Die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag (Drucksache 21/256) sowie die Antwort der Bundesregierung darauf (Drucksache 21/625) thematisieren die Wiederaufnahme der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen ab dem 7. Mai 2025. Im Mittelpunkt stehen dabei rechtliche Grundlagen, praktische Umsetzung und statistische Erhebungen zu den Maßnahmen. Es folgt eine zusammenfassende Darstellung der Inhalte sowie eine kritische Bewertung.
Hintergrund und rechtliche Grundlagen
Die Bundesregierung, getragen von CDU, CSU und SPD, hatte im Koalitionsvertrag die Wiederanwendung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) beschlossen, der es erlaubt, Asylsuchenden die Einreise zu verweigern, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat kommen. Diese Bestimmung war seit 2015 auf Weisung des Bundesinnenministeriums (BMI) faktisch ausgesetzt und wurde nun reaktiviert. Die rechtliche Basis bilden nationale Vorschriften (AsylG), bilaterale Rückübernahmeabkommen mit Nachbarstaaten sowie Artikel 72 AEUV, der den Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erlaubt.
Zurückweisungen und Ausnahmen
Besondere Aufmerksamkeit gilt den sogenannten „vulnerablen Gruppen“ (u. a. Minderjährige, Schwangere, Schwerkranke), denen trotz Einreise aus einem sicheren Drittstaat der Zugang nicht verwehrt wird. Die Definition dieser Gruppen orientiert sich an der EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU, ist jedoch nicht abschließend und wird im Einzelfall geprüft. Dabei kann das Ermessen der Grenzbeamten angewendet werden – ein Punkt, den die Fragesteller mit Blick auf die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung zur Zurückweisung kritisieren.
Statistische Erfassung und Umsetzung
Zwischen dem 1. und 25. Mai 2025 wurden laut Bundespolizei 2.660 Zurückweisungen vorgenommen, davon betrafen 184 Personen, die ein Asylgesuch äußerten. Insgesamt 34 als vulnerabel eingestufte Personen durften in diesem Zeitraum einreisen. Die meisten Zurückweisungen erfolgten an den Grenzen zu Polen, Österreich, Belgien und der Schweiz. Von einer systematischen Erfassung der Nationalitäten oder der Anzahl verweigerter Rückübernahmen durch Nachbarstaaten sieht die Bundesregierung bislang ab, was ein erhebliches Transparenzdefizit darstellt.
Prüfung von Vulnerabilität und Falschangaben
Die Überprüfung von Altersangaben, Schwangerschaften oder Krankheiten erfolgt nach derzeitigen Standards – etwa durch die Einschaltung von Jugendämtern bei unklarer Minderjährigkeit. Wie diese Überprüfungen an der Grenze rechtsstaatlich belastbar durchgeführt werden können, bleibt jedoch offen und lässt erhebliche Zweifel an der Praktikabilität und Rechtssicherheit der Maßnahme aufkommen.
Kooperation mit Nachbarstaaten
Die Bundesregierung verweist auf ein breites Netz bilateraler Abkommen zur Rückübernahme und grenzpolizeilichen Kooperation, deren Wirksamkeit sich jedoch in der Praxis noch zeigen muss. In Einzelfällen, etwa mit Polen, wurde eine Aufnahme zurückgewiesener Personen verweigert – ein Umstand, der die Effektivität der Maßnahme grundsätzlich in Frage stellt.
Politische Zielsetzung und kritische Bewertung
Die Bundesregierung betont, die Zurückweisungen dienten der Steuerung und Begrenzung der Migration und könnten eine abschreckende Wirkung entfalten. Eine explizite Informationskampagne in Herkunftsländern sei jedoch nicht vorgesehen. Kritisch ist anzumerken, dass die Maßnahme im Widerspruch zum völkerrechtlichen Gebot eines effektiven Zugangs zum Asylverfahren stehen könnte, insbesondere wenn faktisch keine reale Möglichkeit zur Antragstellung mehr besteht. Auch die Begrenzung auf die Landgrenzen bei gleichzeitiger Zunahme der Einreisen über Flughäfen (z. B. Berlin-Brandenburg) lässt den strategischen Nutzen der Maßnahme begrenzt erscheinen.
Fazit
Die neue Weisungslage zur Zurückweisung an den deutschen Landgrenzen markiert einen migrationspolitischen Paradigmenwechsel, bleibt jedoch in mehrfacher Hinsicht fragwürdig: rechtlich, praktisch und humanitär. Während die Bundesregierung auf bestehende Rechtsgrundlagen und Kooperationsmechanismen verweist, offenbart die Umsetzung zahlreiche Schwachstellen, etwa in der Überprüfung von Schutzbedürftigkeit, der statistischen Erfassung und der tatsächlichen Rückführungspraxis. Die Maßnahme erscheint vor allem als innenpolitisches Signal, weniger als nachhaltig wirksames Steuerungsinstrument der Asylpolitik.
Die Bundesregierung hat bislang keine detaillierten Angaben gemacht, welche spezifischen Kosten (etwa Personal-, Sach- oder Evaluierungskosten) explizit für den Einsatz der Zurückweisungen ab dem 7. Mai 2025 entstanden sind – die entsprechende Frage 16 in der Kleinen Anfrage (Drucksache 21/524) bleibt in der Antwort bislang offen und ohne präzise Zahlen. Eine transparente Aufschlüsselung darüber, wieviel Steuergeld bisher für Planung, Einsätze und nachgelagerte Verfahren verbraucht wurde, liegt also bislang nicht vor.
Was hingegen durch frühere Kontrollen bekannt ist: Allein im Zeitraum von September bis Dezember 2024 beliefen sich die Mehrausgaben für verschärfte Grenzkontrollen – Personal, Sachmittel und Überstunden – auf insgesamt 27,6 Millionen Euro Darüber hinaus wurden volkswirtschaftliche Folgekosten durch Störungen im Warenverkehr geschätzt – mögliche Effekte bis zu 1,1 Milliarden Euro – wenngleich solche Berechnungen methodisch sehr variieren können.
Zusammenfassend: Die genaue Kalkulation für den seit Mai 2025 durchgeführten Einsatz der Zurückweisungen ist bislang nicht offengelegt. Fest steht jedoch, dass ähnliche Maßnahmen im vergangenen Jahr bereits erhebliche Ausgaben zur Folge hatten – allein im genannten Quartal fast 28 Mio. €.