Die WRAP-Methode, entwickelt von den Brüdern Chip und Dan Heath, bietet einen strukturierten Ansatz zur Verbesserung von Entscheidungsprozessen. Das Akronym „WRAP“ steht für vier zentrale Schritte:
- Weiten der Möglichkeiten (Widen Your Options): Anstatt sich auf eine begrenzte Anzahl von Alternativen zu beschränken, ermutigt dieser Schritt dazu, aktiv nach zusätzlichen Optionen zu suchen. Dies kann durch Fragen wie „Welche weiteren Möglichkeiten existieren?“ oder „Was würde ich tun, wenn keine der aktuellen Optionen verfügbar wäre?“ erreicht werden.
- Realität prüfen (Reality-Test Your Assumptions): Hierbei geht es darum, eigene Annahmen kritisch zu hinterfragen und nach Informationen zu suchen, die den eigenen Erwartungen widersprechen könnten. Dies hilft, Verzerrungen wie den Bestätigungsfehler zu vermeiden und eine objektivere Entscheidungsgrundlage zu schaffen.
- Abstand gewinnen (Attain Distance Before Deciding): Dieser Schritt betont die Bedeutung, emotionale Distanz zur Entscheidung zu schaffen, um impulsive Entschlüsse zu vermeiden. Techniken wie das Einholen des Rates eines vertrauenswürdigen Freundes oder die Anwendung der 10/10/10-Regel – sich zu fragen, wie man in 10 Minuten, 10 Monaten und 10 Jahren über die Entscheidung denken wird – können hierbei hilfreich sein.
- Problemen vorbeugen (Prepare to Be Wrong): Da nicht alle Eventualitäten vorhersehbar sind, ist es wichtig, sich auf mögliche Fehlentscheidungen vorzubereiten. Dies beinhaltet das Antizipieren potenzieller Probleme und die Entwicklung von Strategien, um im Falle von unerwarteten Herausforderungen angemessen reagieren zu können.
Durch die Anwendung der WRAP-Methode kann der Entscheidungsprozess systematischer und umfassender gestaltet werden, was zu fundierteren und ausgewogeneren Entscheidungen führt.
Die WRAP-Methode lässt sich auch auf die Auswahl von Aktien anwenden, da sie einen strukturierten Ansatz zur Entscheidungsfindung bietet und hilft, typische Denkfehler und Verzerrungen zu vermeiden. Hier ist, wie die Methode im Kontext der Aktienauswahl genutzt werden könnte:
1. Weiten der Möglichkeiten (Widen Your Options)
- Typischer Fehler: Anleger neigen oft dazu, nur auf bekannte Unternehmen oder Empfehlungen zu setzen.
- Anwendung:
- Erstellen Sie eine breite Liste potenzieller Aktien, z. B. durch Analyse verschiedener Branchen, Regionen oder Marktsegmente.
- Nutzen Sie Screening-Tools, um Unternehmen nach Kriterien wie Bewertung, Wachstum, Dividendenrendite oder ESG-Faktoren zu filtern.
- Fragen Sie sich: „Welche Aktien habe ich übersehen?“ oder „Gibt es ähnliche Unternehmen mit besseren Kennzahlen?“
2. Realität prüfen (Reality-Test Your Assumptions)
- Typischer Fehler: Anleger lassen sich von Hypes oder übermäßig optimistischen Prognosen leiten.
- Anwendung:
- Überprüfen Sie die Annahmen, die Ihrer Entscheidung zugrunde liegen. Z. B.: Sind die Wachstumsprognosen realistisch? Wie stabil sind die Margen?
- Lesen Sie kritische Analysen und Gegenmeinungen.
- Analysieren Sie historische Performance-Daten und bewerten Sie, ob die Aktie bei verschiedenen Marktlagen bestehen könnte.
3. Abstand gewinnen (Attain Distance Before Deciding)
- Typischer Fehler: Emotionale Entscheidungen, wie das Kaufen aufgrund von Angst, etwas zu verpassen (FOMO).
- Anwendung:
- Wenden Sie die 10/10/10-Regel an: Wie fühlt sich die Entscheidung in 10 Minuten, 10 Monaten oder 10 Jahren an?
- Stellen Sie sich die Frage: „Würde ich dieselbe Aktie kaufen, wenn sie bereits in meinem Portfolio wäre?“
- Holen Sie sich Meinungen von unabhängigen Experten oder Mentoren ein, um eine objektive Perspektive zu erhalten.
4. Problemen vorbeugen (Prepare to Be Wrong)
- Typischer Fehler: Anleger unterschätzen Risiken und sind nicht auf Kursverluste vorbereitet.
- Anwendung:
- Legen Sie vorher klare Stop-Loss- oder Take-Profit-Grenzen fest.
- Entwickeln Sie Szenarien für negative Entwicklungen (z. B. Zinserhöhungen, Wettbewerbsdruck, Marktabschwung) und überlegen Sie, wie Sie darauf reagieren würden.
- Diversifizieren Sie Ihr Portfolio, um Verluste in einer einzigen Aktie zu minimieren.
Die WRAP-Methode kann bei der Aktienauswahl helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen und emotionale sowie impulsive Fehler zu vermeiden. Sie erfordert jedoch Disziplin und eine systematische Herangehensweise, um alle Schritte konsequent umzusetzen.