Kanzler mit Makel: Friedrich Merz stolpert ins Amt

Friedrich Merz wird erst im zweiten Anlauf zum Bundeskanzler gewählt

CDU-Chef Friedrich Merz ist im zweiten Wahlgang im Bundestag zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden. In der geheimen Abstimmung erhielt er 325 Stimmen – neun mehr als die notwendige Kanzlermehrheit von 316 Stimmen. Damit fand die Wahl nach einem spektakulären Rückschlag im ersten Versuch doch noch ihr Ziel. Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD verfügen gemeinsam über 328 Sitze.

Ein historisches Scheitern im ersten Anlauf

Im ersten Wahlgang scheiterte Merz überraschend – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Noch nie war ein designierter Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen bei der Wahl im Bundestag durchgefallen. Merz erhielt lediglich 310 Stimmen – sechs zu wenig. Die Enttäuschung war nicht nur politisch, sondern auch persönlich sichtbar: Merz‘ Frau Charlotte und seine Töchter mussten den Moment seines Scheiterns auf der Tribüne miterleben, ebenso wie Altkanzlerin Angela Merkel.

Diese erste Niederlage überschattet den Start seiner Kanzlerschaft und wirft Fragen nach seiner innerparteilichen Autorität und Glaubwürdigkeit auf. Die Gründe für das Scheitern bleiben unklar – die Wahl war geheim, mindestens 18 Stimmen aus den eigenen Reihen dürften gefehlt haben. Zwar beteuerten SPD-Vertreter wie Lars Klingbeil und Manuela Schwesig die Geschlossenheit ihrer Fraktion, doch garantieren lässt sich das nicht.

Politisches Nachspiel und Bruchlinien in der Union

Das Debakel hat auch tieferliegende Ursachen: Merz hatte innerhalb der eigenen Reihen mit Kritik zu kämpfen, insbesondere nach seiner überraschenden Kehrtwende in der Frage der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben. Seine Partei hatte im Wahlkampf noch strikt an der Schuldenbremse festgehalten. Diese Wende ließ Zweifel an seiner politischen Verlässlichkeit aufkommen – ein „Glaubwürdigkeits-Kredit“, wie Merz selbst einräumte, den er nun als Kanzler zurückzahlen wolle.

Koalitionsbündnis unter Druck

Der gescheiterte erste Wahlgang hatte kurzfristig den gesamten Regierungsbildungsprozess ausgebremst. Bundespräsident Steinmeier verschob die geplante Ernennung, die Vereidigung des Kabinetts wurde ausgesetzt, Olaf Scholz regierte geschäftsführend weiter. Die Nervosität war groß – sowohl in Berlin als auch in Europas Hauptstädten.

Union und SPD mussten nach dem Rückschlag umgehend politische Schadensbegrenzung betreiben. In Abstimmung mit Grünen und Linken konnte ein zweiter Wahlgang noch am selben Tag ermöglicht werden – eine diplomatische Meisterleistung unter Zeitdruck.

Der zweite Anlauf gelingt – vorerst

Im zweiten Versuch wurde Merz schließlich mit knapper Mehrheit gewählt. CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn sprach vom „Blick ganz Europas auf diesen zweiten Wahlgang“ und appellierte an die Verantwortung der Abgeordneten. SPD-Chef Klingbeil zeigte sich zuversichtlich, CSU-Chef Markus Söder warnte vor „Spielchen“ in einer Phase, in der Stabilität dringend gebraucht werde.

Fazit

Die Kanzlerschaft von Friedrich Merz beginnt mit einem Makel, der seine politische Autorität beschädigt. Das historische Scheitern im ersten Wahlgang wirft Fragen nach der Geschlossenheit der Koalition, der Führungsstärke von Merz und seiner Position innerhalb der Union auf. Ob ihm der politische Neustart gelingt, bleibt abzuwarten – der Vertrauensvorschuss ist jedenfalls früh erschöpft.


Die im Grundgesetz verankerten Eidesformel für Bundesbeamte, Bundeskanzler oder Bundesminister.

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

(So wahr mir Gott helfe.) – dieser Zusatz ist optional und wird häufig nach Artikel 56 GG angefügt.


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