Fünf Qualitätsaktien, die trotz Kursrally noch unter ihrem fairen Wert handeln

HB-Artikel „Diese fünf Aktien sind trotz Rally unterbewertet“

1. Ausgangspunkt des Artikels

Trotz stark gestiegener Aktienkurse in Dax, Stoxx 50 und Dow Jones finden sich laut Analyse nur fünf Unternehmen, die sowohl Qualitätsmerkmale erfüllen als auch unterbewertet sind.
Die Selektionskriterien:

  • dauerhaft steigendes oder stabiles EBIT
  • hoher operativer Cashflow
  • niedrige bis moderate Nettoverschuldung
  • jährlich steigende Dividenden
  • Bewertung unter dem eigenen 10-Jahres-KGV-Durchschnitt

Nur 5 von rund 120 Konzernen bestehen diesen Filter.

2. Die fünf unterbewerteten Qualitätsaktien

2.1 Visa

Kerngedanke: Hochprofitabler Zahlungsdienstleister mit stabilem Wachstum, aber selten günstig bewertet.
Wesentliche Befunde:

  • Gewinn vor Steuern/ Zinsen in fünf Jahren fast verdoppelt (10,9 → 20 Mrd. USD)
  • Dividende um 100 % gestiegen
  • KGV aktuell 25,7 → 6 % unter 10-Jahres-Schnitt
  • Enormer Burggraben: nur echter Konkurrent ist Mastercard
  • Inflation wirkt positiv, da Gebühren prozentual vom Umsatz abhängen
  • Investitionen in KI-basierte Bezahlsysteme

Kritische Einordnung:
Visa bleibt trotz Abschlag hoch bewertet. Die geringe Konkurrenz senkt zwar das Risiko, begrenzt aber zugleich den Bewertungsabschlag – echte „Unterbewertung“ ist relativ.

2.2 L’Oréal

Kerngedanke: Marktführer in Kosmetik, Rückschlag nach enttäuschendem Quartal, aber langfristig stark.
Befunde:

  • Quartalswachstum „nur“ 4,2 %, daher Kursdruck
  • Aktie 20 % unter Allzeithoch
  • EBIT soll 6,7 Mrd. € erreichen – Rekord
  • Dividende in fünf Jahren: 3,85 → 7,00 €
  • KGV aktuell 27,4 → 10 % unter 10-Jahres-Schnitt
  • Große Übernahme (Creed) als Wachstumsbaustein

Kritische Einordnung:
L’Oréal ist fundamental stark, aber ein KGV von über 27 ist keineswegs günstig. Der Abschlag reflektiert eher kurzfristige Enttäuschung als echte Unterbewertung.

2.3 Procter & Gamble

Kerngedanke: Sehr verlässlicher Dividendenzahler mit stabilen Marken, aktuell von Konsumschwäche betroffen.
Befunde:

  • Gewinnwachstum in fünf Jahren: +23 %
  • Aktie 20 % unter Hoch
  • KGV 20,8 → 7 % unter 10-Jahres-Durchschnitt
  • Einzigartige Dividendenhistorie: seit 1890 Ausschüttung, seit 1950er Jahren jährlich erhöht
  • Margendruck durch Verbraucherwechsel zu günstigeren Eigenmarken

Kritische Einordnung:
Das Geschäftsmodell ist extrem robust, doch geringes Wachstum bleibt ein strukturelles Problem. Unterbewertung ist daher nicht zwingend „Chancenangebot“, sondern auch Risikopreisung.

2.4 Deutsche Börse

Kerngedanke: Starkes strukturelles Wachstum, zuletzt Kursrückgang aufgrund geringerer Volatilität und Konkurrenz.
Befunde:

  • 7. Rekordgewinnjahr in Folge erwartet
  • Aktie seit Mai –25 %
  • Zinsrückgang reduziert Volatilität → weniger Handel
  • Alternative Handelsplattformen als Bedrohung
  • Diversifikation durch Zukäufe (ISS, Simcorp)
  • Geplante Übernahme Allfunds für 5,3 Mrd. €
  • KGV 18,7 → 3 % unter 10-Jahres-Schnitt

Kritische Einordnung:
Der Abschlag ist gering – plausibel, da das Geschäftsmodell konjunkturabhängig bleibt. Zudem bergen große Übernahmen Integrations- und Schuldenrisiken.

2.5 Novo Nordisk

Kerngedanke: Vorher extrem hoch bewertet, jetzt durch Probleme bei Wegovy und Pipeline stark gefallen – aber Gewinne steigen weiter.
Befunde:

  • Prognosesenkungen, Sparprogramme
  • Fehlschlag bei Alzheimer-Wirkstoff Semaglutid
  • Konkurrenz durch Eli Lilly → massiver Preisdruck
  • Aktie –70 % zum Hoch
  • EBIT steigt dennoch leicht (13,5 → 14,1 Mrd. €)
  • KGV 12,9 → fast 50 % unter 10-Jahres-Schnitt (23,4)
  • Erfolgreiche Tests des Diabetesmittels Amycretin
  • Weltmarktführer bei Insulin (45–50 % Marktanteil)

Kritische Einordnung:
Novo Nordisk ist das einzige Unternehmen mit substanzieller Unterbewertung.
Allerdings ist der Titel spekulativ: Rückschläge bei Blockbustern können zu dauerhaften Bewertungsverlusten führen.

3. Gesamtbewertung des Artikels

3.1 Stärken der Analyse

  • klare methodische Kriterien
  • Vergleich mit langfristigen KGV-Durchschnitten sinnvoll
  • Mischung aus strukturell wachsenden Unternehmen

3.2 Kritische Punkte

  1. KGV als einziges Bewertungsmaß ist begrenzt.
    Free Cashflow, Cashflow-Wachstum und Kapitalrenditen werden kaum berücksichtigt.
  2. Ein „Abschlag“ gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt bedeutet nicht zwangsläufig Unterbewertung.
    Beispiel: L’Oréal bleibt bei einem KGV > 27 teuer.
  3. Makrotrends werden nur teilweise reflektiert.
    Zinslandschaft, Konsumdruck, regulatorische Risiken (z. B. bei Zahlungsdienstleistern) spielen eine Rolle, werden aber verkürzt dargestellt.
  4. Novo Nordisk wird trotz massiver Risiken als „Qualitätsaktie“ geführt.
    Die Definition von „Qualität“ bleibt hier diskutabel, wenn der zentrale Wachstumstreiber ins Stocken geraten ist.

4. Kurzfazit

Der Artikel präsentiert fünf defensiv bis moderat wachstumsstarke Unternehmen, die aktuell leicht günstiger als historisch bewertet sind. Nur Novo Nordisk zeigt einen wirklich substanziellen Bewertungsabschlag, aber gerade dort ist das Risiko am höchsten. Die übrigen vier Aktien sind vor allem „relativ“, nicht „absolut“ unterbewertet.


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