Die Technik der 5 Warums

Die Technik der 5 Warums (auch bekannt als Five Whys) ist eine analytische Methode zur Ursachenforschung, die ursprünglich von Sakichi Toyoda, dem Gründer von Toyota Industries, entwickelt wurde und später fester Bestandteil der Lean-Management-Philosophie im Toyota-Produktionssystem wurde. Sie dient dazu, nicht nur die Symptome eines Problems zu identifizieren, sondern gezielt zur Wurzelursache vorzudringen – also zu jenem Punkt, an dem nachhaltige Veränderung ansetzen kann.

Grundprinzip:
Immer wenn ein Problem auftaucht, wird wiederholt die Frage gestellt: „Warum ist das passiert?“ Die Antwort auf jede dieser Fragen wird zur Ausgangslage der nächsten „Warum“-Frage. Dies wird idealerweise fünfmal wiederholt, wobei die Anzahl keine starre Regel, sondern ein Erfahrungswert ist. Die Methode kann bei einfachen wie auch bei komplexeren Problemen eingesetzt werden, wenngleich sie bei Letzteren durch ergänzende Analysemethoden unterstützt werden sollte.

Beispiel:
Ein Fertigungsband steht still.

  1. Warum steht das Band still? – Weil die Maschine überhitzt ist.
  2. Warum ist die Maschine überhitzt? – Weil die Kühlpumpe nicht funktioniert.
  3. Warum funktioniert die Kühlpumpe nicht? – Weil das Lager defekt ist.
  4. Warum ist das Lager defekt? – Weil es nicht regelmäßig gewartet wurde.
  5. Warum wurde es nicht gewartet? – Weil kein Wartungsplan existiert.

Ergebnis: Das eigentliche Problem liegt nicht bei der defekten Maschine, sondern beim fehlenden Wartungssystem. Nur durch die Behebung dieser systemischen Schwachstelle lässt sich eine dauerhafte Lösung erzielen.

Ziel und Nutzen:
Die Methode zielt auf die Vermeidung von Symptomkosmetik und hilft, wiederkehrende Probleme dauerhaft zu eliminieren. Sie ist äußerst zeiteffizient, da sie ohne große Datenanalysen oder komplexe Tools auskommt. Durch die Fokussierung auf Ursachen statt Symptome fördert sie eine präventive Fehlerkultur, spart langfristig Ressourcen und stärkt die Eigenverantwortung von Mitarbeitern.

Kritische Betrachtung:
Trotz ihrer Einfachheit birgt die Technik auch Risiken. Die Qualität der Ergebnisse hängt stark von der Fachkompetenz und Objektivität der Beteiligten ab. Wird voreilig geantwortet oder werden Verantwortlichkeiten ausgeblendet, können Fehlschlüsse entstehen. Auch kann die Methode in sozialen oder multikausalen Problemfeldern überfordert sein, da sie lineare Kausalität voraussetzt, wo in Wahrheit komplexe Rückkopplungen vorliegen. In solchen Fällen empfiehlt sich eine Kombination mit Methoden wie Ishikawa-Diagrammen (Fishbone) oder Fehlermöglichkeits- und -einflussanalysen (FMEA).

Fazit:
Die Technik der 5 Warums ist ein kraftvolles Werkzeug im Werkzeugkasten jedes Problemlösers. In ihrer Klarheit und unmittelbaren Anwendbarkeit steht sie für einen pragmatischen Rationalismus, wie er besonders in schlanken, effizienzorientierten Unternehmens- und Verwaltungsstrukturen geschätzt wird. Ihre Wirkung entfaltet sie jedoch nur in einem Klima der Ehrlichkeit, Sachorientierung und methodischen Disziplin.

Ein Beispiel für die Anwendung der 5-Warum-Technik am Aktienmarkt verdeutlicht, wie man nicht nur Symptome wie Kursverluste identifiziert, sondern deren tiefere, strukturelle Ursachen analysiert – eine Disziplin, die besonders für langfristig orientierte Anleger und Portfoliomanager von Bedeutung ist.

Ausgangsproblem:
Die Aktie eines börsennotierten Unternehmens verliert innerhalb weniger Wochen 25 % an Wert.

1. Warum ist der Aktienkurs so stark gefallen?
– Weil das Unternehmen schwache Quartalszahlen veröffentlicht hat.

2. Warum waren die Quartalszahlen schwach?
– Weil der Umsatz im Hauptgeschäftsfeld deutlich eingebrochen ist.

3. Warum ist der Umsatz im Hauptgeschäftsfeld eingebrochen?
– Weil ein zentraler Großkunde zu einem Wettbewerber gewechselt ist.

4. Warum ist der Großkunde abgewandert?
– Weil das Unternehmen seine Lieferzusagen mehrfach nicht einhalten konnte.

5. Warum konnte es die Lieferzusagen nicht einhalten?
– Weil es in den letzten Jahren zu wenig in die Modernisierung der Produktionskapazitäten investiert hat und nun unter struktureller Überlastung leidet.

Ergebnis der Analyse:
Der Kursrückgang ist kein kurzfristiges Börsenereignis, sondern Ausdruck eines tieferliegenden strategischen Problems: Das Unternehmen hat langfristig zu wenig in seine Infrastruktur investiert und damit seine Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel gesetzt. Anleger, die lediglich auf das Quartalsergebnis blicken, erkennen vielleicht nur die Oberfläche des Problems. Wer jedoch mit der 5-Warum-Technik arbeitet, erkennt ein strukturelles Defizit im Investitionsverhalten des Managements – ein Warnsignal für fundamentale Risiken.

Implikation für Investoren:
Ein kluger Investor zieht aus einer solchen Analyse strategische Konsequenzen. Entweder meidet er das Unternehmen ganz oder beobachtet sehr genau, ob das Management willens und in der Lage ist, seine strategischen Versäumnisse zu korrigieren. Zugleich bietet die Methode wertvolle Hinweise für die qualitative Bewertung der Unternehmensführung (Corporate Governance) – ein Aspekt, der in fundamental orientierten Anlagestrategien wie dem Value Investing von zentraler Bedeutung ist.

Kritische Einordnung:
Wie stets am Aktienmarkt gilt: Korrelation ist nicht Kausalität. Die 5-Warum-Technik setzt voraus, dass der Analyst über profunde Kenntnisse des Unternehmens, der Branche und der Wettbewerbsdynamik verfügt. Ohne diesen Kontext kann die Methode zu Fehldeutungen führen. Dennoch ist sie ein nützliches Instrument, um sich nicht von oberflächlichen Erklärungen oder medialen Kurzschlussreaktionen leiten zu lassen, sondern ökonomische Tiefe zu entwickeln – ein Ziel, das der langfristig denkende Kapitalanleger immer verfolgen sollte.


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