Kurzberichts „Konjunkturlage und Öffentliche Finanzen“ der Deutschen Bundesbank vom April 2025. Die Analyse gliedert sich in zwei Hauptbereiche: Konjunktur und öffentliche Finanzen.
1. Konjunkturlage
1.1 Gesamteinschätzung der Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft zeigte im ersten Quartal 2025 eine leichte Stabilisierung. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte minimal gewachsen sein, vor allem durch Zuwächse in Industrie, Bau und privaten Konsum. Die gesamtwirtschaftliche Lage bleibt dennoch fragil, mit schwacher Nachfrage nach Industrieprodukten und rückläufiger Investitionsneigung. Die Geschäftserwartungen verbesserten sich zwar leicht, doch geopolitische Risiken – etwa neue US-Zölle – könnten im zweiten Quartal einen Rückschlag verursachen.
1.2 Industrie
Die industrielle Produktion legte in den ersten beiden Monaten des Jahres geringfügig zu. Während chemische Erzeugnisse stark wuchsen, stagnierte der Rest, insbesondere die Metallbranche. Der Auftragseingang blieb schwach, sowohl im In- als auch im Ausland. Die gestiegenen Exporte in die USA könnten ein kurzfristiger Vorzieheffekt aufgrund der Zollpolitik gewesen sein.
1.3 Bauwirtschaft
Im Bauwesen zeigt sich eine leichte Erholung, vor allem im Ausbaugewerbe. Der Hochbau ist dagegen auf den tiefsten Stand seit 2018 gefallen. Frühindikatoren wie steigende Baugenehmigungen und bessere Auftragseingänge lassen Hoffnung auf eine Bodenbildung zu. Kurzfristig dürfte die Erholung jedoch von steigenden Hypothekenzinsen gebremst werden.
1.4 Arbeitsmarkt
Die Beschäftigung ist leicht rückläufig. Insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe und in der Leiharbeit wurden Stellen abgebaut. Frühindikatoren deuten auf keine baldige Erholung hin. Die Arbeitslosigkeit stieg im März stärker als in den Vormonaten – saisonbereinigt auf 6,3 %.
1.5 Energiepreise
Die Preise für Energierohstoffe sanken zuletzt deutlich. Brent-Rohöl fiel auf 70 US-$, Gas auf 35 €/MWh. Hauptgründe waren Nachfragesorgen und Angebotsausweitungen durch OPEC-Staaten.
1.6 Inflation
Die Inflationsrate ging im März auf 2,3 % zurück. Die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) sank erstmals seit längerer Zeit unter 3 % auf 2,8 %. Treiber des Rückgangs waren v. a. niedrigere Energiepreise und ein starker Euro. Der Ausblick bleibt wegen volatiler Energiepreise unsicher.
2. Öffentliche Finanzen
2.1 Maastricht-Verschuldung
Die deutschen Staatsschulden stiegen 2024 um 57 Mrd € auf 2,69 Billionen €. Trotz höherer Verschuldung sank die Schuldenquote auf 62,5 %, da das nominale BIP deutlich wuchs. Ein großer Teil des Defizits wurde durch Rückgriff auf Bankeinlagen und Rückzahlungen früherer Hilfskredite finanziert.
Die Abgrenzung zwischen „finanzstatistischen“ und „Maastricht-Schulden“ wird detailliert erläutert. Letztere berücksichtigen z. B. auch Verpflichtungen aus ÖPP-Projekten, Münzumlauf und sogenannte „Rerouting“-Transaktionen (z. B. über Förderbanken und die EFSF).
2.2 EU-Schuldenanteil Deutschlands
Deutschland trägt auch Verantwortung für Schulden auf EU-Ebene. Die konsolidierte EU-Verschuldung stieg 2024 auf 282 Mrd €, der deutsche Anteil liegt bei 70 Mrd € (1,6 % des BIP). Inklusive dieser Last ergibt sich eine erweiterte deutsche Schuldenquote von 64,1 %. Diese dürfte bis 2026 auf 105 Mrd € steigen.
2.3 Kommunalfinanzen
Die Kommunen verzeichneten 2024 ein Defizit von 25 Mrd €, stark angestiegen gegenüber dem Vorjahr. Ursachen: schwache Einnahmen und hohe Ausgaben (u. a. Tariferhöhungen, Sozialleistungen). Die statistische Umgruppierung von Unternehmen des ÖPNV in den Staatssektor erschwert die Vergleichbarkeit der Zahlen zusätzlich. Die Schulden der Kommunen stiegen um 15 Mrd € auf 169 Mrd €.
Für 2025 wird ein Rückgang des Defizits erwartet, jedoch ist dieser schwer quantifizierbar. Die Einnahmen könnten durch Steuererhöhungen steigen, Ausgaben dürften moderater wachsen. Die Länder stehen in der Pflicht, durch Haushaltsaufsicht und ausreichende Finanzausstattung eine Stabilisierung zu gewährleisten.
Kritische Würdigung
Die Bundesbank zeichnet ein nüchternes, teils pessimistisches Bild der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung. Besonders auffällig ist die Diskrepanz zwischen kurzfristigen Erholungstendenzen (z. B. im Bau und in der Industrieproduktion) und den strukturellen Problemen (schwache Nachfrage, Investitionszurückhaltung, Arbeitsmarktabschwächung).
Die deutliche Erhöhung der öffentlichen Verschuldung auf nationaler und europäischer Ebene verdeutlicht den anhaltenden finanzpolitischen Handlungsdruck. Zugleich fehlt bislang eine klare Perspektive für nachhaltige Konsolidierung – weder auf Bundes- noch auf kommunaler Ebene.
Die inflationsdämpfende Entwicklung ist positiv zu bewerten, bleibt aber fragil angesichts geopolitischer Risiken und möglicher Rohstoffpreisschwankungen. Der Arbeitsmarkt sendet in seiner Differenziertheit gemischte Signale: In stabilen Dienstleistungsbranchen gibt es Beschäftigungszuwachs, in der Industrie dagegen Entlassungen.
Insgesamt stellt der Bericht eine fundierte, aber zurückhaltende Analyse dar, deren realwirtschaftliche Befunde wenig Anlass zu kurzfristigem Optimismus geben.