Im zweiten Quartal 2025 verliert die deutsche Wirtschaft spürbar an Dynamik. Nach einem kurzfristigen Aufschwung zu Jahresbeginn gerät der Konjunkturmotor wieder ins Stottern. Zwar hellen sich die Geschäftserwartungen auf, doch bleiben Industrieproduktion, Auftragseingänge und Außenhandel volatil. Vor allem der Export in die USA schwächelt infolge auslaufender Vorzieheffekte. Die Inlandsnachfrage zeigt sich uneinheitlich: Während der Einzelhandel Umsatzeinbußen meldet, legen PKW-Neuzulassungen privater Haushalte sowie die Umsätze im Gastgewerbe moderat zu.
Produktion und Auftragslage:
Die Industrieproduktion erholt sich im Mai mit einem Anstieg von 1,2 %, bleibt jedoch von großen Schwankungen geprägt. Die Bauwirtschaft verzeichnet hingegen einen markanten Rückgang. Auftragsseitig dominiert Unsicherheit: Während die Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere für Investitionsgüter, leicht zunimmt, brechen die Inlandsbestellungen ein. Die deutsche Industrie steht unter Druck, nicht zuletzt wegen ungewisser US-Zollpolitik.
Konsum und Einzelhandel:
Der private Konsum bleibt schwach. Preisbereinigte Einzelhandelsumsätze sanken im Mai um 0,9 %. Die Verbraucherstimmung bleibt auf niedrigem Niveau, trotz gestiegener Einkommenserwartungen – eine gesteigerte Sparneigung deutet auf Konsumzurückhaltung hin. Lediglich der Onlinehandel setzt Wachstumsimpulse. Auch die Neuzulassungen bei Pkw stagnieren oder gehen im Jahresvergleich zurück, was auf Sondereffekte im Vorjahr zurückzuführen ist.
Außenhandel:
Die Exporte brechen im Mai deutlich um 3,8 % ein, besonders in die USA. Auch die Importe schrumpfen kräftig. Zwar verbessert sich die Handelsbilanz durch stärkeren Rückgang der Einfuhren, dennoch belastet der rückläufige Außenhandel das Wachstum. Frühindikatoren wie steigende Auslandsaufträge im Investitionsgüterbereich geben nur verhaltene Hoffnung. Angesichts der geopolitischen Risiken und der möglichen Wiederaufnahme von US-Zöllen bleibt die Perspektive trüb.
Inflation und Preise:
Die Inflationsrate sinkt im Juni auf 2,0 %, getrieben durch rückläufige Energie- und Lebensmittelpreise. Auch die Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel geht leicht zurück. Die Preisentwicklung spricht für eine gewisse Stabilisierung auf moderatem Niveau.
Arbeitsmarkt:
Der Arbeitsmarkt stagniert. Im Juni steigt die Arbeitslosigkeit stärker als saisonüblich. Die Beschäftigungsindikatoren geben keinen Anlass zu Optimismus: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung tritt auf der Stelle, die Zahl der offenen Stellen bleibt niedrig. Kurzarbeit bleibt stabil, doch die Einstellungsbereitschaft sinkt in weiten Teilen der Wirtschaft.
Insolvenzen:
Die Unternehmensinsolvenzen steigen deutlich an: Im April 2025 liegt der Anstieg bei 11,5 % im Vergleich zum Vorjahr. Der IWH-Insolvenzmonitor zeigt im Juni zwar einen leichten Rückgang gegenüber dem Mai, jedoch ein massives Plus von über 22 % gegenüber dem Vorjahr. Die anhaltend hohe Zahl unterstreicht die strukturellen Belastungen für viele Unternehmen.
Globale Perspektive:
Die globale Konjunktur schwächelt ebenfalls. Nach einem starken ersten Quartal zeigen sich weltweit rückläufige Tendenzen in Produktion und Handel. Vorzieheffekte angesichts drohender US-Zölle verlieren an Wirkung. Zwar senden einige Frühindikatoren leicht positive Signale, doch das Risiko einer neuerlichen globalen Abschwächung steigt.
Kritische Einordnung:
Der Bericht offenbart eine konjunkturelle Fragilität, die sich hinter kurzfristigen Erholungsbewegungen verbirgt. Insbesondere die strukturelle Schwäche der Industrie und die ausgeprägte Abhängigkeit vom Außenhandel machen die deutsche Wirtschaft verwundbar gegenüber globalen Schocks. Die Ungewissheit über die US-Handelspolitik wirkt dabei wie ein Damoklesschwert. Auch der schleppende Arbeitsmarkt und die fragile Konsumstimmung unterstreichen die strukturelle Erschöpfung des Aufschwungs. Eine wirtschaftspolitische Reaktion, die über bloße Beobachtung hinausgeht, scheint angesichts dieser Befunde dringend geboten.