische und ökologische Optimierungspotenziale (z. B. werkstoffgerechtes Design, modulare Fundamente, ReUse von Komponenten) werden nur am Rand erwähnt.
- Die wachsende Zahl großer WEA (≥ 6 MW) könnte mittelfristig zu Kostensteigerungen führen, wobei Effizienzgewinne in der Logistik diesen Trend teilweise dämpfen könnten.
- Die Abhängigkeit von Spezialschiffen ist ein strukturelles Problem des Offshore-Rückbaus.
