HB-Artikels „Gegen den Trend – Bei diesen drei Aktien stiegen Insider ein“
1. Marktlage und Ausgangspunkt
- Die Aktienmärkte zeigten im November Schwäche: Der DAX fiel zeitweise unter 23.000 Punkte, erholte sich aber wieder auf etwa 23.700 Punkte.
- Vorstände und Aufsichtsräte deutscher Unternehmen tätigten im November wieder mehr Insidertransaktionen – sowohl Käufe als auch Verkäufe –, wie die an die BaFin gemeldeten Daten zeigen.
- Der Finanzprofessor Olaf Stotz (Frankfurt School) identifiziert besonders drei auffällige Insiderkäufe, die deutlich antizyklisch erfolgten.
2. Fall 1: Hellofresh – Käufe trotz Shortseller-Angriff
- Wer kaufte? Neuer CFO Fabien Simon.
- Umfang? Mehr als 740.000 Euro (zu 5,80 und 6,42 Euro pro Aktie).
- Zeitpunkt? Direkt nach schweren Vorwürfen des Shortsellers Grizzly Research am 6. November.
- Hintergrund:
- Grizzly warf CEO Dominik Richter u. a. vor, Aktien verpfändet zu haben.
- Die Aktie stürzte daraufhin um bis zu 15 % ab und fiel später bis auf ein Jahrestief von 5,22 Euro.
- Einordnung durch Stotz:
- Insidertätigkeit bei Hellofresh passiert oft nach Kursrückschlägen.
- Frühere Käufe von Richter hatten sich bislang jedoch nicht ausgezahlt – die Aktie verlor seit Jahresbeginn etwa 50 %.
- Der Indexplatz im MDAX könnte gefährdet sein.
3. Fall 2: Dermapharm – Großkauf nahe Jahrestief
- Wer kaufte? Gründer und Aufsichtsratschef Wilhelm Beier.
- Umfang? Über 36 Millionen Euro (33,57 Euro pro Aktie).
- Zeitpunkt? 30. Oktober, gemeldet Anfang November.
- Hintergrund:
- Aktie notierte im September bei 31,70 Euro auf Jahrestief.
- Beier hält über seine Investmentgesellschaft bereits knapp 80 %.
- Stotz’ Bewertung:
- Beier kauft typischerweise bei Schwächephasen.
- Seit seinem Kauf +10 % Anstieg auf etwa 37 Euro.
- Im Jahresverlauf moderates Minus (~5 %), deutlich stabiler als Hellofresh.
4. Fall 3: Daimler Truck – Insiderkäufe nach schwachen Quartalszahlen
- Wer kaufte? CEO Karin Radström, CFO Eva Scherer und AR-Chef Joe Kaeser.
- Umfang? Zusammen knapp 490.000 Euro.
- Zeitpunkt & Preise:
- Scherer am günstigsten: Ø 34,12 Euro (18. November).
- Radström: 35,94 Euro (11. November).
- Hintergrund:
- Am 7. November meldete der Konzern:
- bereinigtes EBIT –40 % (716 Mio. Euro),
- Umsatz –14 % (10,6 Mrd. Euro),
- Schwäche v. a. in Nordamerika.
- Prognose für das Gesamtjahr bleibt positiv (Umsatz 44–47 Mrd. Euro, EBIT 3,6–4,1 Mrd.).
- Am 7. November meldete der Konzern:
- Einordnung:
- Die Aktie ist seit Jahresbeginn leicht im Minus (~3 %), aber mit starken Schwankungen.
- Die Insiderkäufe sollen Zuversicht in die Prognose signalisieren.
5. Insiderbarometer – Entwicklung im November
- Das von Stotz berechnete Insiderbarometer fällt leicht um 4 Punkte.
- Trotz des Rückgangs liegt es bei 118 Punkten, was weiterhin anzeigt, dass Aktien gegenüber Anleihen auf 3-Monats-Sicht bevorzugt werden sollten.
6. Kritische Einordnung
- Antizyklisches Verhalten der Insider ist klar erkennbar, doch die Signalwirkung ist unterschiedlich zuverlässig:
- Bei Hellofresh haben frühere Insiderkäufe keine Trendwende ausgelöst; strukturelle Probleme und Shortseller-Risiken könnten schwerer wiegen als interne Zuversicht.
- Dermapharm zeigt die stärkste Korrelation zwischen Insiderkauf und Kursstabilisierung; allerdings ist die hohe Beteiligung Beiers ein zweischneidiges Schwert (geringe Freefloat-Liquidität, potenziell höhere Volatilität).
- Daimler Truck weist operative Probleme im größten Markt Nordamerika auf; Insiderkäufe allein kompensieren keine fundamentalen Ergebnisverschlechterungen.
- Insgesamt bleibt die Aussagekraft von Insiderkäufen begrenzt: Sie können Vertrauen signalisieren, aber nicht garantieren, dass eine Aktie kurzfristig steigt.
1. Hellofresh – Hochrisiko, potenziell spekulativ attraktiv
Fundamentale Ausgangslage
- Die Aktie befindet sich nach massiven Kursverlusten (-50 % im Jahresverlauf) auf niedrigem Niveau.
- Das Geschäftsmodell (Kochboxen & Fertiggerichte) ist stark konjunkturabhängig und margenschwach.
- Die Shortseller-Attacke durch Grizzly Research hat strukturelle Zweifel verstärkt (Vorwürfe über Verpfändung von Aktien, Governance-Probleme, Risiken im Geschäftsmodell).
Positiv zu werten
- Stark antizyklischer Insiderkauf des CFO direkt nach Shortseller-Bericht (5,80–6,42 EUR).
- Frühere Insiderkäufe zeigen grundsätzlich internes Vertrauen, auch wenn sie sich bisher nicht ausgezahlt haben.
- Die Aktie hat sich vom Jahrestief (5,22 EUR) leicht erholt.
Risikofaktoren
- Historisch haben Insiderkäufe bei Hellofresh keine nachhaltige Trendwende ausgelöst.
- Wiederholte Gewinn- und Umsatzwarnungen deuten auf strukturelle Schwächen hin.
- Glaubwürdigkeitsproblem: Der CEO kaufte zwar früher nach Rückschlägen, dennoch fiel die Aktie weiter.
- Möglicher MDAX-Abstieg könnte zusätzlichen Abgabedruck erzeugen.
Bewertung
Sehr spekulativ. Keine klare Bodenbildung.
Die Insiderkäufe sind zwar ein Signal, aber angesichts operativer Schwäche, zweifelhafter Governance-Signale und hoher Shortquote ist Hellofresh eher für kurzfristige Spekulation geeignet – nicht für ein stabiles Langfristinvestment.
2. Dermapharm – Solide Qualität, aber mit Besonderheiten
Fundamentale Ausgangslage
- Kernbereich: Markenarzneien, Gesundheitsprodukte – defensive Branche.
- Aktie nahe Jahrestief gekauft (33,57 EUR), danach +10 % Erholung.
- Der Aufsichtsratschef Beier hält über 80 % der Anteile – hohe Kontrolle, geringerer Freefloat.
Positiv zu werten
- Sehr großer Insiderkauf (36 Mio. EUR) nahe dem Tief – klarer Vertrauensbeweis.
- Das Unternehmen zeigt im Jahresverlauf nur ein kleines Minus (~5 %), deutlich stabiler als der Markt.
- Defensive Branche mit langfristig robusten Nachfrageperspektiven.
Risikofaktoren
- Der extrem hohe Insider-Anteil kann problematisch sein:
- Liquidität der Aktie ist gering → potenziell hohe Kursschwankungen.
- Abhängigkeit von einer dominanten Eigentümerperson.
- Wenig Transparenz zu Wachstumsperspektiven aus dem Artikel ableitbar.
- Kapitalmarktpräsenz vergleichsweise niedrig (SDAX-Small Cap).
Bewertung
Moderates, defensives Investment mit solidem Chancen-Risiko-Profil.
Dermapharm ist die stabilste der drei Aktien, aber der geringe Streubesitz ist ein strukturelles Risiko. Wer Stabilität und defensiven Charakter sucht, findet hier den seriösesten Kandidaten – allerdings ohne spektakuläres Wachstumspotenzial.
3. Daimler Truck – Zyklischer Industriewert mit Druck im Kerngeschäft
Fundamentale Ausgangslage
- Das Q3 war enttäuschend:
- EBIT -40 %,
- Umsatz -14 %,
- Schwäche vor allem in Nordamerika.
- Dennoch hält das Management die Jahresprognose aufrecht (Umsatz 44–47 Mrd., EBIT 3,6–4,1 Mrd.).
Positiv zu werten
- CEO, CFO und AR-Chef kauften zusammen Aktien für knapp 490.000 EUR.
- Die Aktie ist seit Jahresbeginn nur leicht im Minus (~3 %), trotz der schlechten Zahlen.
- Branchenführer mit starkem Marktanteil – langfristig stabile Position.
Risikofaktoren
- Zyklischer Industriewert: hoch abhängig von Konjunktur und Transportnachfrage.
- Der starke Ergebnisrückgang in Nordamerika ist keine Kleinigkeit – Nordamerika ist das profitabelste Segment.
- Margen stehen unter strukturellem Druck (Preissensitivität, volatile Nachfrage).
Bewertung
Solides Unternehmen, aber aktuell erhöhte zyklische Risiken.
Die Insiderkäufe zeigen Vertrauen in die bestehende Jahresprognose, aber die fundamentale Schwäche in Nordamerika ist ein Warnsignal.
Für langfristige Investoren mit Toleranz für Zyklik geeignet – aber derzeit kein klarer Kauf.
Gesamtfazit – Vergleich der drei Aktien
| Aktie | Investmentqualität | Risiko | Fundamentale Stärke | Insider-Signal | Eignung |
|---|---|---|---|---|---|
| Hellofresh | Schwach | Sehr hoch | Niedrig | Hoch (antizyklisch) | Spekulanten |
| Dermapharm | Gut | Moderat | Hoch | Sehr hoch | Defensiv-Anleger |
| Daimler Truck | Mittel | Mittel | Mittel | Mittel–hoch | Langfristige Zykliker-Investoren |
