Deutschland steckt auch im Jahr 2025 weiter in der Rezession fest. Laut der aktuellen Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) schrumpft das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erneut – diesmal um 0,2 %. Während die großen Volkswirtschaften der Welt auf Wachstumskurs sind, bleibt die Bundesrepublik das Sorgenkind der Industrienationen. Die Ursachen sind komplex, doch eines ist sicher: Die strukturellen Probleme sind hausgemacht, die politischen Antworten bislang unzureichend.
Ein Blick auf die globale Lage – und Deutschlands Sonderweg
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Eurozone wächst um 0,8 %, die USA legen um 1,3 % zu, und China schafft trotz geopolitischer Spannungen ein Wachstum von 4 %. Nur Deutschland verharrt in der wirtschaftlichen Stagnation. Die Gründe reichen von weltweiter Unsicherheit über protektionistische Handelspolitik – insbesondere durch die USA – bis hin zu einem dramatischen Investitionsrückgang im Inland. Doch so tiefgreifend diese äußeren Faktoren auch sind, der entscheidende Unterschied liegt im Innern: Die Standortkosten bleiben hoch, die Regulierungsdichte lähmt unternehmerische Dynamik, und der Reformwille der Politik zeigt sich zögerlich bis widersprüchlich.
Arbeitsmarkt unter Druck – Rückkehr zu alten Problemen
Die IW-Prognose zeichnet ein düsteres Bild des Arbeitsmarkts. Nach Jahren stabiler Beschäftigung kehrt die Bundesrepublik zu einer Realität zurück, die viele längst überwunden glaubten: Drei Millionen Arbeitslose bis zum Sommer – ein Stand, wie ihn Deutschland zuletzt 2010 gesehen hat. Der Rückgang der Erwerbstätigkeit setzt sich seit Mitte 2024 fort. Besonders betroffen sind das Baugewerbe und die Industrie – Branchen, die traditionell als Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft gelten.
Industrie und Bauwirtschaft – doppelt getroffen
Die Industrie leidet unter einem toxischen Dreiklang: hohe Energiepreise, steigende Löhne und überbordende Regulierung. Die Wertschöpfung der Industrieunternehmen ist schon 2024 um drei Prozent zurückgegangen und wird sich auch 2025 weiter verringern. Der Bausektor verzeichnete 2024 ein Minus von 3,7 % – auch hier wird sich die Talfahrt fortsetzen. Die Ursachen sind ähnlich gelagert: hohe Baukosten infolge regulatorischer Anforderungen und sinkende Investitionsbereitschaft sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich.
Investitionszurückhaltung – Symptom einer tieferliegenden Malaise
Die internationale Unsicherheit – insbesondere durch die aggressive Handelspolitik der USA – belastet die deutsche Exportwirtschaft. Doch entscheidender ist die Investitionsschwäche im Inland: Unternehmer verschieben größere Anschaffungen, insbesondere Maschinen und Fahrzeuge. Das IW schätzt, dass das globale Wirtschaftswachstum ohne die protektionistischen Maßnahmen Washingtons um bis zu 0,8 % höher ausfallen würde. Diese Zahl illustriert, wie stark die deutsche Wirtschaft mit dem Weltmarkt verflochten – und von ihm abhängig – ist. Doch sie entschuldigt nicht die eigene Reformträgheit.
Politische Verantwortung – Hoffnung auf einen Wendepunkt
Mit der neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche verbinden sich Hoffnungen auf eine wirtschaftspolitische Kehrtwende. Das sogenannte Infrastruktursondervermögen könnte Wachstumsimpulse setzen – vorausgesetzt, die Planungshürden werden rasch abgebaut. Auch die von der neuen Koalition angekündigten Entlastungen für Unternehmen könnten einen wichtigen Impuls setzen, doch bisher handelt es sich überwiegend um Ankündigungen ohne konkrete Umsetzung. Die Wirtschaft wartet – und mit ihr das Land.
Fazit: Mehr als eine Konjunkturdelle
Die IW-Prognose ist kein Alarmsignal mehr, sondern das Echo einer anhaltenden strukturellen Krise. Deutschland leidet nicht an einer temporären Konjunkturdelle, sondern an einem wirtschaftspolitischen und gesellschaftlichen Desorientierungsstress. Eine Trendwende ist möglich – aber sie erfordert Mut zur Veränderung, politisches Tempo und ein radikales Umdenken in der Wirtschafts- und Standortpolitik. Sonst bleibt Deutschland auch über 2025 hinaus in der Rezession. Und das wäre mehr als nur ein wirtschaftliches Versagen – es wäre ein strategisches.