IW-Reports „Keine Aufschwung – Konjunkturumfrage Herbst 2025“
1 Ausgangslage 2025
Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer hartnäckigen Schwächephase. Nach einem kurzen Anstieg Anfang 2025 hat sich die Dynamik wieder verlangsamt. Die Bauwirtschaft steckt trotz sinkender Zinsen weiter in einer schweren Krise, die Industrie leidet unter Handelskonflikten, geopolitischen Spannungen, steigenden Energie- und Arbeitskosten sowie Lieferkettenrisiken. Der Dienstleistungssektor wächst kaum; lediglich staatliche Dienstleistungen stabilisieren das Gesamtbild. Die Wirtschaft überschreitet 2025 das Vorjahresniveau kaum.
Kritische Einordnung: Die Diagnose ist schlüssig, aber der Report benennt keine quantitativen Größen für BIP oder Produktionsrückgänge. Die Ursachenliste ist breit, jedoch nicht priorisiert; einige Effekte (z. B. Wechselkursaufwertungen) hätten empirisch unterlegt werden können.
2 Geschäftslage Herbst 2025
Die Lage ist weiterhin negativ. 19 % der Firmen melden eine Verbesserung, 39 % eine Verschlechterung. Der Saldo bleibt mit –20 Prozentpunkten klar negativ.
• Industrie: stärkste Schwäche, 46 % schlechtere Lage, 20 % bessere.
• Dienstleistungen: deutliche Verschlechterung, besonders im Handel.
• Bau: erstmals ausgeglichenes Lagebild nach deutlicher Verbesserung.
Kritische Einordnung: Besonders auffällig ist die anhaltende Strukturkrise der Industrie. Der Bericht verweist zu Recht auf deren Bedeutung, lässt aber offen, ob es sich um konjunkturelle oder strukturelle Effekte handelt. Für den Dienstleistungssektor wäre eine Differenzierung in subsektorale Cluster hilfreich gewesen.
3 Erwartungen für 2026: Produktion, Investitionen, Beschäftigung
Die Erwartungen für 2026 sind schlechter als jene für 2025.
• Produktion: 25 % erwarten Zuwächse, 32 % Rückgänge → Saldo –7 Prozentpunkte.
Historisch betrachtet ergibt sich kein Signal für eine Trendwende.
• Industrie: weiterhin pessimistisch (27 % Plus, 36 % Minus). Besonders Grundstoff- und Investitionsgüterindustrie schwach.
• Dienstleistungen: ähnlich negativ (22 % Plus, 31 % Minus).
• Bau: ausgeglichen, Großteil erwartet Stagnation auf niedrigem Niveau.
Kritische Einordnung: Die Einschätzung ist konsistent. Allerdings bleibt die Frage offen, inwieweit externe Schocks bereits eingepreist sind oder ob die Erwartungen eher verhaltensbedingt pessimistisch ausfallen. Die Bauwirtschaft wirkt stabilisierend, aber dies basiert auf einem sehr niedrigen Ausgangsniveau.
4 Investitionen 2026
Die Investitionsneigung bleibt niedrig.
• Gesamtwirtschaft: 33 % planen weniger, 23 % mehr.
• Industrie: besonders kritisch (36 % weniger, nur 19 % mehr).
• Dienstleistungen: ebenfalls rückläufig (ein Drittel weniger).
• Bau: weitgehend ausgeglichen.
Kritische Einordnung: Die Investitionsschwäche der Industrie ist das zentrale Risiko für die deutsche Wettbewerbsfähigkeit. Der Report spricht von einer „langjährigen Investitionskrise“, liefert aber keine Diskussion möglicher politischer Gegenmittel oder struktureller Ursachen jenseits der Kostenargumente.
5 Beschäftigungserwartungen 2026
Alle Bereiche erwarten Beschäftigungsabbau.
• Gesamtwirtschaft: 36 % planen Stellenabbau, 20 % Aufbau.
• Industrie: 41 % Abbau, 15 % Aufbau.
• Dienstleistungen: ebenfalls negativ (über ein Drittel Abbau).
• Bau: trotz leicht verbesserten Lagebilds kein erwarteter Aufbau.
Kritische Einordnung: Die Zahlen deuten auf eine mögliche Verstärkung des Fachkräftemangels in einzelnen Bereichen hin, da Abbaupläne nicht notwendigerweise die verfügbare Qualifikation widerspiegeln. Das Thema demografischer Wandel bleibt unbehandelt, obwohl es relevant wäre.
6 Regionale Perspektiven
• Nur Bayern und die Region Nord haben positive Produktionssalden.
• Besonders schwach ist die Region Nord-Ost, trotz geringerer Industrieabhängigkeit.
• Baden-Württemberg, NRW, Süd-Ost und Süd-West liegen nahe am negativen Bundesschnitt.
Kritische Einordnung: Die Schwäche des Nord-Ostens wird benannt, aber nicht erklärt. Hier fehlt eine Diskussion möglicher Ursachen (z. B. Strukturwandel, geringere Standortdiversifizierung).
7 Gesamteinschätzung für 2026
Der Report kommt zu einem klaren, nüchternen Fazit:
• Keine Anzeichen einer Wende.
• Produktion, Beschäftigung und Investitionen bleiben rückläufig.
• Industrie steht weiter unter besonderem Druck.
• Dienstleistungssektor kann die Schwäche nicht ausgleichen.
• Bau stabilisiert leicht, aber auf niedrigem Niveau.
Kritische Schlussbetrachtung
Die Ergebnisse zeigen ein breites, sektor- und regionenübergreifendes Schwächebild. Was fehlt, ist eine Auseinandersetzung mit potenziell positiven Treibern (z. B. Transformationstechnologien, politische Investitionsprogramme, europäische Nachfrageimpulse). Der Report beobachtet, liefert aber keine Handlungsempfehlungen – was methodisch sauber ist, aber strategisch unvollständig. Viele Aussagen bleiben auf Stimmungsdaten beschränkt; eine Überleitung zu realwirtschaftlichen Projektionen oder makroökonomischen Modellrechnungen erfolgt nicht.
Quelle: IW-Reports „Keine Aufschwung – Konjunkturumfrage Herbst 2025“
