Eine geniale Idee mit gefährlichen Nebenwirkungen

Kann Geld aus dem Nichts entstehen? – Eine kritische Betrachtung der modernen Geldschöpfung

Die Macht der Banken: Geld aus Zahlungsversprechen

Wenn Banken Kredite vergeben, schaffen sie tatsächlich neues Geld. Allerdings geschieht dies nicht einfach „aus dem Nichts“, sondern durch die Ausstellung eines rechtlich bindenden Zahlungsversprechens. Dieses sogenannte Giralgeld basiert auf dem Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Bank. Diese Praxis, von offiziellen Stellen wie der Bank of England bestätigt, stellt eine fundamentale Eigenschaft unseres modernen Finanzsystems dar.

Vom Goldstandard zu Fiat-Geld: Ein notwendiger Wandel

Früher war Geld durch den Goldstandard gedeckt. Die begrenzte Goldmenge erwies sich jedoch als Wachstumsbremse für die expandierenden Ökonomien. Der Wechsel zum Fiat-Geld, das auf Vertrauen und gesetzlichen Regelungen basiert, war somit ein notwendiger Schritt, auch wenn dadurch eine Entkopplung von realen Werten entstand. Unser heutiges Geldsystem ruht daher auf sozialen Konventionen und staatlicher Legitimation.

Wie Banken tatsächlich Geld schaffen

Das verbreitete Bild, dass Ersparnisse in Form von Krediten weitergegeben werden, ist überholt. Banken müssen keine Einlagen einsammeln, bevor sie Kredite vergeben; sie schreiben Kreditbeträge schlicht gut und schaffen so neues Giralgeld. Dieses Vorgehen ermöglicht eine flexible Geldversorgung, birgt jedoch das Risiko, dass Gelder zunehmend in spekulative Finanzaktivitäten statt in produktive Investitionen fließen.

Zentralbanken: Steuermänner in schwieriger See

Die Rolle der Zentralbanken, insbesondere der Europäischen Zentralbank (EZB), wird oft missverstanden. Zwar steuern sie über den Leitzins die Kreditkonditionen, doch durch Maßnahmen wie quantitative Lockerung greifen sie auch direkt in die Geldmengenentwicklung ein. Seit der Finanzkrise 2008 sind Zentralbanken stärker als Marktakteure aufgetreten, ohne jedoch die absolute Kontrolle über die Geldschöpfung der Privatbanken zu erlangen.

Spekulation statt Kreditvergabe? Eine ungleiche Entwicklung

Es ist richtig, dass große, internationale Investmentbanken zunehmend auf spekulative Geschäfte setzen. Allerdings betreiben viele kleinere Banken wie Sparkassen oder Genossenschaftsbanken weiterhin solides Kreditgeschäft. Die pauschale Kritik an „den Banken“ greift zu kurz und ignoriert diese wichtigen Unterschiede.

Schattenfinanzmärkte und Offshore-Geldschöpfung: Eine unterschätzte Gefahr

Die Eurodollar-Märkte entstanden bereits in den 1960er-Jahren und entwickelten sich zu einem nahezu unregulierten System außerhalb nationaler Aufsicht. Banken können dort Kredite in US-Dollar vergeben, ohne strenge Auflagen erfüllen zu müssen. Diese Praktiken tragen zur Instabilität des Finanzsystems bei, wie die Finanzkrise 2008 eindrucksvoll zeigte.

Wachsende Ungleichheit: Ein systemisches Problem

Neu geschaffenes Geld fließt überproportional zu bereits wohlhabenden Akteuren. Dadurch vertieft sich die Kluft zwischen Arm und Reich. Studien von Ökonomen wie Thomas Piketty belegen, dass diese Mechanismen wesentlich zur sozialen Spaltung beitragen.

Reformansätze: Zurück zur produktiven Geldverwendung

Um die Fehlentwicklungen zu korrigieren, gibt es verschiedene Ansätze:

  • Stärkere Regulierung der Banken, insbesondere der Kreditvergabe.
  • Öffentliche Banken als neutrale Kreditgeber für gesellschaftlich sinnvolle Projekte.
  • Trennung von spekulativer und produktiver Kreditvergabe durch differenzierte Zinspolitik.

Ein vollständiger Wechsel zu Zentralbankkonten für alle Bürger – wie bei CBDC-Konzepten diskutiert – würde zwar Stabilität schaffen, birgt jedoch Gefahren für Wettbewerb, Datenschutz und individuelle Freiheiten.

Fazit: Demokratisierung der Geldschöpfung statt radikale Umbrüche

Das heutige Geldsystem ist kein Naturgesetz. Es sollte reformiert werden, indem wir Geldschöpfung wieder stärker an gesellschaftlichen Bedürfnissen ausrichten, ohne die Dynamik und Innovationskraft des Marktes zu zerstören. Banken müssen ihre gesellschaftliche Verantwortung wieder stärker wahrnehmen. Eine Demokratisierung der Geldpolitik – etwa durch eine stärkere Rolle öffentlicher Banken und gezielte Regulierung – bietet hierfür einen vielversprechenden Ansatz.

Nur so können wir ein Finanzsystem schaffen, das nicht nur wenigen nutzt, sondern der gesamten Gesellschaft dient.


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