Während die Reiselust vieler Amerikaner ungebrochen scheint, zeichnet sich im Sommer 2025 ein bemerkenswerter Trend ab: Statt exotischer Fernreisen setzen immer mehr Menschen auf den Urlaub vor der eigenen Haustür – die sogenannte „Staycation“. Wie eine aktuelle Umfrage des Finanzportals Bankrate belegt, planen lediglich 46 % der US-Bürger eine Reise in den kommenden Sommermonaten. Der überwiegende Teil, 54 %, bleibt zu Hause. Hauptgrund: die finanzielle Belastung.
Die wirtschaftliche Lage vieler Amerikaner lässt wenig Spielraum für kostspielige Urlaubspläne. 65 % der Daheimbleibenden geben an, dass sie sich eine Reise schlicht nicht leisten können. Inflation, gestiegene Lebenshaltungskosten und teure Flugtickets oder Hotelpreise machen den klassischen Sommerurlaub für viele unerschwinglich. Hinzu kommt eine wachsende persönliche Verschuldung. Für nicht wenige ist die „Staycation“ daher weniger Ausdruck bewusster Entschleunigung als vielmehr eine ökonomische Notlösung.
Cincinnati: Unerwartete Spitzenreiterin im Ferienranking
Inmitten dieser Entwicklung sorgt eine Stadt für Aufsehen: Cincinnati, Ohio, wurde vom Vergleichsportal WalletHub zur besten Staycation-Stadt der USA gekürt. Die traditionsreiche Metropole am Ohio River, bekannt als „Queen City“, übertraf dabei touristische Schwergewichte wie Las Vegas, Honolulu oder San Diego.
WalletHub analysierte 182 US-Städte anhand von 41 Kriterien, darunter öffentliche Parks, Golfplätze, Freizeitangebote, Restaurants, Festivals, Zoos und kulturelle Einrichtungen. Cincinnati überzeugte durch erschwingliche Freizeitmöglichkeiten, eine hohe Lebensqualität und eine gute Infrastruktur für Naherholung. „Anfangs überraschend“, so Analyst Chip Lupo, „aber bei näherem Hinsehen absolut nachvollziehbar.“
Tagesausflüge statt Fernreisen: Die Rückkehr des Regionaltourismus
Lupo verweist auch auf einen weiteren Trend: Tagesausflüge erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sie sind kostengünstig, entfallen Übernachtungskosten und bieten dennoch einen Tapetenwechsel. Diese Rückbesinnung auf die nähere Umgebung eröffnet neue Perspektiven auf die eigene Region – und fördert zugleich lokale Wirtschaftskreisläufe. Eine Entwicklung, die durchaus als Chance gewertet werden kann.
Verschuldeter Urlaub: Wenn Entspannung zur finanziellen Hypothek wird
Trotz der angespannten Finanzlage wollen viele nicht auf ihren Urlaub verzichten. 29 % der Befragten planen, sich zu verschulden, um den Sommer dennoch reisend zu verbringen. Besonders unter Millennials (34 %) und der Generation Z (31 %) ist die Bereitschaft hoch, Kreditkarten oder Bonuspunkte zu nutzen, um Reisekosten zu stemmen. Doch der Preis ist hoch: Eine Erhebung von Nerdwallet zeigt, dass 30 % der Sommerurlauber von 2024 ihre Schulden bis heute nicht abbezahlt haben. Bei der Gen Z sind es gar 45 %.
Diese Zahlen werfen ein kritisches Licht auf das Konsumverhalten in einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit. Der Urlaub – traditionell ein Symbol für Erholung und Lebensqualität – wird zur potenziellen Schuldenfalle. Die Vorstellung, sich Erholung „leisten zu müssen“, offenbart die Schattenseiten einer leistungsorientierten Gesellschaft.
Fazit: Entschleunigung im Ausnahmezustand
Die wachsende Beliebtheit der Staycation ist ein Spiegelbild gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Spannungen. Sie steht für eine Rückbesinnung auf das Lokale, aber auch für die Notwendigkeit, Konsumverhalten und Lebensstile neu zu überdenken. Was als pragmatische Lösung in der Krise begann, könnte langfristig zu einem nachhaltigeren Tourismusverständnis führen – vorausgesetzt, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen den Menschen die Wahlfreiheit zwischen Fernweh und Heimaturlaub. Denn: Erholung sollte kein Luxus sein.