„Eine Investition, die sich auszahlt“ – das ist nicht nur der Titel einer israelischen Studie, sondern eine klare Handlungsaufforderung. Wer in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) investiert, investiert in wirtschaftliches Wachstum, soziale Gerechtigkeit und nationale Resilienz. Die Zahlen sind ebenso eindeutig wie beeindruckend.
Eine bahnbrechende Studie des Forschungs- und Entwicklungszentrums im Auftrag des Nationalen Rats für zivile Forschung und Entwicklung (MOLMOP) stellt klar: MINT-Bildung ist kein Kostenfaktor, sondern ein Gewinnbringer – und zwar mit erstaunlicher Rendite. Investiert der Staat etwa 11.440 NIS über sechs Jahre in die MINT-Ausbildung eines Schülers, so liegt die wirtschaftliche Rendite laut Studie zwischen 98.000 und 192.000 NIS. Das entspricht einer internen Rendite (IRR) zwischen 16 % und 21 % – Kennzahlen, von denen viele Unternehmen nur träumen können.
Diese Ergebnisse sind nicht nur ökonomisch bemerkenswert, sie werfen auch ein Licht auf Israels strategische Bildungs- und Innovationspolitik. Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Technologie unter Gila Gamliel setzt auf gezielte, differenzierte Förderung, anstatt auf breites Gießkannenprinzip. Die Zahlen geben ihr Recht: Investitionen in unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen, arabische Israelis und ultraorthodoxe Gemeinschaften zeigen nicht nur soziale Wirkung, sondern auch ökonomische Exzellenz. Die höchste gemessene Rendite stammt von weiblichen MINT-Studierenden: 16,8-fache Rückflüsse der Investition – ein beeindruckender Beleg für das enorme, bislang ungenutzte Potenzial.
Doch woher kommt diese beeindruckende Wirkung? MINT-Absolventen integrieren sich deutlich besser in die israelische High-Tech-Industrie. Ihr ökonomischer Beitrag über die Laufzeit ihrer Karriere liegt durchschnittlich um 468.000 NIS höher als bei Absolventen nicht-technischer Studiengänge. MINT ist damit nicht nur ein Bildungskonzept, sondern ein zentraler Hebel für Wohlstand.
Und hier beginnt die gesellschaftspolitische Dimension: Während das zentrale Bildungssystem in Israel auf Hochleistung programmiert ist, zeigt die Studie gravierende Lücken in der Peripherie und bei benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Prof. Noga Kronfeld-Schorr bringt es auf den Punkt: „Diese Investitionen tragen nicht nur zum Wirtschaftswachstum bei, sondern auch zur Förderung der sozialen Gleichheit und zur Steigerung des Humankapitals des Landes.“ In einem Land mit stark divergierender sozioökonomischer Landschaft ist das keine Nebensächlichkeit, sondern strategische Notwendigkeit.
Wirtschaftliche Logik trifft soziale Intelligenz
Der besondere Wert der Studie liegt in ihrem empirisch fundierten, israelbezogenen Wirtschaftsmodell. Zum ersten Mal wurde eine volkswirtschaftliche Bewertung nationaler Bildungsinvestitionen spezifisch für Israel errechnet. Mit Methoden wie dem Barwert (Net Present Value, NPV) und der internen Verzinsung (IRR) werden Investitionen in MINT-Programme greifbar – und damit politisch argumentierbar.
Besonders bedeutsam ist die Erkenntnis, dass frühzeitige Förderung am rentabelsten ist. Wer Kinder bereits in der Sekundarstufe I (Klassen 7 bis 12) für Naturwissenschaften begeistert, legt den Grundstein für spätere Produktivität. Das Ministerium unterstützt daher regionale Physikzentren, KI-Kurse, Stipendien und Programme für Wissenschaftszentren. Mit dieser Maßnahmenpalette soll auch die Kluft zwischen Zentrum und Peripherie geschlossen werden.
Kritischer Blick: Was fehlt?
So überzeugend die Studie auch ist, einige Fragen bleiben offen. Etwa zur langfristigen Nachhaltigkeit: Werden die hochqualifizierten Absolventen auch in Israel bleiben oder zieht es sie ins Ausland? Wie werden systemische Barrieren – etwa kulturelle oder religiöse Widerstände gegen MINT-Ausbildungen – konkret überwunden? Und wie wird die Qualität der Lehre sichergestellt, wenn gleichzeitig Quantität gesteigert wird?
Zudem bleibt zu hoffen, dass die strategische Lenkung der Investitionen nicht zur Vernachlässigung anderer Bildungsbereiche führt. Denn auch geistes- und sozialwissenschaftliche Kompetenzen sind für gesellschaftliche Kohäsion und kritisches Denken unerlässlich – insbesondere in einem technologiegetriebenen Staat.
Fazit: Bildung ist das bessere BIP
Die Studie zeigt eindrucksvoll: MINT ist in Israel mehr als ein Bildungsfeld – es ist ein strategischer Wachstumsfaktor. Wer hier investiert, erzielt nicht nur fiskalischen Gewinn, sondern auch gesellschaftliche Resilienz. Doch wie jede Investition braucht auch diese eine kluge Steuerung, Zielgenauigkeit und Weitblick. Die politische Botschaft ist eindeutig: Wer Gleichheit will, muss Ungleichheit adressieren – und MINT kann dabei zum Katalysator werden.
Oder wie Dr. Ariel Heiman es formuliert: „Die Ergebnisse der Studie zeigen die hohe Rendite auf der wirtschaftlichen Seite und dass Investitionen in die naturwissenschaftliche Bildung im höchsten Interesse des Staates Israel liegen.“